Zebrastreifenblog

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Kees Jaratz

So ein Mensch, der ein Partykiller sein will, braucht schon ein dickes Fell. Diese Freiburger wollten tatsächlich noch in der letzten Spielminute ein Tor machen. Ich konnte das nicht fassen. Hörten die nicht, was auf den Rängen gesungen wurde? Das war hymnisch, was wir unfassbar laut sangen – die getragene Melodie….das lang gezogene oooo als tiefes Raunen, als eine Art „roar“; das MSV, kürzer, manchmal sogar wie knallend, das weiß und blau wieder getragener, feierlicher.

Diese Freiburger wagten es noch einmal in diese Stimmung hinein, unsere Erleichterung zu bedrohen. Das war irritierend. Anscheinend konnten wir es auf den Rängen nicht mehr erwarten, dass endlich diese Zitterei vorbei war. Wir begannen den Klassenerhalt emotional schon vorwegzunehmen. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass dieser Support so anhaltend vernehmbar war. Den Support, den ich bislang nur in Spielsituationen gehört habe, in denen der MSV für den Tag sein Ziel erreicht. Vielleicht noch mal in ruhigen Spielphasen bei entspannten Spielen.

Wir schienen die Schnauze voll zu haben von diesem wirklichen Fußball. Wir wollten den ideellen Verein MSV Duisburg feiern, für den wir gekommen waren. Wir waren da. Wir waren präsent. Von so vielen Seiten hatte ich im Laufe der Woche genau diesen Appell gehört. Kommt! Schert euch nicht um die letzten Wochen. Spart euch die Kritik. Es geht um den Verein. Es geht um etwas Größeres als die schnöde eigene Enttäuschung.

Knapp 11.700 Zuschauer waren da und waren laut. Diese Zuschauer, wir alle wussten, worum es ging. Wir wollten so laut sein, als sei das Stadion ausverkauft. Der Zebratwist war die erste Ansage. Das MSV des Refrains knallte auf den Rasen wie schon Jahre nicht mehr. Das machte deutlich, wir werden unseren Part erledigen. Nun war es an den Spielern, sich auf diese Woge aufzuschwingen.

In den ersten zehn Minuten entschieden die Spieler des MSV und wir auf den Rängen gemeinsam dieses Spiel. Den Schalldruck verwandelten die Zebras in einen Pressingdruck, der die Freiburger in diesen wenigen Minuten überforderte. Deshalb geschah der Fehler. Zusammen haben wir diesen Abspielfehler beim Rückpass zum Torwart wahrscheinlicher gemacht. Ein Stoppelkamp-Tor, wie es typischer für ihn beim MSV nicht sein kann – diese Mischung aus Spekulation im freien Raum, instikthaftem Zug zum Tor und Coolness im Abschluss.

Ab der 30. Minute ungefähr hatten die Freiburger das Mittelfeld unter Kontrolle. Was natürlich nicht reicht, um ein Tor zu erzielen. Dazu fehlte in Strafraumnähe jene spielerische Überlegenheit, die die Kurzpass-Sicherheit im Mittelfeld andeutete. Mir reichte diese technische Überlegenheit, um für den Rest des Spiels zu zittern. Ich vertraute unserer Defensive keinen Augenblick. Ich war das gebrannte Kind, das bei einem Freiburger Ball etwa 20 Meter vor dem Tor den entscheindenden Stellungsfehler in unserer Defensive schon als geschehen sah. Ich schrie vor Entsetzten bei drei, vier Flanken auf, die fürs erste geklärt sofort wieder bei den Freiburgern landeten. Solche Bälle waren in früheren Spielen irgendwann auch ins Tor gegangen. Doch der Ausgleich fiel nicht. Meine Nervosität hielt an.

Die Zebras kämpften im gesamten Spiel um jeden Ball. Es wurde gegrätscht und nachgegangen. Eine kleine Schwächeperiode gab es zwischen 50. und 60. Minute in meiner Erinnerung. Von da an feierten wir jedes kurze Aufhalten eines Freiburger Angriffs bei uns. Jeder weggeschlagene Ball war uns einen Jubel wert. Die langen Bälle der Zebras ergaben dennoch ein paar winzige Chancen. Die Abschlüsse waren eher mäßig. Am meisten sorgte mich, diese Ruhe der Freiburger. Die spielten ihre Kombinationen herunter, als ob sie sicher wären, irgendwann seien die Zebras zermürbt und der Ausgleich werde noch fallen.

Deshalb beruhigte mich das hymnische Singen in den letzten Minuten. Es lenkte ab und nahm die Erleichterung ein wenig vorweg. Deshalb verwandelte sich meine Unruhe auch in empörende Ungläubigkeit. Ich fasste es nicht, dass diese Freiburger tatsächlich noch einmal den Ball in den Strafraum schlugen und dort eine zunächst unübersehbare Situation schufen. Den Freiburgern machte es tatsächlich nichts aus, Partykiller zu sein. Die hatten nicht den Anstand, sich an deren Klassenerhalt bei uns in den 90ern zu erinnern. Damals hatten sie einen Sieg nötig. Den haben sie geschafft, und der MSV hat sich in in meiner Erinnerung nicht sehr dagegen gewehrt. Nichts davon gestern. Das hymnische Singen nur senkte meinen Blutdruck etwas. Bis der Schlusspfiff uns erlöste.

Was für eine Erleichterung. Was für ein Zittern und Bangen. Noch einmal in diesem Spiel. Mit einer ersten Halbzeit, die mir lang wie ein ganzes Spiel vorkam. Mit einem Stadion, in dem mit uns auf den Rängen auch der Geist von sämtlichen MSV-Fans aller Zeiten anwesend war. Das war der MSV an diesem Tag. Die Spieler auf dem Rasen, wir auf den Rängen lebten an diesem Tag etwas, was sich nicht durch einen 1:0-Sieg und drei Punkten ausdrückt. Wir lebten eine Idee, ein Ideal unseres Fußballs, das über den Tag hinaus weist. Du bist es schon immer gewesen. Nur der MSV.

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Im Grunde arbeiteten der MSV, ich und auch meine Kollegin Tina Halberschmidt seit dem letzten Herbst an einem ganz neuen Angebot für MSV-Fans. Dabei ging es im weitesten Sinn um etwas Transzendentes, Religiöses. Es ging um das ewige Leben. Wir schrieben zwei Bücher, mit denen wir uns unabhängig von den Aussichten des MSV in der Gegenwart machen wollten.

Sowohl die „Populären Irrtümer und anderen Wahrheiten“ über den MSV im unterhaltsamen Sachbuchsegment als auch die literarisch angelegte „MSV Duisburg [URL='https://zebrastreifenblog.wordpress.com/2022/03/31/vom-pokalaus-hin-zum-aufstieg-eine-kostprobe-aus-der-msv-fusballfibel/']Fußballfibel“ [/URL]mit der Erzählung über ein Leben mit dem MSV in Duisburg setzten ein immer währendes Interesse am MSV Duisburg voraus; ein Interesse, das vom sportlichen Erfolg nicht beeinträchtigt wird, ewig ist und sich dem bedrohlichen Siechen und Sterben vom MSV in einer Liga widersetzt.

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Noch braucht unsere Haltung Propheten und Missionare, noch zeigt sich, sportlicher Misserfolg verleidet vielen die Laune so sehr, dass die weitere Beschäftigung mit dem MSV nur alte Wunden wieder aufreißt. Ich kann das verstehen. In gewisser Weise ging es mir ähnlich bei der Berichterstattung über die Fußballfibel. Ein leichtes Gespräch über den MSV angesichts eines drohenden Abstiegs passte nicht.

So führte erst die Erleichterung über den Sieg gegen Freiburg zu jener Entspannung, die den Studiobesuch bei der Lokalzeit Duisburg möglich machte. Beim Dreh für den Beitrag 14 Tage vorher musste ich gerade die Niederlage gegen 1860 verdauen und die wieder real gewordene Abstiegsgefahr verdrängen. Kein angenehmer Zustand. Welch Unterschied zum Montag. Beitrag und Studiogespräch sind noch 5 Tage in der Mediathek online. Ab Minute 9.29, davor gibt es einen Spieltagsbericht ab Minute 6.50.

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Samstag bin ich ab 13 Uhr in Duisburgs Mayerschen Buchhandlung im Forum und signiere, was das Zeug hält. Kann auch länger werden. Wer weiß schon, was es alles zu bereden gibt. Das Ruhrgebiet, Duisburg und den MSV natürlich.

Als Schmankerl habe ich ältere Bücher im Gepäck, zum Teil nicht mehr lieferbar wie die 111 Fußballorte im Ruhrgebiet, die man gesehen haben muss. Sonderpreis natürlich.

Und die Kollegin Halberschmidt hat vielleicht auch eine Stunde Zeit. Schauen wir mal. Wir sehen uns am Samstag.

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Ab mit diesem Clip zu Marketing-Wettbewerben. Was weiß ich, was es da alles gibt. Was für ein starkes Stück ist dieser Clip geworden. Diese Mischung aus Selbstironie und Bewahren der grundlegenden Emotion, die uns alle an diesen Verein bindet. Das ist ganz, ganz stark und macht Hoffnung, dass sich die Lücke durch den Weggang von Thomas Schöneberg gerade schon füllt. Wenn die Mannschaft in der nächsten Saison an dieser Leistung anschließt, heißt das Durchmarsch und gesicherter Aufstieg ab ungefähr dem 24. Spieltag. Auf keinen Fall verpassen! Clip ab!

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Der höherklassige Fußball in den anderthalb Saisonjahren der Pandemie zeigte sich beeindruckend klar als Wirtschaftssegment der Unterhaltungsindustrie. Für mich ähnelten Fußballspiele in den Monaten ohne Zuschauer Filmprodutionen. Ich konnte mir auch einen Fußball vorstellen, bei dem Zuschauer nicht mehr über Sieg oder Niederlage sprechen, sondern über Performance, Ausstrahlung und gelungenem Auftritt. Ein Verein wäre dann wie ein neues Musikstück, das gefällt oder auch nicht. Man zappt rein und wieder raus, wenn es langweilt. In dieser Logik gibt es die Blockbuster in der Champions League Endrunde, die man gesehen haben muss. Es gibt die Ballkünstler, die demnächst in einer neuen Arena ihren Auftritt haben.

Wer seinen Lieblingsverein in dieser medialen Distanz wahrnimmt, verändert seine Haltung zum Fußball. Entsprechend verändert sich dessen kultureller Gehalt und sein sozialer Wert. Vor dem Fernseher geht es im Fußballspiel vor allem um den Auftritt von elf hochbezahlten Fußballartisten. Es gibt keinen weiteren Sinn, der über den Moment hinausweist. Sportlich gesehen reduziert sich der Auftritt auf das Gewinnen und Verlieren. Daneben gibt es an die Unterhaltungsbranche gerichtete Bedürfnisse von Konsumenten. Der kulturelle und soziale Wert des Fußballs für eine Stadt verliert sich. Letztere entstehen erst, wenn Zuschauer das sportliche Geschehen vor Ort in der Gemeinschaft erleben. Es enststeht durch gemeinsame Erfahrung im Stadion, aber auch durch gemeinschaftliches Handeln danach in Gruppen, die sich erst durch den Besuch des Fußballspiels gebildet haben.

