Meine Eindrücke zum Spiel gegen Wacker: Formativ war es in beiden Halbzeiten ein 4-4-2 mit Tendenzen zum 4-2-4. Bei flachem Spielaufbau gab es die bekannten Mechanismen, dass ein Sechser abkippt, die AV hoch schieben und die offensiven Außen situativ in die Halbräume gehen. Dann wird das so eine Art 3-3-4 oder 3-4-3 oder 3-3-3-1, wodurch mehr Dreiecke und potentielle Kurzpassverbindungen erzeugt werden sollen.
Die Mannschaft begann mit Blomeyer und Bajic hinten zentral, Poggenberg links, Klotz rechts, Dausch und Schnellhardt zentral, Erat und Wiegel auf den Flügeln und Janjic und Iljutcenko im Sturm. Janjic spielte im Gegensatz zur letzten Saison, wo er oft freie Räume auf den Flügeln suchte, wirklich zentral. Die Flügelspieler wechselten in beiden Halbzeiten die Seiten.
Wacker begann recht dominant und ging früh drauf, aber der MSV bekam das schnell in den Griff und übernahm dann selbst das Kommando. Verantwortlich dafür waren zwei Dinge. Zum einen die Reaktion des MSV auf das aggressive Anlaufen der Innsbrucker. Statt die Bälle zwanghaft unter Druck flach nach vorne zu spielen, wurden sie einfach lang gespielt. Diese Bälle spielte nicht nur Bajic, sondern auch Blomeyer und Flekken. Flekken wurde dabei etwas aktiver als Rata eingebunden und visierte mit guten Flugbällen vor allem die offensiven Außen an.
Die offensiven Außen standen schon bei der flachen Spieleröffnungen sehr hoch, so dass die gegnerischen AV nach hinten gedrückt wurden. Wurden dann die langen Bälle geschlagen, hatten wir vorne viel Präsenz und konnten so die Bälle auch gut behaupten. Dadurch kamen wir immer wieder schnell und gefährlich nach vorne. Wacker reduzierte danach seine Pressingbemühungen und stand tiefer und passiver.
Der andere Punkt wieso der MSV das Kommando übernahm war die Arbeit gegen den Ball, die sich noch stärker als in der letzten Saison an der aktuellen taktischen Entwicklung in der Bundesliga oder der EM orientierte. Und die heisst: Mannorientierung. Aus einer 4-4-2-Staffelung wurde über den ganzen Platz im 1 gegen 1 verteidigt. Gerade bei den Sechsern war das offensichtlich, die ihre Gegenspieler auch beim Abkippen weit verfolgten. Es gab keine festen Zuordnungen, sondern die Gegenspieler wurden situativ übergeben. Jeder nahm den, der gerade in der Nähe war. Nur unsere Stürmer hielten beim ersten Anspiel Abstand, liefen dann aber an bzw. nahmen den gegnerischen Sechserraum in den Deckungsschatten.
Der Effekt war der, dass Wacker kam strukturiert kombinieren konnte, weil sie sofort Gegnerdruck hatten. Intensität und Tempo vom MSV waren im gehobenen Niveau. Zudem resultierten daraus einige Balleroberungen, aus denen der MSV gefährlich konterte. Hier wirkten die Abläufe noch etwas unrund, zeigten aber generell Potential. Nichtdestotrotz war die Phase Mitte der ersten Halbzeit die stärkste des MSV.
Das lag daran, dass es auch im Ballbesitzspiel gute Momente gab. Gerade Schnellhardt war eine Augenweide. Seine Ballbehandlung, seine Bewegungen, sein erster Kontakt, seine Übersicht, seine Ruhe am Ball. Oh Mann, ich bin in Bezug auf seine Person schon ein wenig Fanboy. Er macht viele scheinbar einfache Sachen mit einer solchen Leichtigkeit. Für mich wäre er gesetzt, wenn morgen der 1.Spieltag wäre, da er dem Spiel Struktur gibt wie kein anderer. Andreas Rüttgers sagte aber heute beim Training, dass Schnelli in den ersten Testspielen weniger Bälle bekommen hat und deswegen dort nicht so glänzen konnte wie gegen Wacker.
Etwas überraschend passte auch Dausch ganz gut zu Schnellhardt. Er war gewohnt fleißig, spielte aber nicht ganz so wild wie unter Lettieri und schien mir etwas umsichtiger zu agieren. Die guten Ballbesitzphasen lagen aber nicht nur an den beiden Sechsern, sondern auch an Bajic und Blomeyer. Der Neue aus Ingolstadt scheint im Aufbau auch ziemlich unaufgeregt und präzise zu sein. Riecht für mich schwer nach Stammelf und ein Jahr Lernen an der Seite von Baja...
