Grundsätzlich fand ich den Spielstil und die damalige Philosophie von Dietmar Hirsch nicht verkehrt. Es hat zu der damaligen Zeit (du sprichst die ersten vier Spiele an) irgendwo auch gepasst: Erst einmal eingrooven. Es geht mir darum, diese Spielidee weiterzuentwickeln, flexibel zu sein und Lösungen zu finden. Denn es war von Anfang an klar – und das muss auch ein Kenner der Regionalliga West wie Dietmar Hirsch einsehen –, dass sich die Phasen einer Saison verändern.
Wir sind in die Saison gestartet wie eine Dampfwalze, mit einer Euphorie, die es so in der Regionalliga West bei einem Absteiger noch nie gegeben hat. In Gütersloh haben wir das Stadion allein mit unseren Fans ausverkauft. Schon dort war allerdings zu erkennen, dass unser Spiel limitiert ist – auch wenn man die Nervosität der Spieler berücksichtigen muss. Dennoch haben wir die Gegner zu Beginn der Saison schlicht überrollt, indem wir von der Euphorie, der Aufbruchstimmung und der Vorfreude auf den Saisonstart gelebt haben. Diese Begeisterung hat die Mannschaft getragen und uns Respekt bei den Gegnern verschafft.
Die Gegner wussten zunächst nicht, wie wir spielen würden. Mittlerweile haben sie sich auf uns eingestellt. Und ich glaube, du als Analytiker, als absoluter Profi und Experte, kannst das Duisburger Spiel relativ leicht entschlüsseln. Das kann jeder Regionalligist und wenn der nicht gerade Türkspor heißt, wird's halt schwierig. Wir spielen unflexibel und mit sich ständig wiederholenden Abläufen. Auch wenn Dietmar Hirsch in der ersten Halbzeit gegen Paderborn 2 augenscheinlich darauf fokussiert war, zunächst defensiv stabil zu stehen, kann das nicht der richtige Matchplan gewesen sein. Für mich war er es jedenfalls nicht – und genau hier liegt unser Problem.
Wir haben das Spielermaterial, um flexibel zu agieren und Lösungen zu finden. Nicht umsonst wird uns nachgesagt, der „FC Bayern der Regionalliga West“ zu sein. Aktuell bringen wir diese Flexibilität nicht auf den Platz. Unsere Siege in der Hinrunde waren häufig glücklich – geprägt von individueller Klasse, späten Toren und der anfänglichen Euphorie. Jetzt, wo genau diese Faktoren nicht mehr greifen, sehen wir die Grenzen dieser Spielweise.
Die Gegner haben ihren Respekt vor uns verloren. Sie wissen nun, wie wir spielen, und können uns lesen. Genau davor haben viele Fans gewarnt – und genau das tritt jetzt ein. Diese Entwicklung war absehbar. Deshalb wäre es die Aufgabe des Trainerteams gewesen, uns im Trainingslager spielerisch weiterzuentwickeln, flexibler zu werden und neue Lösungen zu finden. Dietmar Hirsch selbst hat mehrfach betont, dass das Trainingslager genutzt werden soll, um unser Spiel weiterzuentwickeln. Was ist passiert? Nichts!
Wir spielen schlechter als zuvor. Schon gegen Gütersloh war das zu sehen. Es kann nicht der Anspruch sein, sich an einer Zweitvertretung wie Paderborn 2 anzupassen und mit Angsthasenfußball aufzutreten. Diese Mannschaft hat das Potenzial, deutlich besser zu spielen. Doch statt einer spielerischen Entwicklung sehen wir weiterhin das gleiche starre System: erst hoch und weit nach vorne, dann in der zweiten Halbzeit eine hektische Offensive mit mehreren Wechseln – die sogenannte „Dampfwalze“.
Diese Taktik funktioniert nicht mehr. Es gab kaum jemanden im Stadion, der mit dem Spiel zufrieden war. Selbst Dietmar Hirsch und Marvin Höner haben in der ersten Halbzeit ständig gestikuliert und waren sichtlich unzufrieden. Trotzdem stellt sich Hirsch in der Pressekonferenz hin und redet so, als wäre genau das der Matchplan gewesen.