Zumindest für die führenden Wirtschaftsunternehmen im Fußball eines Landes, die wir gemeinhin noch Vereine nennen, gibt es also inzwischen zwei Zielgruppen. Schließlich können Menschen weiterhin Fußballspiele auch vor Ort erleben. Am Dienstag stieß ich bei der Süddeutschen Zeitung in der Berichterstattung über DFB-Aktivitäten rund um den Markenname „Die Mannschaft“ auf einen Satz, der in Kürze diese zwei Zuschauergruppen des Fußballs beim Namen nennt: „Dazu zählt insbesondere eine repräsentative Umfrage des Nürnberger Unternehmens SLC Management unter 5300 Fans und Kunden der Fußball-Bundesliga“. Der Artikel selbst ist dabei gar nicht wichtig, auch wenn der konstruierte Markenname einer Nationalmannschaft natürlich ein weiterer Beleg für den Fußball als Segment der Unterhaltungsbranche ist.

„Fans und Kunden“ – Bei Kunden kümmert sich der Fußball um Markentreue. Bei Fans um noch Emotionaleres. Dass das heute in vielen Vereinen Liebe genannt wird, ohne den Zusatz „Vereins“, verweist nur auf die Widersprüche dieses Sports. Denn natürlich steckt in der einen Zuschauergruppe auch jeweils etwas von der anderen. Wenn Kunden bei Misserfolgen fernbleiben, führt dieser zugleich zwischen Fans und Verein zu Verwerfungen. Gerade dann spielt auch für Fans der wirtschaftliche Erfolg als Mittel zum sportlichen Erfolg eine Rolle. Auch Fans beschäftigen sich dann etwa mit Fragen des Marketings und beklagend mangelnde Zuschauerbindung.

Wo aber steht der MSV in diesem Wirtschaftssegment? Denn die Gesetzmäßigkeiten der Branche schlagen ja auch auf die Vereine durch, die kaum „Kunden“ unter ihren Zuschauern haben, sondern fast auschließlich emotional gebundene Fans. Für einen Verein wie den MSV ist es nun deshalb so schwierig, weil auch Fans in ihrem Denken den Unterhaltungsbetrieb Fußball verinnerlicht haben. Servicebereitschaft, die Ansprüche an öffentlichen Auftritt, Kommunikation und professionelle Ansprache, Sponsorensuche – all das wird neben dem eigentlichen Sport eingefordert.

Seit dem Zwangsabstieg 2013 klopfte der MSV in der Unterhaltungsbranche Fußball mit ihrem sehr viel stärkeren Zugriff auf „Kunden“ zweimal an. Der Verein insgesamt tritt so auf, als gehöre er ihr an. Seine gesamte Infrastruktur verlangt wegen der Kosten sogar nach dieser Zugehörigkeit. Aber letztlich stand er bislang nur am Rand zur Probe dabei. Für mich steht seine Identität genau auf der Grenze zwischen einem Wirtschaftsunternehmen der Fußballbranche und dem Verein mit starkem lokalen Bezug.

Wenn in Zeiten des Misserfolgs nach mehr Professionalität gerufen wird, dann verweist das meiner Ansicht nach nur auf einen nicht einfach zu bearbeitenden Widerspruch, mit dem Verein und Fans umgehen müssen. Einerseits macht den MSV die starke lokale Bindung aus. Seine Anziehungskraft entwickelt er, gerade weil er aus dem Inneren der Stadtgemeinschaft heraus Unterstützung findet. Die Wege sind kurz, die Menschen kennen sich, man möchte gemeinsam etwas Gutes tun. Diese Anziehungskraft spüren Anhänger, indem sie dem Geschehen nah beiwohnen können, indem die Verantwortlichen meist ansprechbar sind, indem sie nah bei den Spielern sein können. Im Grunde sind das Werte, die diesen MSV ausmachen.

Solche Werte alleine führen nicht zum sportlichen Erfolg. In Zeiten des Misserfolgs können sie leicht als amateurhaftes Handeln gedeutet werden. Nähe und Engagement von vielen sind grundsätzlich Teil jener vergangenen Vereinswelt, aus der das Wirtschaftsunternehmen hervorgegangen ist. Für seine Attraktivität im Unterhaltungssegment Fußball muss der MSV aber sehr viel stärker diese vergangene Vereinswelt bewahren als andere Fußballunternehmen. Umgekehrt steckt im gewünschten professionellen Handeln der Keim zur Fußballproduktion im Kinofilmformat aus den Coronamonaten.

In welche Richtung sich diese widersprüchlichen Anforderungen an das Arbeiten des MSV Duisburg auflösen, ist eine offene Frage. Im Alltagsgeschäft wird dieser Widerspruch verdeckt durch das Ringen um sportlichen Erfolg. Wenn der MSV siegt, ist die Welt in Ordnung. Wir wissen aber, in der 3. Liga kann ein Verein wie der MSV nicht überleben. Bei jedem Wirtschaftsunternehmen heißt die Folge in so einem Markt dann expandieren oder gesundschrumpfen, in Worte des Sports übersetzt Aufstieg oder Abstieg.

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Sicher, man kann sich entscheiden, ob man jetzt jeden unbedingt regelmäßig sehen muss. Mancher bricht ja sogar den Kontakt zu den Eltern ab. Aber sie bleiben deine Eltern. Der du bist, bist du auch durch sie. Neben vielem anderen. So ähnlich geht es mir mit dem MSV.

Ralf Koss alias Kees Jaratz: Fußballfibel – MSV Duisburg, Culturcon medien, 2022​

Am Donnerstag vor dem ersten Zweitligaspieltag lese ich aus der Fußballfibel – MSV Duisburg im Schnierstrax, Eppinghofer Straße 21 bei freiem Eintritt in Dinslaken. Das scheint mir die Behauptung zu rechtfertigen, der MSV und ich eröffnen die Fußballsaison 2022/23 am 14. Juli um 20 Uhr.

Hier der Link zur Veranstaltungsankündigung bei Facebook.

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Bundesliga, ich komm‘ aus dir

Was Ralf Koss in der „MSV Duisburg Fußballfibel“ von Fußballspielen, Auswärtsfahrten mit Freunden und verloren geglaubten Spielen erzählt, stößt bei Fans aller Vereine eigene Erinnerungen an. Dabei heißt es, kein Verein in Deutschland verschafft seinen Anhängern mehr Aufregung als der MSV Duisburg. Was ein Datenspezialist mit komplizierter Formel errechnete, weiß der Schriftsteller seit jeher. Die Dauerkarte kennt Ralf Koss noch als Abrissblock während der 1970er Jahre. Damals hielt er die Zebras als Teilnehmer im UEFA-Pokal für unabsteigbar. Er feierte die Erfolge vom Lienen- und Funkel-Fußball der 90er ebenso, wie er später skeptisch auf das Wirken von Walter Hellmich schaute. Nun erzählt er in der „Fußballfibel MSV Duisburg“ die berührende, oft komische und tief emotionale Geschichte seines Lebens mit dem Herzensverein. Seine Erlebnisse und Erinnerungen geben Duisburg und dem Ruhrgebiet Kontur. Ein Fußballbuch, das zum Portrait der Region wird.

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Zukünftige Historiker werden sich auch mit Zeugnissen der Popkultur ein Bild von der Vergangenheit machen. Natürlich werden sie künstlerische Posen mit einrechnen und darüber spekulieren, wieviel Wirklichkeit etwa in Klischees des Gangstarap steckt. Hoffentlich wenden sie sich aber auch den versteckteren Stücken des Raps zu wie Duisburg HBF von Fruity Luke und Miliö mit deren Versuchen, die Wirklichkeit präziser zu fassen.

Zu einer minimalistischen Melodie ist ein Text zu hören, dessen bestimmendes Element sich als zwei Beobachtungen auffälliger Duisburger Wirklichkeit erweist. Ein Jahr nach der Veröffentlichung haben beide Beobachtungen übrigens Bestand. „Voll wie die 903“ ist immer noch ein Superlativ, der sich schlecht überbieten lässt, und den Hauptbahnhof hält bekanntermaßen weiter nur das Gaffa Tape zusammen.



Hinweise auf weitere online zu findende Duisburg-Lieder nehme ich gern entgegen. Helft mit die Sammlung wachsen zu lassen.

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Manchmal bleibt die Welt mit einem mal für einen Moment stehen. Plötzlich und unerwartet, so wird später eine ritualisierte, formelhafte Sprache für diesen Moment angeboten. Mich traf die Nachricht vom Tod Holger Glücks zudem mit einer Wucht, die ich nicht erwartet hätte. Unbemerkt von mir war meine Verbindung mit ihm durch den MSV als gemeinsames Zentrum über Jahre entstanden. Obwohl wir uns nicht näher kannten, war er mir seit nunmehr über zehn Jahren stets präsent. Immer wenn ich über die mögliche Bedeutung des MSV schrieb und mehr als den Fußball meinte, hatte ich auch ihn vor Augen mit seinen Aktivitäten abseits des Stadions sowie seinen Meinungen zum MSV-Geschehen, die ich im MSVportal las.

Im MSVportal schrieb er als Deepsky. Er meinte nichts, ohne es mit klaren Argumenten zu begründen. Er suchte den Austausch und seinen Worten war das Suchen nach der Wahrheit eines Geschehens jederzeit anzumerken. Er war klar in seiner Sprache und legte großen Wert darauf, Mensch und zu diskutierende Sache auseinander zu halten. Ich erzähle das so genau, weil darin eine Lebenshaltung erkennbar wird, die auch durch Handeln deutliche Spuren hinterließ.

Für Holger Glücks ergab sich aus der Freude am Stadionbesuch selbstverständlich das Engangement mit anderen MSV-Fans für etwas Gemeinsames, das Menschen dauerhafter zueinander bringt als nur für die Zeit eines Fußballspiels. Kennengelernt habe ich Holger Glücks in der krisenhaften Zeit zum Ende der Hellmich-Präsidentschaft. Vor dem Zwangsabstieg war er für mich ein prägendes Gesicht der Zebraherde mit all ihren Aktivitäten, die so spürbar von zutiefst demokratischen Ideen durchdrungen waren. Transparenz und Aufklärung stand damals angesichts der finanziellen Lage des MSV im Vordergrund. Minutiös wurden Zusammenhänge mit großer Geduld erklärt. Aber auch Teilhabe, Debatte und Gemeinschaft spielten wie beim Engangement für das MSVportal eine große Rolle.

Später begann die Zebraherde Kinder und Jugendliche in Tansania zu unterstützen. Dass Holger Glücks stets über Strukturen nachdachte, um für anstehende Aufgaben beste Gelingensbedingungen zu schaffen, zeigte sich auch, als diese Aktivitäten in Tansania in dem eigens gegründeten Verein ZAC – Zebras active community e.V. ausgegliedert wurden. Er wurde dessen Vorsitzender und konnte regelmäßig über den Erfolg dieses Projekts berichten. Immer wieder suchte er für die gute Sache die Verbindung mit anderen Fanclubs und Anhängern des MSV. Dass auch die Strukturen beim MSV ein wiederkehrendes Debattenthema für ihn waren, versteht sich in dem Zusammenhang von selbst.

Alle meine Eindrücke erhielt ich bei zufälligen Begegnungen und im MSVportal. Holger Glücks lebte seinen MSV und sein Engagement im (halb)öffentlichen Raum. Sein plötzlicher Tod im Alter von 69 Jahren erschüttert viele Anhänger des MSV. Seit Freitag ringen sie im MSVportal im Thread Ruhe in Frieden Deepsky um Worte für ihre Trauer und versuchen den Menschen Holger Glücks kenntlich zu machen. Viele kannten ihn näher als ich und so zeigt neben vielen anderen lesenswerten Beiträgen etwa die Würdigung des Portalisten mit dem Nick JimPanse weitere Facetten seiner Persönlichkeit.


