Meiner Meinung nach hat die U17 immer ihre typische 4231-mit und 442-gegen den Ball-Mischformation gespielt. Da zur Halbzeitpause in jedem Spiel neun Spieler ausgetauscht wurden und die Spieler ihre Rollen unterschiedlich interpretierten, änderten sich die Formationen vielleicht etwas.
Was mir als erstes im Vergleich zum Herrenfussball aufgefallen ist, war das extreme Verschieben zum Ball. Die ballfernen Außen standen teilweise mitten im Spielfeld und das nicht selten auch im Ballbesitz (z.B. eigener Einwurf). Grund dürfte der extreme Fokus auf die Arbeit gegen den Ball sein. Also das Bestreben, ständig kompakte Staffelungen in Ballnähe zu haben, um schnell Zugriff zu bekommen und den Gegner nicht "spielen" zu lassen. Im Ballbesitz machten solche Staffelungen natürlich wenig Sinn, weil man den eigenen Ballvortrag dadurch erschwerte. Nur im Gegenpressing ergaben sich zwangsläufig günstige Bedingungen.
Folglich trat die U17 in Ballbesitz auch relativ ambitionslos aus. Ein Spielaufbau bzw. Übergangsspiel über das Zentrum war nicht erwünscht. Das lag nicht nur an den oft zu engen Raumbesetzungen, sondern wohl auch daran, dass man einfach nicht riskieren wollte, dem Gegner eine Pressinggelegenheit und damit "leichte" Umschaltmöglichkeiten im Zentrum zu bieten. Reiner Fehlervermeidungsfussball sozusagen. Am Sonntag gab es aber immerhin ein paar Bemühungen über einen abkippenden Sechser Dreierkettenstaffelungen im Spielaufbau herzustellen, um die Ballzirkulationsphasen etwas länger und konstruktiver zu gestalten.
Ein ehemaliger Spieler von mir spielte auf der Sechs. Ich habe ihn kaum wieder erkannt, weil er keine erkennbare Freilaufbewegungen machte oder sich so positionierte, dass er das für die Aufbaulinie anspielbar war. Seine Aufgabe schien war fast durchgehend darin zu bestehen, die Räume vor der Abwehr zu schließen bzw. Zugriff auf den direkten Gegenspieler zu bekommen. Fussballspielen stand nicht im Fokus, eher Fussball verhindern.
Ein weiterer - im Nicht-NLZ-Umfeld - sehr spielstarker ehemaliger Innenverteidiger von mir spielte (in den selten Fällen, wo er mal am Spielaufbau beteiligt war) nur Flugbälle. Also auch anders als ich ihn kenne.
Das extreme Verschieben in Richtung Ball hatte auch zur Folge, dass die Spieler ihr Heil oft darin suchten, den Ball "blind" in die freien ballfernen Räume zu knallen und dann Mitspieler in Laufduelle zu schicken, die größtenteils über Athletik und Kraft entschieden wurden. Das war aber auch bei den anderen Mannschaften (gerade Schlake) oft zu sehen, während Leipzig, in den Momenten, die ich gesehen haben, am spielstärksten und konstruktivsten war. Zudem gab es bei unserer U17 halt immer wieder die Neigung linear die Flügel hoch zu spielen, was auch selten von Erfolg gekrönt war, aber eigentlich der einzige Weg war, über den man kombinativ in die gegnerische Hälfte kam.
Gegen den Ball spielte der MSV sein typisches, passives und kompaktes 4-4-2-Mittelfeldblockverteidigen, was wir alle aus dem Schubertspiel gegen Lübeck kennen. Nach meinen Eindrücken ist das auch seit Jahren die DNA unseres NLZs (an dieser Stelle darf jeder selbst überlegen, wie oft das in den letzten Jahren zu der Spielweise der 1.Mannschaft passte, von wegen Vereinsphilospohie und so...). Natürlich ist dieser Ansatz zweifelsfrei eine bewährte und gute Möglichkeit selbst gegen stärkere Gegner das eigene Tor effektiv zu schützen, trotzdem ist diese Taktik natürlich potentiell passiv und reaktiv, was z.B. Dotchev von der ersten Mannschaft nicht sehen möchte (das hat er in den PKs öfter erwähnt). Nichtdestotrotz erreichte unserer U17 in den meisten Phasen eine gute Stabilität. "Mein" Innenverteidiger spielte alle seine vier Halbzeiten zu null
In der U15 unter Vincent Wagner spielte der 2005er Jahrgang öfters ein aktiveres, vorwärtsgerichtertes Pressing, so wie Dotchev es auch letzte Saison oft praktizierte. An diesem Wochenende habe ich es so gut wie nie gesehen. Ich kann mich nur an eine Szene erinnern, wo der Gegner im laufenden Spiel eine unsaubere Staffelung hatte und von außen ein "draufgehen und jagen" plötzlich eingefordert wurde. Insgesamt waren diese Momente aber sehr rar.
Natürlich möchte ich bei all diesen - eher kritischen anmutenden - Äußerungen nicht vergessen, dass die Gegner alle Bundesliga spielten und unsere U17 "nur" Niederrheinliga. Sie war also in allen Spielen die klassentiefere Mannschaft. Trotzdem möchte der MSV die Spieler für die U19 Bundesliga-Mannschaft und im Idealfall für die 3.Liga ausbilden und da muss die Mannschaft natürlich auch gegen Bundesligisten mithalten können.
Wenn man alleine die Ergebnisse (ein Sieg, drei knappe Niederlagen) betrachtet, war das Wochenende durchaus erfolgreich. Zudem steht man natürlich erst am Saisonanfang und wird erstmal den Fokus auf die Defensive gelegt haben. Aber das gilt für die Gegner ja genauso. Trotzdem stelle ich mir beim Betrachten solcher Spiele immer die Frage, wieviel Ausbildung in solch einem Umfeld möglich ist. Natürlich entwickelt man die für den Profifussball nötige Härte, Intensität und die Diziplin. Aber viele Möglichkeiten sich als Spieler fussballerisch zu entfalten, hat man nicht. Interessant wäre sicherlich mal ein Spiel in der Niederrheinliga zu betrachten. Wird da mehr Fussball gespielt oder gewinnt man die Spiele einfach über die indivuelle Qualität und Durchschlagskraft?
P.S. Mir ist klar, dass man auch mal richtig auf die Fresse bekommen kann, wenn man gegen Leipzig, Schlake und Bochum versucht fussballerisch mitzuhalten und dann ggf. ausgekontert wird. Aber rechtfertigt alleine das Ergebnis solch einen passiven und unkreativen Fussball? Würde man perspektivisch (als Aus- und Weiterbildungsverein) nicht mehr erreichen, wenn man etwas mutiger und aktiver spielt?