Alles zum Viertelfinale gegen Frankreich

Sehe Höwedes nicht gefordert, daher auch nicht gegenüber Lahm hervorzuheben.

Hier mal ein Zitat aus dem Kommentar-Bereich von spielverlagerung.de

Höwedes hatte mit Abstand die meisten Zweikämpfe (15 laut Faz.net) und tackles (9 laut whoscored) im Deutschen Team. Er hat auch neben Lahm der einzige, der den Großteil gewonnen hat. Höwedes Bilanz: 11 gewonnene Zweikämpfe von 15. Zum Vergleich die anderen Abwehr und defensiven MF-Spieler: Lahm 3/4, Hummels 3/6, Boateng 4/8 Schweinsteiger 1/7, Khedira 2/10 (bei den Offensivspielern niemand mit positiver Zweikampfbilanz). Probleme in die Zweikämpfe zu kommen und diese (meist) zu gewinnen, hatten gestern einige, aber Höwedes am wenigsten.

Manchmal finde ich solche objektiven Statistiken wichtig, um den Blick zu schärfen. Wenn man (auch ich) an Höwedes denkt, hat man immer sein limitiertes Offensivspiel vor Augen. Aber er ist anscheinend gut in die Zweikämpfe gekommen und das wird schnell übersehen, wenn ein Spieler mit einem Voruteil (falsche Position) behaftet ist.

Zudem: Wenn Höwedes wirklich so ungeeignet und Lahm so gut ist, wieso haben es die Franzosen immer wieder über links probiert? In einem WM-Viertelfinale sollte man davon ausgehen, dass sich der Gegner intensiv mit den Schwächen und Stärken auseinander setzt. Trotzdem sind sie eigentlich nur auf auf unserer rechten Seite durchgekommen.

Ich glaube einfach, dass der Lahm-Wechsel gestern keinen wesentlichen Aspekt auf unser Spiel gehabt hat. Boateng hätte es defensiv genauso gut, vielleicht noch besser hinbekommen. Aber er wurde innen gebraucht. Im Mittelfeld ist Löw mit dem Verzicht von Lahm hohes Risiko gegangen, weil Schweinsteiger und Khedria 120 Minuten kaum durchgehalten hätten. Damit wären bei einer etwaigen Verlängerung schon zwei Wechseloptionen dahin gewesen.

Wenn Lahm im Halbfinale im Mittelfeld spielt, würde mich das nicht überraschen. Hulk kommt oft über links und da wird ein Boateng mehr entgegen zu setzen haben. Zudem ist Brasilien im Zentrum taktisch schwach und Im Pressing etwas unorganisiert-ungestüm. Lahm kann sowas gut bespielen und nutzen. Da neben Neymar auch Thiago Silva ausfällt, sehe ich uns sogar in der Favoritenrolle. Das sind die wichtigsten Spieler.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Schimanski

Du erkennst aber schon, dass die von dir angeführte Statistik geeignet ist, deine These zu widerlegen, dass Höwedes Seite weniger bespielt wurde?

Ich sage: Diese Zweikampfstatistik sagt nichts über Qualität der Zweikämpfe aus und nichts darüber, WO sie geführt wurden.

"Zudem: Wenn Höwedes wirklich so schwach und Lahm so gut ist, wieso haben es die Franzosen immer wieder über links probiert?"

Wer hat gesagt, dass Lahm so gut und Höwedes so schwach war?
Und weshalb es die Franzosen so häufig über Lahms Seite probiert haben, hatten wir schon besprochen: Weil Lahm seine Rolle offensiver als Höwedes interpretiert und sich demzufolge auf dieser Seite Räume öffneten, während Höwedes durch bloßes Verharren in seinem Rechteck kaum Räume anbot.

Ich finde, Höwedes spielt eine sehr tapfere WM. Allerdings ist er erkennbar nur eine Notlösung -aber eine ganz ordentliche.