Über den Tag mit vielen Erinnerungen an Gespräche, Diskussionen, Streits, Versöhnungen und einfach launigen Blödeleien, habe ich viel über Holgers einzigartige Fähigkeit des Ausgleiches nachgedacht.
Holger war ein ziemlicher Anker dieser Fanszene, ein Kitt der das brüchige Mauerwerk wenigstens etwas zusammenhalten konnte.
Ich kann mich da nur aus unserer intensiveren, gemeinsamen Zeit rund um die ganze Hellmich-Rebellion, den Anfangsjahren des Zebraherde e.V., die vielen schönen AGC-Turniere, das Museums-Wochenende, der Fan-Sonderzug zum Pokalfinale erinnern.

Die MSV-Fanszene trägt, wie wir ja alle wissen, teilweise tiefe Gräben in sich.
Es gibt wenige Personen die in viele Richtungen dieser Szene wirken können.
Eine davon war definitiv Holger.

Er konnte Brücke sein für Aktionen um Kutten, Hools, Ultras und Normalos zusammenzubringen.
Er war streitbar und ehrlich, vertrauenswürdig und verlässlich.
Er war Argumenten niemals verschlossen und konnte ( was eine unglaubliche Stärke ist) seine Meinung auch ändern.
Er konnte seine Meinung aber ebenso gut verteidigen und wiederum andere überzeugen.
Er war unglaublich fleißig und akribisch, konnte begeistern und anfeuern.

Seine weitere große Stärke war Ideen zu entwickeln, sie zu analysieren und dann in eine umsetzbare Form zu bringen.
Dies war ihm dann durch sein umfangreiches Netzwerk möglich, welches ihm vertraute und sich oftmals anstecken ließ von seiner Begeisterung.

Er war MSV durch und durch.

Ich muss mich wiederholen, wir haben hier einen ganz wichtigen Baustein der Fanszene verloren.

Ruhe nun zwischen deinen geliebten Sternen.

MSVportal

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Gestern Abend war ich in ehrenamtlicher Mission für den MSV unterwegs. Kurzentschlossen machte ich eine Terrainbesichtigung bei einem potentiellen Gegner im Niederrheinpokal. Falls die Zebras in dieser Saison tatsächlich vorhaben, den Wettbewerb ein bisschen ernster anzugehen als in den letzten zwei Jahren. Dann könnte ja Rot-Weiß Oberhausen mal wieder einer der letzten Gegner in dem Wettbewerb sein. Das Umfeld und Arbeitsbedingungen konnte ich im Gespräch mit Hajo Sommers checken. Dass er der Präsident von RWO ist, muss ich euch nicht sagen. Die Spielbedingungen brauchen momentan allerdings eine besondere Vorbereitung der Zebras.


Der Spielertunnel verbreitet mit dem Rotlicht eine sonderbar entspannende Atmospäre, die wir aus anderen Zusammenhängen kennen. Zudem laufen die Spieler genau auf einen Bierstand zu. Das sind neue Versuche, den Gegner schon vor dem Spiel psychisch zu schwächen. Vielleicht brauchen einzelne Spieler in dem Fall eine besondere Ansprache.

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Am Spielfeldrand wird auch der Linienrichter neue Bedingungen vorfinden. Der Sinn der Tribünenmaßnahme während der Saison erschließt sich für mich gerade nicht. Momentan wird die wohl zwischengenutzt. Gestern Abend stand dort Nito Torres samt Band. Womöglich gehören Bühne und Nito Torres ins Gesamtpacket „RWO zukunftsfähig machen“. Denn auch das von Torres zum Mitsingen einladende Liedgut war textlich angepasst. Wir hören ja immer wieder, wieviel länger zukünftig noch das menschliche Leben wird. So kann auch mancher Altersunterschied bei lustvollen Begegnungen beträchtlich zunehmen. Er war 16 und sie tatsächlich 130. Ich ruf im Falle eines Niederrheinpokalfalles auf jeden Fall mal in der Geschäftstelle des MSV an.

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Normalerweise trennen sich die Wege von Jungen und Mädchen im Fußball nach wenigen ersten Jahren in gemeinsamen Mannschaften. Beim Defensiv-Doc-Workshop im niederländischen Ijmuinden finden sie ab morgen hoffnungsvoll wieder zusammen. Besser wollen die Fußballerinnen und Fußballer werden, und zwar schnell. Denn die Zeit drängt. Bei den Frauen der italienischen Nationalmannschaft noch viel mehr als bei den Zebra-Männern aus Duisburg.

Wie die Redaktion aus informierten Kreisen erfuhr, soll beiden Mannschaften das helfen, was in der Filmbranche schon lange üblich ist. Dort rettet ein spezialisierter Autor, der sogenannte Script-Doctor, wenn kurz vor oder gar bei der Produktion die Drehbuch-Qualität bezweifelt wird und der zukünftige Erfolg in Frage steht. Dann werden Rollen auseinander genommen, umgeschrieben und umgestellt, bis der Film einigermaßen in der Spur ist und zumindest das investierte Geld wieder eingespielt werden könnte.

Findige niederländische Fußballagenturen hatten mit ihrer Geschäftsidee zunächst nur auf die Frauenfußball-WM gesetzt und im Fall der Italienerinnen auch richtig spekuliert. Dass nun auch die Duisburger Männer dabei sind, war eine kleine Überraschung. Niemand kann sagen, wie der Kontakt zustande kam. Dass die Teilnahme nötig ist, kann Defensiv-Doc Wim van Tegelen aber bestätigen. Schon beim kurzen Hineinschauen in Mitschnitte der letzten Testspiele habe er viele Parallelen zu den italienischen Frauendefensive festgestellt. Er sei aber zuversichtlich, dass beide Mannschaften beim nächsten Mal anders auftreten werden. Schließlich habe er ganz andere Teams schon wieder auf Vordermann gebracht. Auf Vorderfrau auch, fügt er lächelnd hinzu.

In Duisburg hoffen alle Fans, dass er Recht hat. So kann sich der langjährige Zebra-Anhänger Kees Jaratz nicht daran erinnern, dass eine Vorbereitung der neuen Saison bruchlos wie die Verlängerung der katastrophalen alten Saison ausgesehen hat. Die Worte von Torsten Ziegner nach der 2:4-Niederlage gegen den Regionalligisten aus Düren klangen so, als hätten die Zebras eine längere Misserfolgsserie in der zweiten Saisonhälfte hinter sich und man hoffe, die Abstiegsränge zu verlassen. „Ich kenne Wim van Tegelen nicht“, sagt Kees Jaratz, „aber irgendwas muss ja geschehen.“

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Der Rapper Muetze kommt aus Gelsenkirchen, hat hier eine Seite bei Facebook und sein Herz hängt am falschen Fußballverein. Sympathischerweise erinnert der Text von „Mein Ruhrgebiet 2“ Raum daran, dass diese Entscheidung für den Verein in der Mitte der Ruhrstadt sehr persönliche Gründe hat.

Muetze widmet sich in einigen seiner Songs der Wirklichkeit des Ruhrgebiets. Seinem Verein und den Fußball hat betextet, das Schließen berappt und nicht zuletzt mit „Mein Ruhrgebiet 2“ ein Liebeslied der Ruhrstadt gewidmet. Die „2“ lässt eine „1“ vermuten, die ich nicht gefunden habe. Eine „3“ wird bei Facebook angekündigt.

Muetzes gerappter Text zeigt seine tiefe Heimatliebe mit vielen bekannten Bildern. Da ist die Vergangenheit mit der Kohle, da sind die abwertenden Blicke von draußen als Ignoranz auf die Spitze getrieben. Da reizen ihn die vermeintlich attraktiven Gegenweltem von Berlin und München, von Franfurt und Düsseldorf nicht, weil dort nicht das zu finden ist, was die Menschen im Ruhrgebiet ausmacht. Er spürt Stolz und die Liebe zum Ruhrpott, weil diese Städtelandschaft ihr „Herz am rechten Fleck hat“ – bildhaft für die Menschen, die hier leben.


Hinweise auf weitere online zu findende Ruhrstadt-Lieder nehme ich gern entgegen. Helft mit die Sammlung wachsen zu lassen.

Mit einem Klick weiter findet ihr Heimatlied – Sektion Ruhrstadt – Alle Folgen

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Sainte-Marie-de-la-mer

Gestern in Sainte-Marie-de-la-mer fehlte mir der Mut zum Risiko. Die teuren Kerzen habe ich liegen lassen. Einige von euch werden sagen, typisch MSV. Das kann ich nicht ändern, aber ich muss sehen, dass ich in der Hauptferienzeit Frankreichs mein Geld für die Unterkünfte beisammen halte.

Nun hat der MSV sein erstes Spiel der Saison in Osnabrück verloren. Ein Kulturschock. Wenn die Erfolgsgarantie des MSV in Osnabrück nun auch nicht mehr gilt, wie soll dieses Land die Zukunft bewältigen?

Nichts habe ich vom Spiel gesehen und bin wie die meisten von euch nur froh, dass wir vom MSV dann doch mehr erwarten dürfen, als wir es fast alle befürchtet hatten. Die einhellige Meinung zum Spiel: Defensive verbessert. Und: wie schafft es Torsten Ziegner nur, die Offensive irgendwie ins Spiel zu bringen? Das wird keine so leichte Aufgabe werden.

Mehr gibt es aus der Ferne nicht zu sagen. Ich freue mich auf RWE. Dann bin ich wieder vor Ort und kann mir die Investitionen in Glaubensdingen ganz sparen.

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Nicht nur zur Extraschicht ist die Ruhrstadt unterwegs. Auch am Tag der Trinkhallen werden Konzerte, Lesungen und allerlei Kultur quer durch das Ruhrgebiet geboten. Die Büdchenkultur wird an diesem Tag gefeiert.


Ein besonderer Duisburger Ort als Programmbude für Fußballfans ist an diesem Tag Rosis Stübchen auf der Münzstraße. Dort spielt der MSV von 15 bis 22 Uhr eine gewichtige Rolle. Ich freue mich auf die Moderation an dem Tag. Und ja, Weinfest ist in Duisburg zugleich. Die Veranstaltungskolision ist mal wieder ein Fall für die Diskussion um die Einheit der Ruhrstadt. Für den Samstag bedeutet das aber auch, mal ein bisschen Bewegung, um hin und her zu pendeln. So haben wir das früher immer gemacht, wenn es in die „Stadt“ zum Einkauf ging. Das Wort „Shopping“ gab es noch nicht, doch die Einkaufsralley von Münzstraße bis Bahnhof war auch immer wieder mal ein Hin und Her.

Besonders wichtig an diesem Tag ist euer ältestes Trikot. Denn von 16 bis 17 Uhr gibt es eine Trikotmodenschau, für die das MSV Museum Trikots der Vergangenheit zusammengestellt hat. Ihr könnt mit euren Trikots und euren Geschichten zu diesen Trikots diese Modenschau bereichern. Bedingung, das Trikot müsst ihr noch tragen können. Im Notfall reichen auch die Hände. Ich hoffe, ihr enttäuscht mich nicht und wir werden am Ende der Schau ein Foto von uns allen machen können, das die Geschichte des MSV auf einen Blick erfahrbar macht.

Was wird es noch geben? Die Zebraherde ist mit einem Special des Kneipenquiz zu Gast von 20 bis 21 Uhr. Im MSVPortal habe sie schon erste Hinweise gegeben, wie das aussehen wird. Tina Halberschmidt kommt um 15 Uhr und erzählt Interessantes aus der MSV-Historie. Dann etwa wird auch das Zebramaskottchen Ennatz vor Ort sein. Mit Michael Bella erzählt zwischen 17 und 18 Uhr eine der absoluten Legenden des MSV über glorreiche Zeiten. Ich hoffe auf einen weiteren Überraschungsgast bis 19 Uhr. Ich selbst lese aus der MSV Fußballfibel gegen 18 Uhr. Philipp Eisenblätter gibt ein Konzert zwischen 19 und 20 Uhr. Und zum Abschluss veranstalten Jörg Kaiser und ich mit euch zusammen ein Rudelsingen von Fußballschlagern und Stadionsongs zwischen 21 und 22 Uhr.