Wacker wurde durch diese auch fussballerisch starke Phase immer weiter nach hinten gedrückt. Aus unsere Ballzirkulation gab es dann auch vereinzeltes Vortasten in die Zwischenlinien- und Halbräume. Hier passten die Bewegungen ziemlich gut zusammen. Über Rochaden und zurückfallende Bewegungen wurde Dreiecke gebildet, so wie ich es beim MSV zuletzt nicht oft gesehen habe. Janjic, der zu Beginn einige Ballverluste hatte und eher wie ein Fremdkörper wirkte, bewies dort seine Qualitäten.
Trotzdem lag der Fokus darauf, mit Tempo über die Flügel durchzubrechen. Hier gefielen mir Erat und Wiegel ganz gut, letzterer noch etwas mehr, da er wirklich ordentlich Zug hatte, den Ball auch bei diesem Tempo beherrschte und auch versuchte seine Mitspieler einzubinden.
Fazit 1.Halbzeit: Die Balance und Variabilität stimmten. Man ließ sich von Wacker nicht pressen, behauptete die "Befreiungsschläge" trotzdem gut, zeigte auch vereinzelt gute Ballbesitzphasen, war fleißig und aggressiv gegen den Ball, schaltete mehrfach gut um und bestimmte das Spiel. Einzig die Chancenverwertung war mangelhaft. Abschlusssituationen gab es einige.
Die zweite Halbzeit begann eigentlich wie die Erste endete. Der MSV bestimmte das Spiel und ging folgerichtig in Führung: Ballgewinn im Pressing durch Albutat im rechten Halbraum kurz vor dem Strafraum, Durchkombinieren am Flügel, Flanke, Onugebu im ersten Versuch, abgewehrt, Özbeck dann aus dem Hintergrund mit einer schönen Direktabnahme.
Beim Ausgleich war ich auf Klo. Danach kam irgendwie ein Bruch ins Spiel. Man verlor sich ein wenig in der Intensität. Kämpfen, Pressen, Umschalten, Rennen, Ballverlust, Hinterhergerenne, Ballgewinn, schnell nach vorne und Ball wieder weg. Irgendwie fehlte die Struktur, die Ballbesitzphasen waren zu kurz, gegen den Ball bekam man schlechter Zugriff, Innsbruck kam einige Male über die Flügel gut durch und bespielte die Mannorientierungen durch Positionswechel wohl besser.
Beim MSV fehlten so ein wenig die Spieler, die das Spiel beruhigten. Hajri war zwar im Zweikampf wieder wuchtig und beherzt zupackend, zeigte aber am Ball einige Ungenauigkeiten. Bomheuer war gewohnt unpräsent (ohne wirklich schlecht zu sein), Özbeck und Albutat waren viel mit "Löcher stopfen" beschäftigt. Leutenecker fiel durch viel Einsatz, Rennen und Aktivität auf, wirkte aber dafür am Ball und im Zweikampf eher unscharf. Das könnte aber auch an Vordermann Cisse gelegen haben, der zwar eine geile Ballannahme mit starker Drehung und einige Tempodribblings zeigte, aber sichtbare Probleme mit dem Tempo (im Kopf) hatte. Er stand oft etwas orientierungs- und zugriffslos in der Gegend rum. Am Ende schien ihm auch physisch die Luft auszugehen.
Mein Fazit: Im Tor haben wir endlich den erhofften mitspielenden Torwart. In der IV würde ich Baja und Blomeyer vorne sehen. Hajri ist durch seine zugriffsorientierte Art aber auch auf der Sechs eine Alternative. Auf rechts bin ich skeptisch. Mich haben weder Klotz noch Leutenecker vollends überzeugt. Links sollten wir keine Sorgen haben. Poggenberg dürfte das gut machen. Wolze ist die Alternative oder der Konkurrent für die offensive Außen. Das Zentrum ist klasse besetzt. Eigentlich müssten alle vier spielen. Schnellhardt sticht noch ein Stück heraus, geht auch defensiv alle Wege mit. Mein Favorit. Özbeck und Dausch kann man aber eigentlich auch nicht draußen lassen. Offensiv außen sehe ich Wiegel vorne. Erat und Wolze streiten sich um den zweiten Platz. Bröker ist mir zu eindimensional, machte auch gestern immer wieder das Gleiche. Klotz dito. Beide für mich aber Waffen von der Bank, der eine so Lokomotiven-, der andere Speedy Gonzales-mäßig. Im Sturm finde ich Brandstetter und Iljutcenko recht ähnlich. Beide aber im Anlaufen und Pressen sehr wertvoll und besser als Wandspieler Onuegbu. Da kommt es wohl viel auf den Gegner und die Spielcharakteritik an. Ebenso bei Janjic...