So zurück aus der Hauptstadt.
Am Samstag mit Frankfurt in Dortmund (0-4) gewesen, dann die bittere Pille des MSV gegen Fürth am TV verfolgt und nun diese lust- und konzeptlose Leistung Deutschlands im Prestigeduell gegen England. Das setzt allem wirklich die Krone auf. Solche Tage gibt es halt und morgen Abend nach unserem Heimspiel werde ich schon wieder lachen -da bin ich mir sicher. Obwohl -eigentlich lache ich auch jetzt schon. Denn über den erlebten Horrortrip kann man einfach nur lachen.
Ich bin mit dem Fanclub Nationalmannschaft (Sektion Ruhrgebiet/Rheinland) gefahren. Wir waren 5 Zebras an Bord und es war recht lustig.

Für die einen mehr -für die anderen, die dem Gerstensaft wie ich nicht so zugetan waren, weniger. Viel später als erwartet, traf man am Stadion ein und wurde von übelsten Wetterverhältnissen empfangen. Tageslicht war schon Mangelware. Also ab zum Potsdamer Platz -sinnlos an einem zugigen Weihnachtsmarkt rumstehen. Danach lief man zum Brandenburger Tor und stellte fest: Nicht nur Tageslicht, sondern auch Engländer waren Mangelware. Irgendwann habe ich mich von meiner Truppe abgeseilt und bin alleine zum Ku-Damm. Habe dann im KaDeWe gespeist und ein wenig die Lage erkundet.
Aufgrund der Witterungsbedingungen hatte es sämtliche Fans in geschlossene Räumlichkeiten getrieben, wobei die Engländer das Europa-Center besetzt hielten. Hört sich vielleicht extremer an als es war. Die Engländer auf die ich traf, waren umgänglich. Man hat sich gegenseitig etwas "gefrotzelt", wobei man als Deutscher naturgemäß die besseren Sprüche klopfen konnte.

Der für England typische Asi-Mob war zwar auch vertreten, aber auch dort scheint eine Beruhigung der Fanszene einzukehren. Ein "gesetzteres Publikum" scheint dort ebenfalls mehr und mehr Einzug halten. Provoklationen wie "Ten German Bombers" waren nicht zu vernehmen. Vielleicht lag es einfach nur am Testspielcharakter, dass die Engländer nicht so auffällig wurden.
Der deutsche Mob hingegen besetzte einige Lokalitäten und Örtlichkeiten am nahe gelegenen Bahnhof Zoo. Dazwischen war überall die Polizei an neuralgischen Punkten aufgezogen. Sie zeigte viel Präsenz. Es haben sich -soweit ich das einschätzen kann- viele Gruppen von Deutschen in der Innenstadt gezeigt, die den Kontakt mit Engländern suchten. Viele aus Leipzig, Dresden, MD, Erfurt, Jena, Zwickau, auch Aue etc. Auch Halle war mit einem Bus mit grimmig aussehenden Insassen angereist. Die Engländer zeigten sich ebenfalls in kleinen Gruppen, aber ich habe glücklicherweise keinerlei Krawalle erlebt, obwohl es laut Medien hier und dort überschaubaren Ärger gegeben haben muss. Größere Gruppen Deutscher wurden gar nicht erst ins Europa-Center gelassen. Die Polizei war absolut wachsam und präsenter als bei der WM 2006.
Am Stadion angekommen, war die Stimmung für ein Spiel D-ENG überraschend ruhig. Doch die Briten hatten eine höher gelegene Kneipe am Gästeeingang besetzt. Unten warteten die Deutschen an einigen Buden. Dazwischen eine Polizeikette aus Beamten und Pferden. Als der englische Mob die Kneipe verließ und gen Stadion zog, muss es dann an den Stadiontoren zu Krawallen gekommen sein. Habe davon aber nix mitgekriegt, da ich da schon im zugigen Olympiastadion war.