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Doch, gut, die Hafenstraße weist drauf hin,
was Becken am Kanal für Essen sind.
Doch, ja, das macht für Essen wirklich Sinn,
das sind so Häfen für ein kleines Kind.

Mit wenig Schiffsverkehr, kaum Fläche Wasser,
der Name nur verspricht die weite Welt.
Wenn man dorthin fährt, wird die Aussicht blasser.
Für Essener aber gilt, die Stimmung hält.

Demnächst wird es den Auswärtssiegweg geben.
Auch Rot-Weiss-Macht-Allee steht auf dem Plan.
So lässt sich Nichts und Kleinstes groß erleben.
Davon wirkt Essen sehr schnell angetan.

In der ersten Fassung zum Finale des Niederrheinpokals im Mai 2017 gab es eine andere dritte Strophe. Ihr findet sie hier.

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Gestern war ich bei den Machern vom MSV Museum und wollte eigentlich nur die historischen Trikots für die Trikotmodenschau am Samstag beim Tag der Trinkhallen abholen. Dabei habe ich aber auch schnell und flüchtig auf den angewachsenen Bestand geschaut. Was für eine Sammlung besitzt das Museum schon. Sie wächst kontinuierlich, auch weil Anhänger des MSV ihre gesammelten Zebra-Erinnerungen an einem geeigneten Ort verwahrt wissen können.

All das drängt darauf, ausgestellt zu werden. Das ist noch ein weiter Weg, das ist klar. So eine Dauerausstellung kostet viel Geld. Dabei stellt nicht einmal nur die Anfangsinvestion eine große Hürde da. Die Folgekosten für den Unterhalt sind nicht minder eine schwierig zu lösende Angelegenheit. Zuversichtlich stimmt die Energie aller Beteiligten rund um den Vereinsvorsitzenden des Trägervereins MSV Museum Volker Baumann.

Das ist alles eine kontinuierliche Berichterstattung wert. Ich werde das weiterführen. Heute will ich nur noch ein berührendes zukünftiges Ausstellungsstück zeigen. Darin zeigt sich die große Verbundenheit und das große Herz eines Anhängers der Zebras. Aber seht selbst:



Für seine Zwillings-Enkelinnen hatte ein Zebra-Anhänger dieses Schaukelzebra-Duo gefertigt. Nun sind die Enkelinnen älter, das Schaukelzebra-Duo wurde dem MSV Musem überreicht und wenn die zwei Mädchen nicht MSV-Anhängerinnen geworden sind, weiß ich auch nicht mehr weiter.

Die Trikots für die Trikotmodenschau habe ich nun für den Tag der Trinkhallen. Derbysieg morgen käme mir auch wegen des Samstagsprogramms rund um den MSV an Rosis Stübchen auf der Münzstraße sehr gelegen. Aus schlechter Laune gute Stimmung machen ist schon harte Arbeit. Anders ist einfacher.

Hier noch einmal der Blick aufs Programm:

Tina Halberschmidt kommt um 15 Uhr. Zusammen erzählen wir Interessantes und Amüsantes aus der MSV-Historie. Dann etwa wird auch das Zebramaskottchen Ennatz vor Ort sein.

Ab 16 Uhr beginnt die Trikotmodenschau. Kommt mit dem ältesten Trikot, das ihr noch tragen könnt dazu. Notfalls reichen auch die Hände. Dann können wir hoffentlich am Ende der Schau ein Foto von uns allen machen. Viel Geschichte des MSV auf einen Blick.

Vielleicht hat jemand von euch Lust und Zeit, die historischen Trikots des MSV Museums zu präsentieren? Ich suche noch mindestens zwei „Trikot-Models“. Bei Interesse PN über die Kontaktadresse hier. Eigentlich wollte ich mit zwei U19-Spielern die Schau bestreiten. Das hat nicht geklappt.

Mit Michael Bella erzählt zwischen 17 und 18 Uhr eine der absoluten Legenden des MSV über glorreiche Zeiten.

Ich selbst lese aus der MSV Fußballfibel gegen 18 Uhr.

Philipp Eisenblätter gibt ein Konzert zwischen 19 und 20 Uhr.

Die Zebraherde ist mit einem Special des Kneipenquiz zu Gast von 20 bis 21 Uhr. Im MSVPortal habe sie schon erste Hinweise gegeben, wie das aussehen wird.

Und zum Abschluss veranstalten Jörg Kaiser und ich mit euch zusammen ein Rudelsingen von Fußballschlagern und Stadionsongs zwischen 21 und 22 Uhr.

Wie gesagt, perfekt wäre alles vorbereitet, wenn am Tag zuvor der MSV noch seinen Teil mit einem Heimsieg gegen RWE dazu tut.

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Am Tag der Trinkhallen drehte sich an Rosis Stübchen in Duisburg alles um den Fußball und den MSV. Die zwiespältigen Gefühle durch das Unentschieden im Derby gegen Rot-Weiss Essen verschwanden am Samstag schnell. Im Programm Lesungen von Tina Halberschmidt und mir, unterhaltsame Erinnerungen von Michael Bella an den Fußball ganz anderer Zeiten, die vom MSV Museum unterstützte Trikotmodenschau, ein Konzert von Philipp Eisenblätter und das Quiz der Zebraherde. Großer Dank an alle, die zum Gelingen des Tages beigetragen haben.

Der Dank für die Fotos gilt der Zebraherde, Marion Basteck, Volker Baumann, Tina Halberschmdit und Marc Oliver Hänig.




















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Foto: Martin Wedau
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Foto: Gernot Schwarz
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Foto: Marion Basteck

Wenn in Ruhrort mit Open-Air-Konzerten, Kunstmarkt und anderen Attraktionen auch an die Bedeutung des Hafens für die Stadt erinnert wird, steht die Literatur am Vorabend des Hafenfestes nicht zurück.

In der Reihe „Handverlesen“ geht es in Prosa und Lyrik am Donnerstag, den 18. August, um den Hafen, um Ruhrort und um die Schifffahrt auf dem Rhein. Die Texte der Duisburger Autoren Marion Basteck, Thomas Frahm und Ralf Koss erzählen von den Menschen, die im Hafenstadtteil leben sowie von Vergangenheit und Gegenwart des größten Binnenhafen Europas. Sie zeichnen ein Bild von der inneren Verbindung zum Wasser, wenn man in der Nähe des Rheins aufwächst. Neben den gegenwärtigen Texten der Duisburger Autoren zeigt der Blick auf Romane der Vergangenheit, dass Ruhrort schon immer ein Thema für die Literatur war.

Handverlesen – Literatur am Neumarkt ist eine lose Folge von Veranstaltungen, in denen Literatur und deren Autor_Innen im Vordergrund stehen. Immer frisch, immer handverlesen, immer am Neumarkt.

Handverlesen | Hafenfest-Spezial
Das Plus am Neumarkt
Neumarkt 19
47119 Duisburg-Ruhrort
Donnerstag 18. August 2022, 19.00 Uhr
Eintritt frei(willig) – Hutveranstaltung

Zur Veranstaltungsankündigung bei Facebook

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Seit der ersten Bundesliga-Saison kommt der 1948 geborene Sozialwissenschaftler Klaus Hansen zu den Spielen des MSV. Er reiste aus der Eifel an und kommt inzwischen aus Pulheim. Schon mehrere Male war er in diesen Räumen zu Gast.

In einem Teil seiner künstlerischen Arbeit beschäftigt er sich mit Konkreter Poesie. Wenige Tage nachdem Uwe Seeler am 21. Juli verstorben war, schickte er mir ein Gedenkblatt für „Uns Uwe“. Klaus Hansen wie der große Teil einer ganzen Generation hatte durch Uwe Seeler das Fußballspiel lieben gelernt.

Erst jetzt komme ich dazu, dieses poetische Gedenkblatt von Klaus Hansen zu veröffentlichen.

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Der RE5 ist seit Wochen keine Lösung für den ÖPNV. Auch gestern nach dem Spiel des MSV gegen die Zweite vom SC Freiburg bestätigte sich das. Irgendwas von ca. 25 Minuten Verspätung. Im Wissen darum, dass daraus dann auch gerne mal 60 Minuten werden und der Zug dann oft in Duisburg stehen bleibt, bin ich die Strecke Richtung Sterkrade gleich mit dem Fahrrad gefahren. Es war großartig.



Der 3:1-Sieg des MSV war erlaubtes Doping, Jungbrunnen, irgendwas in der Richtung. In meinem Kopf spukten die Stimmen von den Radsportreporter-Legenden Herbert Watterott und Werner Zimmer, die den Namen Jaratz in für mich wohl klingende Sätze packten. In diesen Sätzen kamen Worte vor wie fliegen, geht bei keiner Steigung aus dem Sattel, was für ein Tempo und plötzlich Stoppelkamp verbunden mit einem Torschrei.


Der hatte sich dazwischen geschmuggelt und ich fand, Stoppel und ich, wir passten gut zusammen mit unserer herausragenden Leistung an diesem Tag. Wie lange haben wir dieses entspannte Gefühl nach einem Sieg vermisst? Die Siege der letzten zwei Spielzeiten waren bald immer verbunden mit dem Gefühl der Erleichterung. Gestern war das die pure Freude.

Was sind diese Spieler gelaufen! Was hat dieses Mannschaft zweite Bälle erobert. Keine Zeit wurde den Freiburgern gelassen. Ein mögliches Symbolfoto für dieses Spiel ist ein Freiburger Spieler, der in eigentlich schneller Bewegung, den Ball weiterspielen will, während genau in dem Moment, wenn er mit dem Fuß nur einen kleinen Moment Schwung holt, von hinter ihm kommend ein Spieler der Zebras an ihm vorbeiläuft und den Ball dabei mitnimmt.


Vor der Ecke zum 2:0

Im Moment des 2:0 – Wo ist der Ball?

Das Führungstor durch Joshua Bitter nach einer Ecke, das zweite Tor durch Aziz Bouhaddouz ebenfalls nach einer Ecke. Der MSV wird demächst das taktische Repertoire erweitern und neben dem Torabschluss als Ziel einer Offensivaktion auch das Erzwingen eines Eckballs als gleichwertig aufnehmen.

Mit Moritz Stoppelkamp sollten wir auf ähnliche Weise Caspar Jander feiern. Natürlich muss er in der kommenden Zeit, diese gestrige Leistung erst einmal verstetigen. Aber gestern besaß dieser junge Spieler eine beeindruckende Präsenz. Welch ein Stellungsspiel von ihm, wenn die Zebras in der Defensive waren. Er hat den Ball der Freiburger abgefangen und den Pass zum konternden Moritz Stoppelkamp gespielt, damit der seinen Lieblings-Move von links kommend mit einem dieser unhaltbaren Effet-Bälle abschließen konnte. Er ist die freien Räume zugelaufen. Ungeheuer selbstbewusst hat er offensiv die Bälle gefordert, um dann das Mittelfeld souverän zu überbrücken. Großartig.

Der Rest der Mannschaft hat natürlich auch sehr gut gespielt. Stoppelkamp und Jander ziehen mit der Leistung zusammen mit ihrem jeweiligen Alter nur viel Aufmerksamkeit auf sich. Bedauerlich ist die Verletzung von Alaa Bakir. Das sah nicht gut aus. Ob die Bänder im Knie heil geblieben sind?

In meiner Freude übersehe ich übrigens nicht, wie oft Offensivaktionen der Zebras beim kurzen Pass in den Strafraum oder Richtung Torauslinie ins Nichts verliefen. An dieser einen Stelle ist deutlich Luft nach oben. Wenn die Zebras auf Torchancen durch dieses Passspiel angewiesen sind, brauchen Gegner sich nur wenig sorgen. Aber wenn es irgendwann mal heißen sollte Standardkönige der Liga, würde ich auch nicht meckern. Auch das kann recht weit führen. Nicht dauerhaft. Das weiß ich schon. Aber eins nach dem andern. Erst einmal sich den Ruf weiter erspielen.



