Ich würde es im Kontext der letzten drei Testspiele als das von uns schwächste einordnen. Was mir gar nicht gefallen hat, war die teilweise wieder aufgekommende Nervosität angesichts eines spielstarken Gegners.
Gerade Berberovic schien sich hier unangemessen stressen zu lassen. Allerdings hat er auch mehrmals mit mustergültigen Grätschen, die man jederzeit in ein Fußball-Lehrvideo einbauen könnte, in wirklich brenzligen Situationen alles gerettet.
Cool und abgezockt dagegen Julian Koch. Man, hat das Spass gemacht, dem Jule zuzusehen. Er hat es einfach, nach wie vor. Auge, Stellungsspiel, Ballbehandlung, Selbstbewusstsein, über links defensiv stark wie rechts. Wirkt abgeklärt wie ein Dreissigjähriger.
Leider hat er anscheinend auch kein bisschen von seinem Ungestüm eingebüsst, und nach einer Szene konnte man sehen, dass es schon wieder irgendwo zwackte. Der Junge muß unbedingt etwas vorsichtiger zu Werke gehen.
Die anderen haben spielerisch leider nicht viel zugelassen und drückten ziemlich. Was mir gefallen hat: auch nach dem grossen Ringtausch ging es bei uns kompakt weiter, alles wirkte gut eingespielt. Diesmal machte auch Kastrati ein bisschen was. Gegen einen Gegner auf diesem Niveau kommt man nach vorne aber irgendwann dann auch an die Grenzen seiner Möglichkeiten.
In diesem Fall war das Umstellen auf 4-4-2 zur zweiten Halbzeit aber sehr effektiv. Jovanovic war für mich eine Offenbarung. Wie er sich gegen die erstklassige Abwehr der Holländer behauptete, wie er den Raum besetzte mit langen schrägen Sprints auf den gegnerischen Strafraum, wie er den Ball hielt und weiterleitete, all das sah ganz so aus, wie man immer gehofft hatte, dass es Emil Jula mal tun würde.
Leider war ihm Kastrati kein Sportskamerad auf Augenhöhe. Lieber hätte ich gesehen, was er zusammen mit Baljak aus der Zwei-Stürmer-Option herausgeholt haben würde. Aber es erschien doch so, dass er zwangsläufig ein Tor gemacht hätte; war nur eine Frage der Zeit. Der Abpfiff kam dann etwas zu früh.
Wolze vorne kennen wir schon. Könnte mit Pamic und Brandy ein magisches Dreieck bilden, ist dann aber für mich nach wie vor der Mann für die schnelle Aussenbahn, während sich die Laufwege von Pamic und Brandy kreuzen. Dass es mit den beiden gegen Twente nicht so gut geklappt hat, sei jetzt mal dahingestellt: vielleicht waren sie ein bisschen platt, kam einem so vor, oder aber, die Holländer waren eben einfach auch eine sehr starke Mannschaft an diesem Tag. Chancen hatten wir ja durchaus.
In der Vorrede hat Reck deutlich gemacht, dass Lacheb zur Zeit derjenige ist, der sich in der Innenverteidigung ranarbeiten muss, und er als erste Option daher wohl Hoffmann und Bajic sieht. Verstehe ich nicht richtig. Ich finde, Lacheb hat einen grossen Job gemacht in der zweiten Halbzeit. War konsequent als letzter Mann gestellt und putzte alles weg, was reinkam. Sehr sicher, spielt niemals riskant heraus (was der Soares ja mit Vorliebe machte). Jammerschade, wenn der Mann auf der Bank versauern würde, zumal er von der Art seines Auftretens her absolut alles mitbringt, was einen echten Publikumsliebling ausmacht.
Ich finde auch die Kombination Bajic/Hoffmann nicht völlig geglückt. Beide neigen m.E. dazu, nach hinten Lücken zu lassen, weil sie zu oft auf schnelles Herausspielen aus sind und dann zur Hektik neigen. Ich spekuliere einfach mal, dass mit Lacheb das Tor der Holländer nicht gefallen wäre.
Ich bin für Hoffmann als Sechser neben Sukalo und Lacheb neben Bajic. Öztürk wird jedenfalls erste Option sein, einen der beiden zu ersetzen, aber ich finde, sowohl Hoffmann als auch Lacheb gehören zwingend in die Startelf.
Und Wiedwald? Tadellos, bis auf das Gegentor. Bei dem kann man schon froh um kleine Schnitzer sein, die er sich mal leistet. Ist viel zu gut, als dass er nicht in der kommenden Saison die gierigen Scoutgeier der dicken Ottos scharenweise anlocken wird. Seh ihn bei der WM schon als dritten Torwart. Leider wird er dann wohl in Dortmund oder auf

seine Reisevorbereitungen treffen.
Echten Mecker verdienen allerdings die Standards. Man konnte Jovanovic nur bedauern, wie er da ambitioniert rumkeilte und sich frei machte, und dann ging die Ecke wie ein Ufo siebzehn Meter über alle Köpfe, eigene und gegnerische. Die kurzen Ecken könnte man als Flachpass auch gleich dem Gegner zuspielen, dann hat der nicht so ein Problem mit der Ballannahme.
Schon die Körpersprache, während man zur Eckfahne schleicht: zum Heulen, wie einer, der in Chemie an die Tafel gerufen wird und nichts weiss.
Offenbar hat man sich hier ganz auf Perthel verlassen, und ist jetzt ratlos.
Wenn nicht überraschend eine Regel vom DFB kommt, dass man fliegend wechseln kann, und dann wieder Benni Kern alle Standards macht, sehe ich leider komplett schwarz. Umso tragischer, da wir ein Kopfballungeheuer wie Goran Sukalo dabei und mit Jovanovic sogar noch eins dazu erhalten haben. Hoffmann, Öztürk und Bajic sind auch starke Kopfballspieler.
Wird alles ziemlich hergeschenkt, wenn man den Leuten nicht beibringt, richtig hohe Bälle reinzubringen. Es wird nicht wenige Väter geben, die einen Jungen in der C-Jugend haben, der bessere Ecken macht als die, die hier zu besichtigen waren. Besonders nervtötend dieses Problem, weil es ja was ist, was man durch entsprechendes Training absolut zuverlässig verbessern könnte. Hier wird leichtfertig Potential liegen gelassen.