Im Umfeld unseres FC Hansa ist es in letzter Zeit in Mode gekommen, „offene Briefe“ über und an Gott und die Welt zu schreiben. Da will ich natürlich nicht abseits stehen. Entstanden sind die folgenden Werke in den letzten drei Tagen, sie sind nicht chronologisch sortiert, aber an der Wortwahl kann man vielleicht den jeweiligen zeitlichen Abstand zum Spiel ableiten.
Lieber Spieler,
hatten wir nicht eine klare Vereinbarung getroffen: Ihr siegt am Millerntor und wir haben euch alle wieder ganz doll lieb? OK, vielleicht hätte ich euch vorher nicht noch einmal an das Cottbus-Spiel letzte Saison erinnern sollen, ich konnte ja nicht ahnen, dass ihr diese Nummer dann tatsächlich wieder durchzieht, mein Fehler.
Aber bitte erklärt es mir doch mal. Ihr habt einen Gegner, der bereits am Boden liegt und eigentlich nur noch die letzte Ölung braucht. Stattdessen gebt ihr ihm eine Infusion. Verdammt noch mal, kapiert es endlich – am Ende der 90 Minuten müsst ihr in Führung liegen! Wollt ihr mit aller Macht absteigen?!
Liebe Hansafans, im Gästebereich,
danke euch allen für einen über weite Strecken großartigen Support unserer Mannschaft. Danke für die lautstarke Anfeuerung, ohne dass es zu unerwünschten Gesängen kam. Danke an Eggi für die klare Ansage diesbezüglich vor dem Spiel und an alle, die bei zwei, drei Störversuchen einiger Unverbesserlicher sofort einschritten und diese zum Schweigen brachten.
Liebe Feuerfreunde & Assistenten,
denkt ihr mit euren Spatzenhirnen ab und zu auch mal etwas weiter als bis zu eurer Schwanzspitze? Ist euch bewusst, dass die Bestrafungsskala bei Hansa bis auf ein Geisterspiel und/oder Punktabzug nahezu ausgeschöpft ist? Wie dämlich und fußballdesinteressiert muss man sein, um angesichts einer 2:0-Führung der eigenen Mannschaft so eine Aktion zu starten? Ganz zu schweigen, dass ihr minderbemittelten, egozentrischen Selbstdarsteller es in nur einer Minute geschafft habt, eine bereits klinisch tote gegnerische Mannschaft wiederzubeleben und das Heimpublikum aus dem Wachkoma zurückzuholen. Ihr wuchert wie Metastasen durch das Fangewebe unseres Vereines und nennt das „den Fußball leben“. Wollt ihr diesen Verein mit aller Macht zerstören? Steigt ab!
Lieber FC St. Pauli,
bitte nehmt meine sportliche Gratulation zu einem verdienten Sieg in einem dramatischen Fußballspiel entgegen. Ich wünsche mir, dass unsere Spieler in der zweiten Halbzeit genau zugesehen haben (ok, haben sie ja irgendwie), wie man mit unbändigem Siegeswillen selbst einen aussichtslos scheinenden Rückstand wettmachen kann. Wenn wir das in der restlichen Saison auch hinkriegen, sehen wir uns nächste Saison wieder, worauf ihr euch hoffentlich genauso freut wie ich.
Tribünenbesucher am Millerntor,
die herablassende Selbstgerechtigkeit, mit der ihr jeden anreisenden Hansafan von vornherein unter Faschismus-Generalverdacht stellt (Krönung diesbezüglich euer "Rassisten-Banner") ist unerträglich. Dass ihr mit genau solchen undifferenzierten Pauschalurteilen den Rattenfängern den Boden bereitet, die tatsächlich im Umfeld der Fanszenen (übrigens nicht nur bei unserem Verein) ihre Netze ausgeworfen haben, ist euch sicher noch nicht in den Sinn gekommen. Wie auch, dazu müsste man ja auf seine lieb gewonnenen Vorurteile verzichten.
Schanzenkrieger,
wart ihr eigentlich sehr enttäuscht, dass letzten Freitag die befürchteten (erhofften?) faschistischen Horden nicht über euren friedlich-bunten Kiez hergefallen sind? Na egal – euren Flaschen, Steinen und Raketen ist es letztlich Wurst, wen sie im bestens abgeschirmten Kessel treffen. Und wenn der Kessel leer ist, bleiben ja noch genügend „Bullen“, gegen die geht bei euch ja immer was, selbst wenn man schon vergessen hat, was eigentlich der Anlass war.
Liebe Presse,
habt ihr bekommen, was ihr wolltet? OK, sicher wart ihr traurig, dass aus dem Rostocker Block im Stadion und auch während der An- und Abreise keine rassistischen und nationalistischen Gesänge und Sprechchöre zu vernehmen waren. Wenigstens solltet ihr für die Feuer- und Rauch-Bilder dankbar sein. So habt ihr dann eure Textbausteine über gewaltbereite, randalierende Hansa-„Fans“ (Anführungszeichen bitte NIE vergessen, wahlweise geht auch „sogenannte Fans“!) doch nicht ganz umsonst gebastelt.