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Die letzte Seite der NRZ füllt fast an jedem Tag die Titelseite der Ausgabe vor 50 Jahren, manchmal sind es auch nur 40 oder 30 Jahre. Über die Olympischen Spiele wurde 1972 Ende August nahezu täglich auf der Titelseite berichtet. Die Eröffnungsfeier fand am 26. August statt.

Am 19. August gab es im Sportteil anscheinend einen Artikel über die Deutsche Nationalmannschaft der Amateure. Mit dem Verweis auf die Olympia-Teilnehmer des MSV Duisburg wurde der Artikel angekündigt.



Tina Halberschmidt und ich als Martin Wedau haben in unserem Buch „MSV Duisburg. Populäre Irrtümer und andere Wahrheiten“ auch an diese MSV-Spieler der Olympischen Spiele 1972 erinnert. Hier eine Besprechung bei der Rundschau Duisburg. Als kleines Schmankler vor dem Spiel gegen Meppen kriegt ihr heute besagten Text aus dem Buch.


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Tina Halberschmidt und Martin Wedau
MSV Duisburg. Populäre Irrtümer und andere Wahrheiten
Klartext Verlag, Essen 2021
ISBN: ‎ 978-3837523959
€ 16,95


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Die Menschen mit der passenden Herzensneigung in dieser Fußballwelt waren wohl schon auf dem Weg in die Halle. Zebra-Spuren in der Schanzenstraße hoben die Stimmung weiter vor dem Konzert von Jan Delay & Disco No. 1. Darauf einmal im Schweißbad gehüpft mit Oh Jonny. Bitte schön:

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Sicher, man kann sich entscheiden, ob man jetzt jeden unbedingt regelmäßig sehen muss. Mancher bricht ja sogar den Kontakt zu den Eltern ab. Aber sie bleiben deine Eltern. Der du bist, bist du auch durch sie. Neben vielem anderen. So ähnlich geht es mir mit dem MSV.

Ralf Koss alias Kees Jaratz: Fußballfibel – MSV Duisburg, Culturcon medien, 2022​

Was für Zweifel während der Sommerpause bei der Planung der Lesungen für September Wie soll das nur was werden, wenn wir wieder mäßig bis desaströs in die Saison starten? Und nun das! Wieviel Spaß macht dieser MSV wieder. Wieviel Rückenwind durch die Zebras für den ohnehin immer vorhandenen Spaß bei den Lesungen. Am Donnerstag, den 9. September lese ich aus der Fußballfibel – MSV Duisburg im Bollwerk 107, Eppinghofer Straße 21 bei freiem Eintritt in Moers.

Hier der Link zur Veranstaltungsankündigung bei Facebook.

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Bundesliga, ich komm‘ aus dir

Was Ralf Koss in der „MSV Duisburg Fußballfibel“ von Fußballspielen, Auswärtsfahrten mit Freunden und verloren geglaubten Spielen erzählt, stößt bei Fans aller Vereine eigene Erinnerungen an. Dabei heißt es, kein Verein in Deutschland verschafft seinen Anhängern mehr Aufregung als der MSV Duisburg. Was ein Datenspezialist mit komplizierter Formel errechnete, weiß der Schriftsteller seit jeher. Die Dauerkarte kennt Ralf Koss noch als Abrissblock während der 1970er Jahre. Damals hielt er die Zebras als Teilnehmer im UEFA-Pokal für unabsteigbar. Er feierte die Erfolge vom Lienen- und Funkel-Fußball der 90er ebenso, wie er später skeptisch auf das Wirken von Walter Hellmich schaute. Nun erzählt er in der „Fußballfibel MSV Duisburg“ die berührende, oft komische und tief emotionale Geschichte seines Lebens mit dem Herzensverein. Seine Erlebnisse und Erinnerungen geben Duisburg und dem Ruhrgebiet Kontur. Ein Fußballbuch, das zum Portrait der Region wird.

Eine Veranstaltung im Rahmen des Sonderprogramms Aufgeschlagen! des Landes Nordrhein-Westfalen

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Seit geraumer Zeit möchte ich auf das fantastische Zeitungsportal NRW hinweisen. Welch ein Quellen-Schatz für jegliche historische Interessen ist dort online gestellt. Historische Zeitungen über Zeitungen. Und wenn ich schon hinweise, verbinde ich das doch gleich mit dem, was hier vordergründing interessiert, den MSV Duisburg, der 1931 noch Meidericher Spielverein hieß. Der 24. August jenes Jahres war ein Montag. So besaß der Duisburger General-Anzeiger nach dem Wochenende eine Sportseite, auf der vom Freundschaftsspiel des Meidericher Spielverein gegen den Duisburger Spielverein berichtet wurde.

Mir hat der Spielbericht durch Stil und manch heute ungewöhnliche Wortwahl gut gefallen. Besonders wie das vierte Tor des MSV resumierend bewertet wurde: „[…] kam Meiderich durch zweckmäßiges Stürmerspiel sogar zum vierten Tor.“ In diesem Satz steckt ein Qualitätsversprechen, das durch das Wort „zweckmäßiges“ hervorgerufen wird. Eine überdauernde Garantie, wie sie heute oft in der Werbung benutzt wird. Ich denke darüber nach, „zweckmäßiges Stürmerspiel“ von nun an auch regelmäßig zu benutzen.

Den historischen Hintergrund zum Spiel zu vertiefen, fehlt mir heute die Zeit. Falls der Schwarm erklärende Worte dazu geben möchte, nur zu…





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Heute morgen habe ich erstmal gegoogelt, was das Wort „Favorit“ bedeutet. Ich hörte es in den letzten Tagen hin und wieder, wenn vom Spiel des MSV morgen gegen Oldenburg die Rede war. Ich kannte das Wort einmal, hatte aber die Bedeutung vergessen. Die anderen redeten zwar auch nicht so, als ob sie es täglich benutzten, aber zumindest war es ihnen vertraut. Mancher machte allerdings den Eindruck, als rede er von frivolen Erlebnissen. Mir war es unangenehm nachzufragen, was es bedeutet.

Im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache wurde ich dann umfassend erinnert: „Sportler, Mannschaft, besonders auch Rennpferd mit den größten Gewinnchancen“ . Das Rennpferd der Reihung verweist auf die Etymologie des Worts.

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Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Danach war mir schlagartig alles wieder klar. Ich erinnerte ich mich an Herbst/Winter 2019 und sah Torsten Lieberknecht während der Pressekonferenzen wieder vor mir. Im Stadion erlebten wir begeisternden Fußball. Der MSV führte die Tabelle an. Aber Torsten Lieberknecht weigerte sich vor jedem Spiel mit gewissem Optimismus auf den Spielausgang zu sehen. Der MSV spielte gegen eine Mannschaft aus der untereren Tabellenregion, doch leichte Siegchancen ließen sich daraus nicht schließen.

Denn wir befanden uns in der 3. Liga. Dort, so lernten wir, kann jede Mannschaft jede Mannschaft ohne Schwierigkeiten schlagen. So ähnlich war das Glaubensbekenntnis nicht nur in Duisburg. Ich begann das Wort „Favorit“ allmählich zu vergessen. Ich hatte sogar ein Spaßgedicht begonnen. Arbeitstitel „Der Favorit – Eine der bedrohten Arten“. Es blieb unvollendet. Wahrscheinlich auch, weil ich mich mit dem Aussterben des Favoriten nicht abfinden wollte.

Torsten Ziegner ist meine und des Gedichts Rettung. Natürlich kommt er nicht an der Binse vorbei, dass in der 3. Liga die Spielergebnisse schwer vorherzusagen sind. Wenn es aber um den MSV geht, ordnet er meinem Empfinden nach die Spielstärke des MSV gegenüber dem Gegner auch hierarchisch ein. Oldenburg wird nicht unterschätzt und er nimmt das Wort Favorit nicht in den Mund, aber auf der Pressekonferenz wirkt er schon so, als sähe er für den MSV bei allem Respekt gegenüber dem Gegner eine höhere Gewinnchance. Die bedrohte Art der Favoriten scheint durch Schutzmaßnahmen gestärkt zu sein.

Das hat mir auch geholfen, am unvollendeten Gedicht weiter zu schreiben.


Vom Artenschutzprogramm

Der letzte Dodo starb im 17. Jahrhundert.
Das letzte Quagga lebte nicht viel länger.

Nicht erst heute kennt die Menschheit Artensterben.
Nun waren jüngst die Favoriten im Bestand bedroht.

In Dritter Liga schien der Lebensraum zu feindlich.
Zu selten Nahrung und die Umwelt sehr verroht.

Doch mit dem Artenschutzprojekt in Duisburg
scheint ein Reservat für Favoriten zu entstehen.

Noch braucht die Art in Zukunft weiter Zuwachs,
Entwicklung lässt aufs Überleben hoffen.

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In einem leerem Raum von vielleicht 20 Meter Länge und zehn Meter Breite stehen zwei fast wandfüllende Leinwände gegenüber. Stille herrscht nur in der kurzen Pause der sich wiederholenden Videoinstallation zur Ruhrtriennale 2022 „4. Halbzeit“ des Berliner Künstlerduos Wermke / Leinkauf im Landschaftspark Nord. Die den Start markierenden Bassschläge dringen tief in den Körper. Sie schockieren wie der Stroboseffekt des grellen Lichts. Hörschutz ist sehr empfehlenswert nicht nur für diesen Anfang.

Dieser Bass greift den rhythmischen Paukenschlag einer Fankurve auf. Er bereitet auf die kommenden Bilder vor, die den Betrachter mit großer Sogkraft bannen. Die Masse Mensch in den Kurven von Stadien in Istanbul, Kairo und Kiew. Lautstark feiern diese begeisterten Kurven ihre Vereine. Beeindruckende Fangesänge füllen den Raum. Ein Beşiktaş-Fan im Raum schien textsicher. Später wirken die Massen bei Protesten in politischen Auseinandersetzungen, zum Teil gewaltvoll. Manchmal treten aus der Masse Menschen vereinzelt gegenüber der Polizei hervor. Keine Masse schützt sie mehr. Sie wissen sie vielleicht noch im Rücken. Die Bilder bannen. Im starken Kontrast folgen den anfeuernden Kurvenmassen die nachrichtenbekannten bürgerkriegsaähnlichen Zustände auf Straße und Rasen. Zwiespältige Gefühle entstehen nicht nur durch das Wissen um die Entwicklungen in der Türkei, in Ägypten und in der Ukraine. Die sonst in der Welt des Fußballs zivilisiert gehaltene Gewalt ist frei drehend sichtbar geworden.

Diese Kunst wirkt sehr direkt und lässt die begleitende, deutende Sprache auf der Ruhrtriennale-Seite kurios erscheinen. Sie ist so fern von der Wirklichkeit der gezeigten Bilder. Ein Meta-Clash der Kulturen.

Ein Durchlauf dauert nicht allzu lang. Der Besuch lohnt sich.