Dabei hat er selbst angekündigt, offensiver, mit mehr Flachpassspiel agieren zu wollen. Das hat abermals nicht funktioniert. Ein geordneter Spielaufbau sieht anders aus. Hirsch hat in der Pressekonferenz zur ersten Halbzeit gesagt, dass die Mannschaft versucht habe, Flachpassfußball zu spielen und das Spiel ruhig von hinten aufzubauen. Das hatte er bereits in der Spieltags-PK vor dem Spiel angekündigt. Was ich auf dem Platz gesehen habe, war für mich kein Spielaufbau.
Stattdessen sah es so aus: Torwart Braune hat den Ball diesmal nicht einfach weit nach vorne geschlagen, sondern ihn zur Innenverteidigung gespielt. Diese hat dann versucht, über einen Querpass zur Außenverteidigung das Spiel zu eröffnen. Was passierte dann? Der Außenverteidiger hatte meistens zwei Optionen:
A) Er spielte den Ball zurück zur Innenverteidigung oder zum Torwart. (Anschließend wird der Ball nach vorne gehauen)
B) Er drosch den Ball selbst nach vorne.
Bis auf weniger Ausnahmen, war das für mich kein strukturiertes Aufbauspiel. Ein richtiger Spielaufbau bedeutet für mich u.a., dass die Zentrale proaktiv eingebunden wird – gerade mit Spielern wie Tugbenyo oder Bookjans, die das Spiel lenken können. Genau das ist nicht passiert. Diese Spieler haben die Bälle gar nicht bekommen.
Was also als "Aufbauspiel" verkauft wurde, war in Wahrheit nichts weiter als ein schematisches Hin- und Hergeschiebe zwischen Innen- und Außenverteidigung, bis der Ball letztlich doch nach vorne geschlagen wurde. Es gab keine echten Kombinationen, keine kontrollierte Spielfortsetzung durch das Zentrum. Und das ist genau das Problem.
Wir haben technisch starke Spieler, die einen anderen Fußball spielen könnten. Spieler wie Tugbenyo, Bookjans oder Michelbrink haben das Potenzial für ein strukturiertes Aufbauspiel. Anstatt sie entsprechend einzusetzen, bleibt es bei dem unflexiblen System. Als Michelbrink auf dem Platz stand, lief es spielerisch zumindest etwas besser. Aber es kann doch nicht sein, dass der Matchplan nur für 45 Minuten aus hoch und weit besteht und dann in der zweiten Halbzeit versucht wird, mit der Dampfwalze das Spiel an sich zu reißen.
Viele Spieler sind unzufrieden mit diesem System. Sie spielen auf falschen Positionen und können ihre Stärken nicht ausspielen. Ein Beispiel: Meuer, der normalerweise nicht auf der Zehn spielt, wurde dort immer wieder aufgestellt, obwohl das nicht seine Position ist. Er spielt, weil der Trainer es so entscheidet, aber seine Fähigkeiten kommen dort nicht zur Geltung. Das macht auch etwas mit einem Spieler! Es führt zu Frustration und verhindert, dass er sein volles Potenzial ausschöpfen kann. Hirsch macht sich selber Baustellen auf.
Ein weiteres Beispiel: Bookjans hat sich in der Hinrunde in die Herzen der Fans gespielt und überragende Leistungen gezeigt. Und was passiert? Er wird plötzlich rausgenommen, startet dann wieder ein paar Mal, aber muss zur Halbzeit regelmäßig runter. Genauso auf der Stürmerposition: Es gibt keine klare Linie. Mal spielt Wegkamp, dann wieder Fakhro, dann Töpken. Keiner bekommt die nötige Spielzeit und das Vertrauen, um wirklich anzukommen und die Qualitäten auszuspielen. Ich bin mir sicher, Jungs wie Michelbrink, Boojans, Wegkamp oder Fakhro kriegen diese Saison das blanke Kotzen.
Michael Preetz muss jetzt handeln. Er ist ein Fachmann mit viel Erfahrung – und genau deshalb muss er jetzt die richtigen Entscheidungen treffen. Denn unser Ziel kann nur sein, Meister zu werden. Dahinter steht ein Muss. Dafür brauchen wir eine spielerische Identität, die über Zufallsprodukte hinausgeht. Und das wird mit Dietmar Hirsch nicht passieren.
Deshalb gibt es für mich nur eine logische Konsequenz: Hirsch muss freigestellt werden!