Dass Löw gegen Brasilien Lahm wieder ins DM zieht, ist durchaus möglich. Aber ob dies wirklich die bessere Option wäre? Wenn man Lahm wieder ins DM ziehen will, muss man auch wissen, welcher IV denn rechts spielen soll. Du bleibst mir die Antwort schuldig, wer dies gegen Frankeich hätte tun sollen. Gegen Brasilien könnte man wieder zentral mit Merte und Hummels spielen. Außen Boateng. Doch sehe ich in Lahm nicht nur denjenigen, der die Räume klug bespielen kann. Rückt er ins Zentrum, ist er gegnerischem Pressing ausgesetzt und dies war bei dieser WM nicht selten Gift für ihn und damit auch für unsere Mannschaft. Die Ballverluste dort tun richtig weh. Vielleicht nutze ich jetzt nicht das Vokabular von "Spielverlagerung.de", aber aus meiner Sicht ist es ungeachtet der Witterungsbedingungen häufig ein "Powerfußball", der von den Mannschaften angeboten wird. Ich sehe bei der WM viel temporeiches Anrennen und auch Alleingänge bzw. Läufe über 40 - 50 Meter. Weniger bei uns, aber umso mehr bei Brasilien. Und da sehe ich den zierlichen Lahm weiterhin mit denkbar ungünstigen physischen Grundvoraussetzungen. Er kann da nicht nur Räume klug bespielen, sondern muss auch mal gegenhalten -zumal Abräumer Khedira fehlen wird, wenn er im DM spielt. Auch muss er dem aggressiven Pressing der Brasilianer standhalten. Kurzum: Ich sehe ihn absolut nicht im DM gegen Brasilien.

Im Ürigen würde ich vorne umstellen. Aber das ist ein anderes Thema. :)
 
@Schimanski

Die Aufstellung Lahms hier oder da anhand der Zweikampfstatistik zu rechtfertigen, halte ich für methodisch nicht ganz einwandfrei. Eigentlich hat ein Innenverteidiger an sich wahrscheinlich wegen seiner körperlichen Voraussetzungen im Durchschnitt stets bessere Zweikampfwerte als ein Aussenverteidiger, und in der Konsequenz müssten dann vier Innenverteidiger das Standardmodell sein. Sie sind es jedoch definitiv nicht, und fast durchweg werden Viererketten mit schnellen, beweglichen Akteuren bestückt, welche durch die Spieler, die in der Startaufstellung weiter vorn anfangen, zusätzlich abgesichert werden. Das erklärt auch ein "Weniger" an Zweikämpfen insgesamt zureichend. Im vorliegenden Fall wurde Höwedes offenkundig als ein vorgeschalteter Abräumer eingebaut, den man natürlich versuchte, zu umgehen, indem man den Druck mehr rüber verlagerte.

Ich finde das Modell aus dem Frankreichspiel durchaus überzeugend interpretiert, wenn man es als 3 plus 1 (der 'eine' ist dann Lahm) definiert. Die Beweglichkeit und das Tempo Lahms sind für mich, insbesondere beim hoch angesetzten Pressing von im Raum verteilten Gegnern, wie es die Algerier gemacht haben, weitgehend verschenkt: nach vorn kann er nirgends hin, durch das langsamere Aufbauspiel beim Verzicht auf schnelle Aussenbahnen werden die wichtigen Anspielstationen, um den Ball laufen zu lassen, zudem nicht gefahrlos frei. Löw versuchte das zu lösen, indem er die Innenverteidiger, die Aussenverteidiger spielen mussten, extrem weit vorrücken liess.

Das ging gründlich in die Hose. Bei den Holländern gibt es hier eine überzeugendende Lösung: sie bieten drei Innenverteidiger in ihrer Grundformation und zwei flexible Flügelleute, die je nachdem Angriffs- oder Abwehrspieler sind. Das Spiel vom eigenen Tor weg kann so schnell nach vorne weitergeleitet werden, man kann den Ball aber auch, selbst gegen extremst hoch pressende Gegner, in der eigenen Hälfte kreisen lassen, solange man lustig ist.
 
Zurück
Oben