Ort: Schalthaus Ost, Landschaftspark Nord, Duisburg

Zeit: bis 17. September, Mi. – Fr. 16–20 Uhr, Sa. – So. 12–20 Uhr


Impressionen

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Mein Gott, was war das ein ermüdendes Spiel vom MSV gegen Dynamo Dresden. Zwei-, dreimal habe ich mich aufgeregt. Mein emotionaler Höhepunkt war das Springteufel-Foul an Moritz Stoppelkamp. Für mich grobe Unsportlichkeit aus Wut. Kein Spieler der Zebras hatte die Dresdner Schauspieleinlage im Mittelfeld beachtet und da rastete dann einer aus. Ein Spieler simulierte so was wie Ohnmacht nahe dem Anstoßkreis, weil er beim schnellen Ballvortrag gestolpert war. Die Dresdner waren zum einen der Ansicht, der MSV-Spieler in der Nähe habe Kraft seiner telepathischen Fähigkeiten das Stolpern herbei geführt. Klares Foulspiel, das nicht gepfiffen wurde, so meinten sie wohl. Und dann besaßen die Duisburger nicht mal den Anstand, die große Laienspiel-Ohnmacht mit einem ins Aus gespielten Ball zu belohnen. Enttäuschung kann schon mal wütend machen. Gott sei Dank, dilletierte der Dresdner beim Kung-Fu-Sprung ebenso wie beim Spielaufbau. Stoppelkamp blieb unverletzt.

Selbst der Elfmeter trug mich nicht aus meiner Ermattung heraus. Ich habe ihn abgenickt. Der Elfmeter war die selbstverständliche Folge, als der Schiedsrichter das hohe Bein gepfiffen hatte. Auf dem Rasen wurde erstmal viel diskutiert. Der gefoulte Dresdner übte sich wieder im Laienschauspiel am Boden. Tritt den beim Diskutieren doch mal einer auf den Fuß. So was ging mir durch den Kopf. Dann gibt es wenigstens einen Grund für die Anwesenheit von medizinischem Personal. Alles floss dahin.

Aufmerksam wurde ich erst wieder bei der Pressekonferenz. Dresdens Trainer Markus Anfang sagte tatsächlich, das Spiel sei hektisch gewesen. Das Wort wäre mir nun als allerletztes eingefallen. Ich lasse mich gerne von Gefühlen anstecken. Hektik hätte ich definitiv gemerkt. Beruhigend wäre mir als erstes gefallen. Einschläfernd. Mehr so was, das nach dem Gegenteil von Hektik klingt. Aber die Trainer müssen ja auch schnell was sagen auf so einer Pressekonferenz. Dann findet man nicht die richtigen Worte. Vielleicht hat er sich selbst auch nur gemeint, der Herr Anfang. Er selbst war sehr hektisch. Unsympathisch hektisch. Am Spielfeldrand unentwegt rumkrakelend. Ja, wahrscheinlich ist er einer Selbsttäuschung erlegen. Das passiert vielen Menschen. Sie machen ihre eigenen Gefühle zum Nabel der Welt. Mit etwas Abstand sollte Markus Anfang zu einem anderen Urteil kommen.


Ganz komisch habe ich mich beim Verlassen des Stadions gefühlt. Ermattet, enttäuscht, eine Prise Ärger. Von so vielem war etwas dabei. Auch Nachsicht. Der MSV war spielerisch besser als die Dresdner, aber genauso ungefährlich. In dem Spiel wäre ohne Elfmeter nie ein Tor gefallen. Ganz so schlagkräftig wie Torsten Ziegner noch am Freitag bei der Pressekonferenz meinte, ist die Mannschaft nach den vielen Verletztungsausfällen dann doch nicht. Die Offensivschwäche ist wieder da, und ich befürchte, daran wird sich nicht viel ändern bis zum nächsten Januar. Im Strafraum ist die Mannschaft harmlos. Ein erster Elfmeterpfiff für die Zebras hätte dem Spiel gut getan. Zumindest aus Duisburger Sicht. Was nicht war, kann ja noch werden. Genau wie die anderen Standards, die nun wieder in kommenden Spielen für Chancen sorgen müssen. Bis auf weiteres verkündet die Land-Art am Rhein-Herne-Kanal das Motto für Spiele der Zebras.

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Beim Fußball wechseln die Spieler im Laufe ihrer Karriere mindestens einmal den Verein. Doch einige Spieler bleiben für einen längeren Zeitraum einer Mannschaft treu und werden zu echten Helden. Diese Helden werden von den Fans gefeiert und bejubelt. Nicht selten werden die Helden auf einem Foto verewigt und in einem ansehnlichen Holzrahmen in den Vereinsheimen der Fanclubs aufgehängt. Auch der MSV Duisburg kann einige Rekordspieler verzeichnen. Einen kleinen Überblick findet man hier.

Die Helden des Vereins


Ein Held, der nicht so schnell in Vergessenheit gerät, heißt Michael Bella. Michael Bella spielte zwischen 1964 und 1978 für den MSV Duisburg. Das blau-weiß gestreifte Trikot trug der Spieler in rund 405 Bundesligaspielen – ein absoluter Rekord, der auf jeden Fall nicht in Vergessenheit gerät. In den Partien erzielte der ehemalige Verteidiger sogar 13 Tore. Michael Bella ist und bleibt eine Legende, denn neben den zahlreichen Bundesliga-Spielen stand er außerdem zweimal mit dem MSV Duisburg im DFB-Pokalfinale. Auf dem zweiten Platz der Helden des MSV Duisburg ist ein Spieler, der sogar als Kapitän im Jahr 1980 den Pokal holte. Bernard Dietz ist einer der torgefährlichsten Verteidiger und erzielte 394 Spiele für die Duisburger. Auf dem dritten Platz der Helden des Vereins landet Detlef Pirsig. Dieser spielte 337 Spiele für die Mannschaft. Doch nachdem er in Fußballrente ging, kam er 1986 wieder zurück und übernahm die Mannschaft des MSV Duisburg als Trainer. Es folgen Rudolf Steiger mit 288 Spielen und Hartmut Heidemann mit 262 Einsätzen.

Rekordspieler bleiben für immer in Erinnerung


Bereits in der Kindheit war Fußball bei vielen schon ein großes Thema. Fußball ist eine Sportart, die eine große soziale Bedeutung hat. Es geht darum, gemeinsame Regeln zu akzeptieren und respektvoll miteinander umzugehen. Allerdings geht es beim Fußball noch um so viel mehr. Fußball macht unheimlich viel Spaß und lässt Legenden entstehen. Jeder Fußballer, der besonders begabt ist, wird von den Menschen bewundert. Die Anerkennung kommt bereits, wenn man der beste Spieler in einer kleinen Dorfmannschaft ist. Viel größer ist jedoch die Bewunderung, wenn man in einer Bundesliga-Mannschaft auffällt – wie die Helden des Vereins MSV Duisburg.

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Vor etwas mehr als einem Jahr habe ich in dieser Reihe mit „Der Ruhrpott ist unendlich“ eine nostalgische Rückbesinnung von Pott-Hiphoppern im mittleren Alter auf ihre Anfangsjahre mit dem Sound in der Ruhrstadt veröffentlicht. Die Reaktion auf den Clip zeigte, eine Generation des Ruhrgebiets erkannte sich wieder. Zu diesen Oldschool Hiphoppern zählten auch Creutzfeld & Jacob.

Das heutige Stück gehört zu diesem Oldschool-Hiphop, und Flipstar damals zu Creutzfeld & Jacob. Solo unterwegs rappte er in „Kein schöner Land“ über eine Städtelandschaft, in der neben den üblichen Ruhrstadt-Stadtteilen auch Wuppertal genannt wurde. Als der Song entstand, war der Raum der Identität noch der graue schwache Wirtschaftsraum, den die Industrie kürzlich zurückgelassen hatte. Wuppertal gehörte ohne Frage zu diesem schwachen Wirtschaftsraum. Darin glich die Zeit den Anfängen der Industrialisierung, zu denen immer vom rheinisch-westfälischen Industriegebiet gesprochen wurde. Selbstverständlich waren das Bergische Land und die Rheinschiene bis Leverkusen mitgemeint.


Eine Fassung zum Kulturhauptstadt-Jahr 2010 wurde aufwändiger produziert. Bläsersätze kamen hinzu. Der Sound wurde etwas gefälliger. Auch der Text wurde verändert. Mehr Stadtteile sind nun genannt, und Wuppertal gehörte nicht mehr dazu. Die Ruhrstadt fand Identität, begrenzte sich und war sich ihrer starken Stadtteilidentitäten bewusst.


Hinweise auf weitere online zu findende Ruhrstadt-Lieder nehme ich gern entgegen. Helft mit die Sammlung wachsen zu lassen.

Mit einem Klick weiter findet ihr Heimatlied – Sektion Ruhrstadt – Alle Folgen

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Sicher, man kann sich entscheiden, ob man jetzt jeden unbedingt regelmäßig sehen muss. Mancher bricht ja sogar den Kontakt zu den Eltern ab. Aber sie bleiben deine Eltern. Der du bist, bist du auch durch sie. Neben vielem anderen. So ähnlich geht es mir mit dem MSV.

Ralf Koss alias Kees Jaratz: Fußballfibel – MSV Duisburg, Culturcon medien, 2022​

Fortsetzung der Septembertournee mit dem Buch über mein Leben mit den Zebras seit den 70ern bis heute. Aber wie schnell ist der Spaß mit dem Fußball unseres Herzensvereins nun schon wieder vorbei. Vor der Lesung in Moers am 9. 9. noch sprach ich davon, wie der mir für die Lesung Rückenwind gab. Nun müssen wir für den Spaß zunächst mal wieder alleine sorgen. Meinen Teil trage ich diese Woche dazu bei mit der Lesung aus der MSV Duisburg Fußballfibel am Donnerstag, den 22. September, im Gleis 3, Angermunder Straße 2-4, in Großenbaum. Eintritt 10 Euro.

Hier der Link zur Veranstaltungsankündigung bei Facebook.

Am 29. September geht es in Bissingheim beim Zum Hocker weiter.

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Bundesliga, ich komm‘ aus dir

Was Ralf Koss in der „MSV Duisburg Fußballfibel“ von Fußballspielen, Auswärtsfahrten mit Freunden und verloren geglaubten Spielen erzählt, stößt bei Fans aller Vereine eigene Erinnerungen an. Dabei heißt es, kein Verein in Deutschland verschafft seinen Anhängern mehr Aufregung als der MSV Duisburg. Was ein Datenspezialist mit komplizierter Formel errechnete, weiß der Schriftsteller seit jeher. Die Dauerkarte kennt Ralf Koss noch als Abrissblock während der 1970er Jahre. Damals hielt er die Zebras als Teilnehmer im UEFA-Pokal für unabsteigbar. Er feierte die Erfolge vom Lienen- und Funkel-Fußball der 90er ebenso, wie er später skeptisch auf das Wirken von Walter Hellmich schaute. Nun erzählt er in der „Fußballfibel MSV Duisburg“ die berührende, oft komische und tief emotionale Geschichte seines Lebens mit dem Herzensverein. Seine Erlebnisse und Erinnerungen geben Duisburg und dem Ruhrgebiet Kontur. Ein Fußballbuch, das zum Portrait der Region wird.

Eine Veranstaltung im Rahmen des Sonderprogramms Aufgeschlagen! des Landes Nordrhein-Westfalen

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Geschichten über gescheiterte Karrieren von Jugendfußballern kommen mir inzwischen wie ein Subgenre der Fußballberichterstattung vor. Besonders geeignet dafür sind solche Jugendnationalspieler, die als Senioren etwa in der der Oberliga landen. So ein Werdegang hat die passende Fallhöhe für Geschichten, die einerseits berühren, aber auch nicht allzu sehr beunruhigen. Denn natürlich hören wir von all den Anstrengungen der Jugendleistungszentren, für die jungen Menschen auch den Lebensweg ohne die Bundesligakarriere zu ermöglichen.

