Das Spiel wurde geprägt von dem doch recht frühen Tor von Real Madrid und der Tatsache, dass deren beiden Spitzenleute nur eingeschränkt auf Volldampf agierten. Trotzdem war das Tor gegen die instabile Defensive der Bayern ganz schön leicht: ein klassischer Flachpass hinter die Abwehr liess die alle wie wild im eigenen Strafraum rumrutschen, und Benzema konnte ganz lässig vollenden. Boateng machte gar nichts gegen den passgebenden Coentrao, Benzema war ganz allein gegen Neuer, wie später noch mehrfach andere Real-Stürmer auch. Hätte auch drei zu null nach der ersten Halbzeit stehen können.
Alle Bayern-Spieler, welche die eigene drückende Überlegenheit konstatierten, nachdem es vorüber war, hatten irgendwie nämlich verdrängt, dass CR7 noch einen absoluten Hundertprozenter danebensemmelte, einen Kopfball hatte, den er entgegen seiner diesjährigen Gewohnheit zentral auf Neuer setzte, und dass es, alles Halbzeit eins, noch eine fette Chance von di Maria gab, der auch direkt vor dem Tor so ungedeckt auftauchte, dass er nur die Schrecksekunde nicht rechtzeitig überwunden hat, um diese Bude zu machen. Mal nur Glück, dass das nicht Bale gewesen war!
Dass Real ganz und gar defensiv begann, hatte wohl mit der zwangsweise geänderten Aufstellung zu tun, die Art, wie sie dann aus dieser Defensive heraus immer wieder das Spiel an sich rissen und ihre Klasse aufblitzen liessen, war nichts, womit Bayern zu irgendeinem Zeitpunkt klar kam. Wenn Lahm und andere hier davon sprechen, dass sie die eindeutig bessere Mannschaft waren, dann sollte man als Massstab einfach nehmen, dass der in solchen Übertragungen recht chronisch deutschlastige Bela Rethy das bald im Spielverlauf schon nicht mehr tat, sondern ebenfalls die instabile Defensive um Dante monierte. Völlig zu recht.
Natürlich kann man sagen, dass es fast unmöglich ist, gegen solche Weltklassespieler nichts zuzulassen, aber dann solltest du im Gegenzug schon auch was voran bringen. Hier war Bayern wieder festgefahren vor dem Strafraum der anderen. Leute wie Alonso, Pepe und Ramos können so einen Belagerungszustand sieben Stunden am Stück schadlos überstehen. Sie waren bestens gestaffelt, unterbanden die hohen Hereingaben sämtlich durch hundert Prozent Überlegenheit im Luftkampf, liefen ansonsten alles ab, was da an Querbewegungen versucht wurde, und unterbanden geschickt alle Versuche, mal vertikal vorzustossen. Und das war es schon. Zwei draufgeballerte Schüsschen der roten Angreifer, meterweit vorbei, und dann noch die einzige wirklich gefährliche Szene, als Götze da auf einmal im Strafraum zum Abschluss kommt. Die Bundesliga-Wunderwaffen Robben/Ribery und Mandzukic total abgemeldet.
Als dann am Schluss unter anderem Müller und Martinez noch kamen, war die Partie in Halbzeit zwei längst unter Kontrolle von Madrid, die sich nicht mehr ausgesprochen viel anstrengten. Trotzdem ist mit so einem knappen Heimsieg der Drops noch nicht ganz gelutscht. Bayern hat tatsächlich auf dem mässigen Niveau, auf dem sie gestern spielten, das Maximum herausgeholt. Ihrem Tiki-Taka fehlt weiterhin jegliche Variation des Tempos. Es fehlt sowohl der geniale Spielmacher im Zentrum des Geschehens als auch ein taktisch versierter Angreifer, der gegen eine vielbeinige Abwehr mal gefährlich vertikal durchkommt. Wenn man es immer nur statisch über die Flügel herunterspielt, ist es zum einen grottenlangweilig, und zum anderen so gut wie ungefährlich.
Das war wieder so ähnlich wie zu van-Gaal-Zeiten: vorne sinnlose Dauerdominanz, als werde man nach Kilometer bezahlt, hinten offen für alle mögliche. Die Art, wie sich die Spieler durch simple Körpertäuschungen aus dem Spiel nehmen liessen, zeigte das Übermass an Respekt vor dieser Mannschaft in diesem Stadion. Die waren froh, nicht richtig rasiert worden zu sein, und setzen jetzt darauf, dass Real in München vielleicht so lustlos sein wird, wie es in Dortmund agiert hatte. Glaube aber, dass die gucken werden, beide Spitzenleute fit an den Start zu kriegen, und dass Madrid mit tierisch Druck nach vorn dieses Rückspiel eröffnet. Ein Tor von denen reicht, dann muss Bayern nicht weniger als drei Buden machen. Real hat primär nach eigener Führung cool das Auswärtstor verhindert und so aufgezeigt, dass sie aus der Mourinho-Zeit die strategische Denkungsart noch rüber gerettet haben.