Frühlingserwachen in Dortmund
Borussia erhält Lizenz ohne Auflagen und wagt Investitionen - Stadion-Rückkauf in Aussicht
von Oliver Müller
Dortmund - Der Brief aus Frankfurt bereitete Hans-Joachim Watzke große Freude. "Wir haben von der Deutschen Fußball-Liga die Lizenz für die kommende Saison erhalten, ohne jede Bedingung", frohlockte der Geschäftsführer von Borussia Dortmund. Zwar hatte Watzke daran keine Zweifel gehabt, doch das Schöne ist, daß es diesmal auch für die Konkurrenten keinen Grund gibt, an der Richtigkeit der Entscheidung zu zweifeln. Das war nicht immer so.
Gut ein Jahr nachdem Watzke und Präsident Reinhard Rauball auf einer turbulenten Versammlung den Eignern des Dortmunder Stadions, den Zeichnern des "Molsiris-Fonds", eine einjährige Reduzierung der Mietzahlungen abringen konnten und den Verein so vor der Insolvenz bewahrten, befindet sich der mit knapp 90 Millionen Euro verschuldete BVB auf dem Weg der Gesundung.
"Wir sind weiter, als wir es uns vor einem Jahr selbst ausgerechnet hatten", erklärt Watzke, der jetzt gemeinsam mit Sportmanager Michael Zorc die Mannschaft verstärken will. Mit Nelson Valdez (Werder Bremen) und Alexander Frei (Stade Rennes) sollen zwei Stürmer verpflichtet werden. Das Gehalt von Valdez, mit dem weitgehend Einigung erzielt worden ist, wird sogar deutlich über dem liegen, was er bislang in Bremen verdient. "Zum einen dürfte er bei uns mehr Einsätze bekommen als bei Werder, zum anderen hat er da immer noch seinen ersten Profivertrag", beschwichtigt Watzke. Demnächst soll mit Werder die Ablösesumme verhandelt werden. Werder schweben 4,5 Millionen vor -die Dortmunder wollen 3,5 zahlen.
Zu den bereits feststehenden Zugängen Steven Pienaar (Mittelfeld, Ajax Amsterdam) und Martin Amedick (Abwehr, Eintracht Braunschweig) soll möglicherweise noch ein Mittelfeldspieler kommen. Möglich werden diese Investitionen, weil die Einnahmeseite in den vergangenen Monaten verbessert worden ist. Neben dem Vermarkter des Stadionnamens ("Signal-Iduna-Park") konnte ein neuer Hauptsponsor (RAG) gewonnen werden. Außerdem wurde das Gehaltsvolumen von ursprünglich 57 Millionen Euro (Saison 2003/04) auf nun 26 Millionen reduziert. Hinzu kommt eine breit angelegte Umschuldung. Die US-Investmentbank Morgan Stanley kauft derzeit die Forderungen einzelner Gläubiger auf und räumt dem BVB langfristigere Rückzahlungsmodalitäten ein. So kann auch über die zu erwartende Ablösesumme von 9,5 Millionen Euro, die für den zu Atlético Madrid wechselnden Spielmacher Tomás Rosicky erzielt werden soll, frei verfügt werden.
Spielereinkäufe sind nötig, um die Attraktivität des BVB zu erhöhen. In dieser Saison ist ein leichter Rückgang der Zuschauerzahlen zu verzeichnen, dem soll entgegengewirkt werden. Watzke: "Wir wissen, daß wir keine weitere Schwächung der sportlichen Substanz verkraften können. Wir haben ein riesiges Umfeld, aber das braucht wieder internationale Spiele."
Nachdem die Qualifikation für den Uefa-Pokal in der laufenden Saison kaum noch möglich scheint, soll sie in der kommenden Saison zur Pflicht erklärt werden. Watzke will den Druck auf Team und Trainer erhöhen: "Sie sind aufgefordert, den wirtschaftlichen Erfolgen weitere sportliche folgen zu lassen."
Bleibt ein Problem zur endgültigen Sanierung: Die Stadionfrage. Zum 30. Juni 2006 läuft die Vereinbarung mit "Molsiris" aus, danach müßte der BVB wieder jährlich 17 bis 21 Millionen Euro Miete zahlen. "Diese Belastung wäre für uns bei gleichzeitigem Aufbau sportlicher Substanz nicht tragbar. Deshalb müssen wir eine Lösung finden", so Watzke. Die Ideallösung: Sponsoren für den Rückkauf des Stadions finden. Nach Informationen der WELT sind die entsprechenden Gespräche dicht vor dem Abschluß.
Artikel erschienen am Fr, 21. April 2006
http://www.welt.de/data/2006/04/21/876373.html