So bekommen wir bestätigt, wie hart die Auslese in der Profiwelt ist, während der Spieler selbst mit seinem unerfüllt gebliebenen Traum berührt. Zugleich bleibt der soziale Zusammenhang unangetastet. So ist nun mal die Welt. Nicht jeder kann zu den Allerbesten gehörten. Im versöhnlichen Ende gewinnt der Fußball in der Spielerbiografie seine Kraft zurück, weil bei Ausbildung oder Studium mit der Unterstützung durchs verdiente Geld mit Oberliga-Fußball alles einfacher wird.

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Senad Jarovic war zwar kein Nationalspieler, aber bis zur U17 bei Fortuna Düsseldorf. Jetzt ist er 24 und spielt wie nebenan ablesbar bei Sloboda Tuzla in Bosnien-Herzegowina, für ihn als Senior bereits sein neunter Verein. Kürzlich las ich in der ZEIT eine längere Geschichte über ihn von Henning Sußebach (hinter der Paywall).




Senad Jarovics Weg geht nicht in einer so leicht zu deutenden Geschichte auf. Sein Traum, Fußballprofi zu werden, mündete in den Beruf des Fußball-Wanderarbeiters. Zu Zweitliga-Zeiten unter Walter Hellmich gab es solche Spieler auch in Duisburg. Deren Namen erinnere ich nicht mal mehr ohne Hilfe aus dem unerschöpflichen Datenschatz des Netzes. So viele Zufälle spielten bei der Karriere eine Rolle, neben Trainerwechseln auch das Vetrauen in Spielerberater, die statt in Deutschland in Südosteuropa ihre Kontakte besitzen. Er verdient nicht viel Geld in Bosnien-Herzegowina. Dennoch übt er den Beruf aus, den er anstrebte. Das ist ein anderer Weg als einer in Deutschland. Er rückt die ökonomischen Hintergründe des Gegenwartsfußballs mehr in den Blick. Er führt zudem zu der Frage nach dem Sinn und was Zufriedenheit mit dem Leben bedeutet.



Davon ab habe ich kurz besonders aufgemerkt, als ein Datenanalyst in Deutschland nach der Spielstärke Senad Jarovics befragt wurde. Der meinte, er könnte zumindest ein Zweitligaspieler sein. Girth war schon verletzt, und es war absehbar, wie schwer es für den MSV in der Offensive wird. Jarovic ist wohl ein spielender Mittelstürmer, technisch sehr gut, aber weniger Kopfballstark, als es sein Größe erwarten lässt. Der braucht nur das passende Umfeld. Ein Portrait als Bewerbungsunterlage – vielleicht sollte ich Ralf Heskamp den Link zum Artikel schicken.



Und nun zu etwas anderem: einmal mehr gilt, jede Geschichte hat eine Vorgeschichte. Bislang dachte ich, Trikotwerbung habe Günter Mast zuerst in Deutschlands Fußballwelt ausprobiert, als er das Jägermeister-Emblem bei Eintracht Braunschweig einführte. Doch dort blieb Trikotwerbung nur das erste Mal unangetastet. Schon 1967 hatte es einen Versuch bei Wormatia Worms gegeben, Trikots mit Werbung zu versehen. Deutschlandfunk Nova widmete diesem Geschehen Eine Stunde History – als Podcast bei den üblichen Anbietern oder hier abrufbar in der ARD-Mediathek. Allerdings geht es in der zweiten Hälfte kaum mehr um die Historie, sondern um die Gegenwart. Von Grundlagen des Sponsorings erzählt der unvermeidliche Experte aus der Branche. Viel Substanz kommt nicht dabei herum. Dass Verein und Unternehmen zusammen passen müssen, ist kein nur Experten vorbehaltenes Wissen.



Über Trikotsponsoren und über die Halbjahresengagements von längst vergessenen Profis beim MSV können wir übrigens auch persönlich sprechen. Entweder am kommenden Donnerstag nach der Lesung im Gleis 3 um 20 Uhr in Großenbaum oder eine Woche später, am 29., bei gleichem Anlass in Bissingheim, im „Zum Hocker“. Dort beginne ich um 19.02 Uhr mit meinem Programm zur Fußballfibel MSV Duisburg „Bundesliga, ich komm‘ aus dir“ – Geschichten aus einem Leben mit den Zebras.

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Haben wir uns alle wieder im Griff zwei Nächte nach der 2:1-Niederlage gegen Rot-Weiß Oberhausen im Niederrheinpokal? Schaffen wir es mit ein wenig Abstand, auch etwas sachlicher über diese Niederlage nachzudenken? Nicht dass wir uns missverstehen. Ich war am Freitag sehr enttäuscht. Ich habe mich geärgert über die so schwache Offensive der Zebras. Ich habe geschimpft. Nach dem Abpfiff kam der Ärger über einen Teil der Kurve hinzu, der die Spieler mit Gegenständen bewarf. Am Tribünenzaun neben dem Spielertunnel hätte sich jemand am liebsten mit Bouhaddouz geprügelt. Angepackt hatte er ihn schon. Was für Zustände wenige Wochen nach dem Saisonstart.



Am Samstag setzte sich mein Ärger aber fort, als ich mir die Pressekonferenz nach dem Spiel ansah. Torsten Ziegner redetet sich in kontrollierte Rage. Fehlende Leidenschaft war das Leitmotiv seiner Tirade. Benzin ins Feuer auf den Rängen ist das passende Bild dazu, und ich muss sieben Jahre nach der Niederlage gegen RWO im Niederrheinpokal der Aufstiegssaison wieder einen Trainer erleben, der seine Mannschaft dem Volk zum Fraß vorwirft.

Mich hat er überhaupt nicht überzeugt mit seiner Tirade. Leidenschaft hat mir in dieser so von ihm wahrgenommenen, übersteigerten Form nicht gefehlt. Ich habe damit eine Minderheitenmeinung, das ist mir schon klar. Ich will sie also mal begründen.

Vor vier Wochen etwa habe ich RWO im Ligaspiel gegen Lippstadt gesehen. Es war ein miserables Spiel, das Unentschieden endete. Die Mannschaft gestern hat zwei bis drei Klassen besser gespielt, und damit sollte sich Torsten Ziegner vielleicht an sein kurzes Zögern auf der Spieltags-PK erinnern, als er gefragt wurde, ob er seine Mannschaft als Favorit ansehe. Natürlich musste er sich dazu bekennen, doch wie er seine Antwort einpackte, zeigte auch, ganz so klar waren die Verhältnisse nicht. Vor der Saison wollte RWO um den Aufstieg mitspielen.

RWO begann das Spiel am Freitag, wie wir es in Duisburg aus unseren Spielen gegen höherklassige Mannschaften im DFB-Pokal kennen. Erinnert ihr euch noch an die erste halbe Stunde im Spiel gegen Hoffenheim? Zwei Ligen höher damals. In dieser ersten halben Stunde haben wir den Gegner dominiert. RWO hat den MSV zunächst nur 20 Minuten in die Bredouille gebracht. Mir ist ein Rätsel, wieso ein Trainer bei dieser Konstellation von fehlender Leidenschaft in den ersten 20 Minuten spricht. Die Wucht der klassenniedrigeren Mannschaft mit Aufstiegsambitionen musste erstmal ausgehalten werden. Das haben die Zebras geschafft. Nach etwa 20 Minuten kam das Spiel in ein Gleichgewicht. Dennoch gelang den Oberhausener Spielern technisch fast alles, was in dem Spiel der Liga zur Lachnummer wurde.

Symbolhaft war für mich ein langer Ball RWOs auf den rechten Flügel. Eigentlich kam der zu kurz. Er fiel dem Oberhausener Leichtathleten unter den Fußballern auf den Rücken in Schulterhöhe. Doch der Spieler konnte die Geschwindigkeit des Passes mit einer Schulterdrehung zur Vorlage für sich selbst machen, ein fußballerischer Trick höchster Güte, der ihm zwei Meter Vorsprung vor seinen Verteidiger gab. Wie oft gelingt das? Die Spieler von RWO waren in einem Flow, der erst einmal gebrochen werden musste. Das gelang aus meiner Sicht, und das hat mit Leidenschaft zu tun.

Schauen wir nun auf das, was die Zebras aus diesem Gleichgewicht in der Offensive machten. Die vornehmliche Lösung für die Frage, wie komme ich in den Oberhausener Strafraum, hieß Flügelspiel. Es gab einige Flanken auf die andere Seite des Strafraums oder Pässe auf Verdacht in den Rückraum. Dummerweise war der Strafraum in solchen Momenten gut gefüllt mit Oberhausener Spielern. Die Pässe auf Verdacht gingen ins Nichts. An jeden hoch geschlagenen Ball kam zuerst ein Oberhausener Spieler. Mit mehr Leidenschaft ist dieses Problem leider überhaupt nicht zu lösen. Da müsste es mehr Glück durch Zufall heißen. Vielleicht könnte man von der Hoffnung auf einen besseren Instikt der Zebra-Stürmer sprechen, der zum fußballerischen Können gehört.

Zu Beginn der zweiten Halbzeit war der Ausgang des Spiels eine offene Angelegenheit. Blicken wir wieder auf die Leidenschaft und nehmen wir erneut eine andere Perspektive ein. Zeugt die Rote Karte für Ajani vielleicht von zu viel Leidenschaft? Da will einer auf jeden Fall an den Ball kommen, sieht vorne und hinten nichts, hebt das Bein und schon ist es zu hoch. Wie war das mit Sebastian Mai und der Leidenschaft? Gibt es vielleicht auch eine Kehrseite dieser so grundweg positiv angesehenen Einstellung zum Spiel? Was passiert, wenn Spieler mit Leidenschaft und Charakter über ihre Grenzen gehen. Denn das ist ja die Voraussetzung des Spiels, das momentan vom Trainer verlangt wird. Kann das zu Unfallverletzungen der Spieler führen? Eine Frage für die Sportwissenschaftler, die ich nur stelle, damit klar ist, so einfach ist das mit der Leidenschaft nicht.

Die Rote Karte verunsicherte. Es fiel das Gegentor. Wie sollte diese Mannschaft mit dieser Spielanlage den Ausgleich erzielen? Ich sah keine Chance, aber den Willen zum Ausgleich, den sah ich. Erst nach dem zweiten Tor der Oberhausener begann das vogelwilde Spiel mit langen Bällen. Normalerweise brauchen diese langen Bälle mehr Glück zum Erfolg als ein Passpiel über die Flügel etwa. Beim MSV war das anders. Erst die langen Bälle brachten endlich Torgefahr und Durcheinander in der Oberhausener Defensive. Nicht genug, wie wir wissen. Doch werden wir mit dem wilden Anrennen an die Struktur erinnert. Denn auch zu dem Zeitpunkt habe ich Leidenschaft wahrgenommen.

Leidenschaft braucht eine Struktur, die sie sinnvoll erscheinen lässt. Es muss doch auf den Rängen genügend Mannschaftssportler geben, die aus eigener Erfahrung, egal in welcher Sportart, dieses vergebliche Mühen kennen und die innere Erschöpfung durch Vergeblichkeit. Mangelnde Leidenschaft als Grund für diese Niederlage zu benennen, ist für mich so unergiebig, dass ich mir über die nächsten Wochen am liebsten gar keine Gedanken mehr machen möchte. Spieler brauchen eine Struktur des Spiels, das ihrem Können gemäß ist. Natürlich machen die vielen Ausfälle es schwierig, die Struktur aufrecht zu erhalten, an die gedacht war. Dann brauchen wir einen Trainer, der erklärt und um Geduld bittet für den eingeschlagenen Weg.