Der DFB machte auf Freundschaft zwischen D und ENG und hatte medienwirksam Fahnen platziert. Auf diesen stand:"Thank you for inventing the beautifull game". Die Fans wollten nicht so viel Kuschel-Wuschel sehen und so gab es laute Pfeifkonzerte bei den Hymnen. Zuerst von deutscher dann von englischer Seite. Ja, in der Hertha-Kurve mischte sich reichlich Mob. Die Stimmung war nach Anpfiff noch einige Zeit recht gut.
Zum Spiel muss ich nicht viel sagen. Dazu fällt mir fast nix mehr ein. Wie wichtig Ballack für Deutschland ist, sieht man immer dann, wenn er nicht spielt. Keinerlei Impulse aus dem Mittefeld. Totaler Schrott. Die Gäste haben verdient gewonnen und konnten Revanche für unser 2-1 in Wembley vor 1 1/2 Jahren nehmen. Kann ich mit leben. Dass man nicht einmal mehr das 1-1 über die Zeit bringen konnte: Ein Witz. Hatte den Eindruck, dass die Gäste das Spiel ernster genommen haben.
In Halbzeit 2 brach die Stimmung völlig ein, nachdem die Hertha mit lauten "Ha Ho He Hertha BSC-Sprechchören" die Kurve spaltete. Die übrigen Ostdeutschen in der Kurve reagierten aggressiv. Nicht nur laute Pfiffe, sondern auch Gegenlieder provozierten nun neuerliche "Hertha-Gesänge". Danach war ein geschlossenes Anfeuern der Mannschaft noch unmöglicher als ohnehin schon geworden -das schlechte Spiel tat der anfangs guten Atmosphäre ebenfalls schnell einen Abbruch. Weitere Hertha-Gesänge wurden sodann vom Nicht-Hertha-Volk im Keime erstickt.
Die ca. 8.000 Gästefans haben das überraschend gute Spiel ihrer B-Elf und die schlechte Stimmung bei uns für englische Verhältnisse auch nicht großartig ausgenutzt. 1, 2 Mal machten sie sich lautstark bemerkbar, um dann wieder lange Schweigeminuten einzulegen. Stimmungstechnisch habe ich von Engländern auswärts schon deutlich Besseres gehört. Die lassen nach und singen auch nur noch ihre 2, 3 Lieder. Ich denke, unser Mob hat vor Jahresfrist in Wembley besser gerockt als das Inselvolk, was gestern im Stadion erschienen ist.
Aber für die deutsche Kurve reichte es, da dort stilles Entsetzen über die Arbeitsverweigerung in Wut und Pfiffe umschlug, während man jederzeit befürchten musste, dass sich irgendwelche mit Gesten bedrohende Unioner, BFCler und Herthaner gegenseitig an die Wäsche gehen.
Auch die Rückfahrt im Bus rief Brechreize hervor. Nachdem man es tatsächlich fertig gebracht hatte, als letzter von ca. 100 deutschen Fanbussen das Stadionareal zu verlassen, ließ der Busfahrer danach keinen Stau aus, umfuhr nichts, so dass allein die Strecke Dortmund - Düsseldorf fast drei Stunden dauerte. Es reihte sich Pause an Pause. Mal 15, mal 30 Minuten... So traf man nach einer Ochsentour in Düsseldorf ein und schob gedanklich weitere Bustouren mit dem FCN erstmal ganz weit bei Seite. Obwohl über 60% der Busbesatzung den Anlaufpunkt Duisburg-HBF hatte, hielt der Busfahrer in DU nicht, sondern kutschierte uns trotz "Zuredens" nach Düsseldorf, wo eigentlich nur 2, 3 Männeckes raus wollten. Die Frage des Veranstalters, ob ich wieder mit dem FCN-Bus nach Wales fahren möchte, löste dann das eingangs des Berichts beschriebene Lachen aus, welches immer noch nicht aus meinem Gesicht verschwunden ist.
So ist das halt: Mal verliert man -mal gewinnen die anderen!
