"Was machen Sie dort?", "Ich lausche dem blauweißen Nachhall, mein Freund"....
Sehr geehrte Damen und Herren,
wenn man ab 9 Uhr in der Universität sitzt, dort über ein zu erstellendes Konzept hinsichtlich eines „betrieblichen Vorschlagswesens“ unter Einsatz von Kreativitätstechniken diskutiert und zu diesem Zeitpunkt schon ungeduldig und kleinkindhaft mit den Füßen scharrt, weil man es kaum noch abwarten kann, anschließend um 15 Uhr in aller Hektik zu einer Klausur rennt, die man in Windeseile herunterschreibt, um noch rechtzeitig die Bahn und den Zug zu bekommen, dann weiß man, dass dieser Tag schon frühzeitig nicht mehr unter „normal“ oder „Alltag“ verbucht werden kann. Aber was ist schon normal, wenn man sein Herz an diesen Verein verschwendet, gestern war überhaupt nichts normal und trotzdem alles irgendwie richtig...
Im Gegensatz zu der „Zebraherde“, die bereits einen Tag vorher wohl Sack und Pack in Bewegung setzte, um den Raum auf Hochglanz zu trimmen, betrat ich um 18:30 Uhr Neuland und schon der Blick auf die Bühne entschädigte für jeden Spurt durch den Schneematsch und jede Nervenzelle, die per Nervosität und dem obligatorischen Chaos an diesem Tag über den Jordan und die Wupper gejagt wurde. Wer auch immer auf die Idee kam, exakt diese Einrichtungsmöbel auf derartige Art und Weise anzuordnen, dem soll gesagt sein, dass ich mir ein passenderes Ambiente für unsere Gäste nicht vorstellen konnte, wohingegen ich großes Mitleid mit der alten Dame hatte, die gestern Abend anscheinend traurig auf ihrem Stuhl saß, auf ihr kahles Wohnzimmer blickte und betete, dass alles am Ende gut ausgehen wird. Ich hoffe, dass auch in der Hinsicht alles geregelt wurde, aber zusammengefasst: Die Deko war famos, sah fantastisch aus und war der Sache mehr als angemessen. Und wo wir gerade schon einmal dabei sind, kann man eigentlich auch direkt mit den Danksagungen loslegen, denn gestern haben sich einige ihre Lorbeeren redlich verdient. Also...
Ein großer Dank an die „Zebraherde“ für die fantastische Idee, diesen Abend ins Leben zu rufen. Die Veranstaltung bot zum einen Günter Preuß und Ennatz Dietz die Bühne, die sie sich schon längst redlich verdient haben, und vor allem Preuß gönnte ich jede Minute, die er mit seinen berühmten Die-Frage-ist-mir-eigentlich-egal-Erzählungen füllte. Ich wusste aus vorherigen Treffen schon, zu was der Mann imstande ist, und es war eine Freude zu sehen, wie er diese Veranstaltung sichtlich genoß und wieder alles an Anekdoten herausholte, die er so mit sich herumträgt. Es gibt eine Signatur hier im Portal, die ich sehr mag, sie lautet: „Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern das Weitergeben des Feuers“. Dass der MSV es hat über Jahrzehnte hinweg vermissen lassen, genau jene Leute an den Verein zu binden, die dieses Feuer in sich tragen und weitergeben können, ist brutal und Anlass genug, dafür zu sorgen, mal ein paar Dinge und Leute wieder ins richtige Licht und den Fokus zu rücken. Und wenn es um das Weitergeben des Feuers geht, dann reichte ein Blick in die glänzenden Augen der Zuschauer, die gebannt den beiden Legenden beim Reden zuhörten, um zu erkennen, dass das an diesem Abend hervorragend funktionierte. Also einen großen Dank an Ennatz Dietz und Günter Preuß, diesmal nicht für ihre sportlichen Erfolge und ihre Bereitschaft für diesen Verein bis an die Grenze zu gehen, sondern vielmehr dafür, dass sie selbst nach Nackenschlägen und der Ignoranz ehemaliger Verantwortlicher immer noch bereit sind, dieses Feuer weiterzugeben. Danke, danke, danke...
Ich finde solche Abende noch in anderer Hinsicht wichtig, denn sie bieten die Möglichkeit, den Laden ein wenig enger zusammenzurücken. Gestern Abend saßen Vereinsvertreter neben Legenden neben Fans neben Radioreportern und Journalisten, Detlev Gottschlich und die Zebrakids waren da, etliche bekannte Gesichter füllten den Raum. Für einen Verein unserer Größenordnung ist es meines Erachtens nach wichtig, dass alle eng beieinander stehen und sich mit derselben Sache identifizieren, aber auch in der Hinsicht hatte man gestern keinerlei Fragen. Wenn 250 Leute nach einem langen Arbeitstag quer durch den Schnee und an einem Montag Abend, dem tatsächlich beschissensten aller Wochentage nach Dinslaken fahren, dann wollen diese entweder endlich und einmal mit Walter Hellmich klar Schiff machen oder man darf zwangsläufig erkennen, dass dieses Gerede von „Ach, der MSV, das interessiert doch niemanden...“ keinerlei Sinn hat. Der Abend hatte seinen Mehrwert auf vielerlei Ebenen, und das kann man der „Zebraherde“ gar nicht hoch genug anrechnen.