Quelle und weiterlesen:
http://hansafans.de/index.php?ver=berichte/2006&dat=bericht&id=245
Nächster sehr geiler Text:
Stell dir vor es ist Krieg und keiner geht hin. Oder noch besser: alle gehen, aber es ist gar kein Krieg.
Der Tag beginnt schon am Morgen (klar, ist ja meistens so). Auf dem Weg zur und später von der Arbeit ernte ich erst missmutige Blicke als mein Hansaschal gesichtet wird. Sehen meine Mitfahrer der U1 dann jedoch noch dazu meinen “gegen Nazis”-Button am Revers, ist die Irritation vollkommen. Danke, liebe Medien.
Nach langweiligen 6 Arbeitsstunden empfange ich am Nachmittag 2 pöbelnde Bauern aus dem Osten bei mir zu Hause. Steine werden in die Aldi-Plastiktüten gestopft und ab geht’s dann auch schon Richtung Hauptbahnhof. Verdammt, die Tüten sind gerissen und dabei haben wir doch unseren neuesten Hit “Alle Ossis ham Steine” wochenlang einstudiert. Mit verheulten Augen kommen wir aufgrund des Steine-Tüten-Malheurs verspätet beim ZOB an, wo wir die Gebrüder Grimm noch einsammeln. Zu fünft geht es dann ins Stadion der Liebe, dem Millerntor.
Die Plätze in Nähe des Auswärtsblocks werden zielstrebig von uns anvisiert und auf dem Weg dorthin lassen wir kühl und arrogant den alkoholfreien Bier-ausschenkenden Tresen links liegen. Oder rechts?
Ne Stadionwurst gibt’s leider diesmal nicht – hab ich mir selbst verboten. Kein Geld dem FC St. Pauli. Womöglich finanzier ich damit den Braunweißen noch n Trainingslager auf Kuba oder wie? Nee, das kann ich nicht verantworten.
Hansa legt nach ein bisschen schwulen Hamburger Konfetti und dem Anpfiff los wie die
Feuerwehr. Myntti, unser weißer Agali, drückt einen Retov-Abpraller bereits nach 100 gespielten Sekunden aus kurzer Distanz ins leere Tor. Dieses Tor lässt vergessen, dass er bisher mit Hansatrikot zu recht mehr sitzt als steht und läuft. Ein vielleicht ganz wichtiges Tor für ihn und Hansa.
Ich springe reflexartig jubelnd in die Luft und denke mir kurz dabei: Hm, jetzt habe ich mich wohl als Feind enttarnt. Aber nein, wir sind umzingelt von so einigen Rostockern. Hab ich die bösen, aggressiven Blicke der Paulianer eigentlich missverstanden oder sind die vielleicht doch nicht so ein tolerantes, weltoffenes Völkchen? Egal.
Jetzt heißt es Ruhe bewahren und hinten konzentriert stehen. Bloß die 1:0-Führung erstmal halten.
Pustekuchen. Nach einem langen Pass in die Spitze steht Bartels alleine vorm Hain und macht diesen nass – 2:0 nach 5 Minuten! Wie geil ist das denn?!
Die Stimmung ist
heiß. Naja, ist eher Ansichtssache. Meine Augen
leuchten zumindest.
Nach der Führung werden noch die eine oder andere gute Chance rausgespielt, z.B. Schindlers Kopfball, der nur an den Pfosten klatscht. Also der Ball jetzt, nicht Schindler.
Allerdings spielt Hansa nach etwas einer halben Stunde immer weniger Fußball und nähert sich dem spielerischen Niveau des Gegners.
Retov, die olle Ziege, der beide Tore direkt vorbereitet hat, ist mittlerweile nur am meckern. Statt sich auf den Ball und sein Spiel zu konzentrieren, staucht er den Schiri bei jedem Pfiff zusammen.
Da St. Pauli aufgrund der 5 Bisswunden aus der Vorwoche den Ball nicht als Freund identifizieren kann, geht’s mit dem verdienten, hanseatischen 2:0 in die Kabinen.
In uns
glimmt die Hoffnung auf den ersten Auswärtssieg in dieser Saison immer mehr.
In der Halbzeit vertreten wir uns etwas die Beine und etwas zu trinken, etwas zu
rauchen, etwas zu pinkeln.
In der Halbzeit raucht es dann etwas im Gästeblock. In etwa so wie den Frauen im Schritt paar Straßen weiter, wo sie im Schichtdienst alles geben.
Vize-Capo Rydlewicz kommt auf den Zaun gehüpft und skandiert: Auswärtssieg, Auswärtssieg! Er stellt Bräutigam neben sich klar in den Schatten.
Pünktlich mit 3 Minuten Verspätung geht’s auf dem Rasen weiter und die Spieler laufen jetzt Ball und Gegner nur hinterher, wie nebenan die Frauen den verschüchternden Männern. In Hansas Strafraum
brennt es fast l
ichterloh. Konsequenz: Schönberg kreuzt den Laufweg eines Gegners, der fällt, Kollege Sako nimmt den Ball, läuft an und trifft. Anschlusstreffer, Konfettiregen.
Quelle und weiterlesen:
http://www.pohliklinik.de/?p=100
Es lohnt sich!