Dass Günter Preuß zwischendurch tatsächlich gestoppt werden konnte, lag vornehmlich an Marco Röhling, der Duisburger Reporterlegende, die exakt 0,5 Sekunden brauchte, um sich für den Abend zur Verfügung zu stellen. Aber das war eh die übliche Reaktion, keiner der Gäste brauchte länger als wenige Augenblicke, um umgehend seine Teilnahme zuzusagen, und neben der Resonanz war dies ein weiteres Zeichen, dass dieser Verein in nicht wenigen Herzen eine wichtige Rolle einnimmt, auch wenn Günter Preuß nach seiner Zusage wahrscheinlich ausholte und sagte: „Aber diese eine Geschichte würde ich ihnen gerne noch erzählen...“, was dreimaligen Sonnenauf- und -untergang zur Folge hatte, bevor man den Hörer wieder hinlegen konnte, eine leise Stimme aus weiter Ferne: „Hab ich ihnen eigentlich schon vom Hit 85 erzählt?“.
Ich finde, dass man es der Atmosphäre angemerkt hat, dass es sich für alle Beteiligten um eine Herzensangelegenheit handelte, und es ist immer gut, wenn sich sowas irgendwann im Laufe des Abends „familiär“ anfühlt. Marco ist ein sehr bekannter und geschätzter Teil dieser „Familie“, also an dieser Stelle: Vielen, vielen Dank für deine Moderation, so etwas geht an einem solchen Abend schnell mal unter, aber sei dir gewiss, dass der gesamte Saal es sehr zu schätzen wusste, dass du uns durch die Veranstaltung geführt hast.
Das Ort, Tag und Uhrzeit verhinderten, dass ein paar Leute, die unglaublich gerne mit uns den Abend geteilt hätten, an der Veranstaltung teilnehmen konnten, weil sie arbeiten, auf ihre Kinder aufpassen oder sonstige Verpflichtungen erledigen mussten, war nicht zuletzt einer der Gründe, warum wir den Versuch starteten, den Abend in Ton und Bild festzuhalten. Matze und Luette setzten sich nach kurzem Austausch ohne Umschweife mit ins Boot, die Jungs fuhren nach Essen, um Kameras und Stative auszuleihen, reisten zu Besprechungen an und identifizierten sich nach kurzer Zeit derart mit der Angelegenheit, dass man ihnen nur noch gebannt beim Planen und Machen zuschauen musste. Das war herrlich, Jungs, also danke, dass ihr beide eure Zeit, eure Energie und euer Engagement in den Abend gesteckt habt, ich bin mir sicher, dass ihr das Material – sofern es klappt – angemessen aufbereiten werdet, weil ich eine ungefähre Ahnung davon habe, in welchem Rhythmus und in welchen Farben euer Herz tickt. Vielen, vielen Dank!
Wenn man mich fragt, wie ich die Veranstaltung für mich persönlich empfand, dann war es mehr als eine Ehre, neben diesen Leuten sitzen zu dürfen, und es ist mehr als befremdlich, wenn Ennatz Dietz seinen Kopf von jetzt auf gleich auf meiner Schulter ablegt, um zu signalisieren, dass Günter Preuß vielleicht hinsichtlich der Fragestellung des Reporters verbal etwas überdreht hätte, wobei: „Hab ich ihnen eigentlich schon die Story vom Hit 85 erzählt?“. Die Schulter dürfte ich eigentlich nie wieder waschen, aber wenn Duisburg sich durch eines auszeichnen könnte und kann, dann durch die Nähe der Protagonisten zu ihren Fans, man hat es nicht zuletzt gestern wieder deutlichst vor Augen geführt bekommen. Aber ungeachtet der Ehre fand ich auch, dass die Bühne vornehmlich nur den beiden alleine gehören sollte, so dass ich immer wieder im Publikum verschwand und zwischen den Ebenen switchte. Wenn überhaupt, dann bestand mein einziger Auftrag darin, den beiden von der Bühne aus meine Wertschätzung entgegenzubringen, aber den Luxus zu erleben, an solch einem Abend sowohl auf der Bühne als auch Teil des Publikums sein zu dürfen und beide Perspektiven zu erleben, dafür kann ich mich nur ganz kleinlaut und demütig bedanken. Es hat mir einen riesigen Spaß gemacht und wenn Bedarf ist, helfe ich bei solchen Sachen sehr gerne. Wie alle anderen, die an diesem Abend mit Rat und Tat zur Seite standen...
Lasst uns diesen Abend in guter Erinnerung behalten und lasst ihn uns als Anlaß nehmen, auf genau dieser Strecke weiterzumachen. Es ist der richtige Weg, man hat es gesehen, man hat es gespürt und man hat es gehört, als von vorne eine Stimme ertönte, die leise fragte: „Darf ich ihnen noch kurz diese eine Geschichte erzählen...“, bevor die Sonne von da an wieder eine Runde nach der anderen drehte und die Stimme anfügte: „Lotz, Versteeg, Heidemann, wissen sie, wie viele Meidericher wir waren, Moment, ich habs mir sogar notiert“...
Danke an alle für alles. Ich bin immer noch total geflasht von der Nummer. Einer für alle für einen... und alle für einen Verein...
Lieben Gruß
Micha