Was wir nicht brauchen, ist der Verweis auf die populistische Münze Leidenschaft. Wir sollten uns an die Binse des Gegenwartsfußball erinnern, dass die Qualitätsunterschiede zwischen „großen“ und „kleinen“ Mannschaften geringer geworden sind. Die Stimmungsextreme im Ruhrgebietsfußball machen das Arbeiten hier schwer. Kontinuierlich etwas aufbauen, heißt es immer wieder. Im Ruhrgebiet kaum möglich. Natürlich höre ich darauf die Erwiderung jetzt schon, was haben wir für Jahre mit solchem Gerede hinter uns. Wir arbeiten aber gerade die Konzeptionslosigkeit der letzten Ivo-Jahre ab. Ich wünsche mir dafür einen Trainer, der sich darüber im Klaren ist und der die Schwächen seines Kaders der Öffentlichkeit in moderierender Form nahe bringt. Das ist ein Seiltanz, weil er sie nicht benennen darf und er doch den Blick für die Wirklichkeit öffnen muss. Und diese Wirklichkeit bedeutet mehr als Leidenschaft und Charakter. Dazu gehört die Struktur des Spiels. Beides steht in einer Wechselwirkung zueinander. Momentan höre ich einen Torsten Ziegner, der ersteres als Voraussetzung von zweitem ansieht. Das macht mir Bauchschmerzen – viel zu früh in der Saison.

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Sicher, man kann sich entscheiden, ob man jetzt jeden unbedingt regelmäßig sehen muss. Mancher bricht ja sogar den Kontakt zu den Eltern ab. Aber sie bleiben deine Eltern. Der du bist, bist du auch durch sie. Neben vielem anderen. So ähnlich geht es mir mit dem MSV.

Ralf Koss alias Kees Jaratz: Fußballfibel – MSV Duisburg, Culturcon medien, 2022​

Meine kleine Septembertournee mit dem Buch über mein Leben mit den Zebras seit den 70ern bis heute geht am Donnerstag in Bissingheim zu Ende. Momentan machen wir uns den Spaß mit den Zebras eben selbst. Meinen Teil trage ich diese Woche dazu bei mit der Lesung aus der MSV Duisburg Fußballfibel am Donnerstag, den 29. September, 19.02 Uhr, im Zum Hocker, Vor dem Tore 76 , in Bissingheim. Eintritt frei.

Hier der Link zur Veranstaltungsankündigung bei Facebook.


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Bundesliga, ich komm‘ aus dir

Was Ralf Koss in der „MSV Duisburg Fußballfibel“ von Fußballspielen, Auswärtsfahrten mit Freunden und verloren geglaubten Spielen erzählt, stößt bei Fans aller Vereine eigene Erinnerungen an. Dabei heißt es, kein Verein in Deutschland verschafft seinen Anhängern mehr Aufregung als der MSV Duisburg. Was ein Datenspezialist mit komplizierter Formel errechnete, weiß der Schriftsteller seit jeher. Die Dauerkarte kennt Ralf Koss noch als Abrissblock während der 1970er Jahre. Damals hielt er die Zebras als Teilnehmer im UEFA-Pokal für unabsteigbar. Er feierte die Erfolge vom Lienen- und Funkel-Fußball der 90er ebenso, wie er später skeptisch auf das Wirken von Walter Hellmich schaute. Nun erzählt er in der „Fußballfibel MSV Duisburg“ die berührende, oft komische und tief emotionale Geschichte seines Lebens mit dem Herzensverein. Seine Erlebnisse und Erinnerungen geben Duisburg und dem Ruhrgebiet Kontur. Ein Fußballbuch, das zum Portrait der Region wird.

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Die Menschen sind verschieden, aber Fußballtrainer auch. Einer der Portalisten hatte nach der NIederlage gegen RWO schon ironisch auf die Nationalelf verwiesen, wo Hansi Flicks Mannschaft genauso an ihrer Aufgabe im Spiel gegen Ungarn gescheitert war wie die Zebras gegen RWO. Ich weiß nicht mehr, ob im Ziegner- oder im Nach-dem-Spiel-Thread.

Heute morgen nun habe ich einen Text zu Flicks Umgang mit dieser Niederlage in der Süddeutschen Zeitung gelesen. Dabei wurde Torsten Ziegners Situation gleich mit abgehandelt. Ergebnis ließ sich vermuten: Hansi Flick und Torsten Ziegner folgen bei gleichen Voraussetzungen einem anderen Stil der Menschenführung. Es wird euch nach meinem Text vom Sonntag nicht überraschen, Flicks Stil halte ich besonders zu diesem Zeitpunkt der Saison für angemessener als den von Torsten Ziegner.

Der entscheidende Satz ist der letzte in dem Abschnitt. Auch Torsten Ziegner hat keine anderen Spieler. Schon vorgestern hoffte ich, dass er intern seine Worte einordnet, im besten Fall in Teilen zurücknimmt. Die auch von Torsten Ziegner beschworene Gemeinschaft entsteht, wenn der Trainer mit ihm Boot ist. Diese Saison ist einfach noch viel zu lang für Risse in der Gemeinschaft.


Süddeutsche Zeitung, 26. September 2022

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Wenn Hoffnungen sich erfüllen, beginnt ein Tag mit guter Laune. Vorhin habe ich die Pressekonferenz des MSV vor dem Spiel gegen den Halleschen FC gesehen, und Torsten Ziegners Worte erleichtern mich sehr. Er ordnet seine Anklage an die Mannschaft nach der Niederlage gegen RWO ein. Aus der Enttäuschung heraus habe er bewertet. Da könne man auch mal falsch liegen. Einsatz hätten die Spieler gezeigt. Solche Worte hatte ich mir erhofft, weil mich Ziegners erste Reaktion nach der Niederlage sehr sorgte. Aus zwei Gründen: zum einen hatte ich die Mannschaft nicht so leidenschaftslos erlebt wie ihr Trainer. Zum anderen hoffe ich immer auf Kontinuität der Arbeit im Verein, die nur mit Ruhe und Geduld entsteht. Letzteres ist im Ruhrgebiet immer schwierig zu gewährleisten. Die Publikumskultur beim MSV lässt sich nur über einen langen Zeitraum beeinflussen, wenn überhaupt. Die Arbeit für die Ruhe und Geduld muss im Verein selbst beginnen. Auch mit den geeigneten Worten an besagtes Publikum.

Hansi Flick hatte am selben Tag nach einem ähnlich enttäuschenden Erlebnis ein gutes Vorbild gegeben. Wir Anhänger und die Spieler lernen Torsten Ziegner nun also näher kennen. Er scheint ein emotionaler Mensch zu sein mit der Fähigkeit, die Worte von gestern sachlich auf ihre Gültigkeit hin zu überprüfen. Einen weiteren Hinweis auf diese Eigenschaften ergeben sich durch die Fragen der Journalisten aus Halle auf der Spieltags-PK. Sie fragten Torsten Ziegner und den ebenfalls anwesenden Ralf Heskamp auch nach rückblickenden Bewertungen auf ihre gemeinsame Zeit in Halle. Was hätte damals besser sein können, fragten sie Ziegner sinngemäß. Der antwortete, er sei zu ungeduldig gewesen im Moment des Erfolgs, er hätte von seiner Mannschaft zu viel verlangt.

So eine offene Bewertung schafft Energie für Entwicklung. Großer Ehrgeiz als Grund für solche Ambitionen liegt nahe. Dieser große Ehrgeiz ist weiter vorhanden, wie die RWO-PK beweist. Dass Torsten Ziegner mit dieser Eigenschaft inzwischen anders umgeht, zeigt die PK vor dem Spiel gegen Halle. Im offenen Austausch mit den Spieler zu sein, die eigenen emotionalen Bewertungen mit Abstand neu zu betrachten, das stärkt den Zusammenhalt zwischen Kader und Trainer – die grundlegende Voraussetzung für Erfolg.

Natürlich gibt es jetzt auch MSV-Anhänger, die Ziegners Worte als Zurückrudern bewerten. Sie sind enttäuscht, dass mit den Spieler nun doch nicht Tacheles geredet wurde. Leicht zu finden sind sie im MSVportal. Mit diesen Stimmen klingt die Sehnsucht nach dem „harten Hund“ als Trainer an. Im Ruhrgebiets-Alltag begegnen sich Menschen rau und direkt, doch mit Herz. So sehen wir uns gerne. In Konflikten verwandeln sich diese als positiv empfundenen Umgangsformen schnell in Mittel der Macht. Dann wird direktes Sprechen mit dem Zwang zur Unterordnung verwechselt. Dann wird dem Gegenüber Druck gemacht. Dann muss einer durch Worte spüren, er soll parieren. Auch solche Unterordnung ist tief in der patriachalischen Kultur des Ruhrgebiets verankert. Dabei wird vergessen, mit der Demonstration von Macht, mit autoritärem Gehabe wurden oft Hilflosigkeit und Schwäche verdeckt.

Ich bin froh, dass Torsten Ziegner so eine Form von Autorität anscheinend nicht braucht. Ich bin froh, dass er auch den Austausch mit Spielern als Teil seiner Arbeit ansieht, und ich bin froh, dass er um seine fehlerbelasteten Bewertungen in emotionalen Situationen weiß. Ich hoffe, er überzeugt mit seinen offenen Worten zur Sachlichkeit als Grundlage für seine Arbeit einen möglichst großen Teil des Duisburger Publikums. Der MSV und wir Anhänger brauchen Geduld für die mittelfristigen Ziele des Vereins. Dass ein kurzfristiger Sieg am Samstag dabei sehr helfen würde, versteht sich von selbst.

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Hohe Bälle in den Strafraum,
hin und wieder auch zum Flügel.
Büschel Gras in Seenlandschaft
formen kleine Inselhügel.

Dieses Spiel war wie das Leben.
Alles bleibt Kontrollversuch.
Stets kommt irgendwas dazwischen.
Fehler, Zufall, Hilfsgesuch.

Daran Gutes zu erkennen,
braucht schon auch ein Kopfballtor.
Erst Erfolg macht leicht verdaulich,
was uns schwer schien kurz zuvor.

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Zwischen März und Juni war der Martin Wedau in mir wieder gefragt. Ihn, den Kollegen Koss – und mich nur am Rande – beschäftigte der sprichwörtliche zweite Blick, in dem Fall auf Duisburg.

Unsere Autoren-Arbeitsgemeinshaft wollte übersehene Details im Bekannten entdecken und sich in den weniger besuchten Ecken der Stadt umschauen. Sie fragte Duisburger nach Orten, denen sie mehr Aufmerksamkeit wünschten. Wir spazierten mit einem anderen Bewusstsein durch die Stadt. All das führte zu interessanten Geschichten und manchem auch uns neuen historischen Wissen über Duisburg.

Nun ist das Buch erschienen. Die Fotos geben einen ersten Eindruck.

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Martin Wedau
Duisburg auf den zweiten Blick. Der besondere Stadtführer zu den verborgenen Schätzen.
Taschenbuch, ‏ 160 Seiten
ISBN: ‎ ‎ 978-3837524680
€ 18,95

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Halbzeitpausengespäch: Jetzt erschienen – Duisburg auf den zweiten Blick

Als ich gestern bei Facebook den schnellen Einblick ins neue Buch meines Alter Ego Martin Wedau, Duisburg auf den zweiten Blick, teilte, wurde kurioserweise ein älteres Pressefoto von Iggy Pop als Vorschaubild gezeigt. Das kam im Text nicht vor und ließ mich kurz über Algorithmen nachdenken. Denn das Foto gibt es im Archiv des Zebrastreifenblogs.


2009 hatte ich im September über die verblüffende Ähnlichkeit zwischen Bruno Hübner und Iggy Pop geschrieben. Damals hatte ich ein großariges Konzert von Iggy „Bruno“ Pop bei der Ruhrtriennale gesehen. Andere Zeiten, anderes Festivalprogramm. War es nun dieser Text, der irgendeinen Allgorithmus das Foto finden ließ? Schließlich folgt dem Text ja auch ein mehrmaliges Betrachten des abgebildeten Gesichts, also zweite Blicke?

Ist das einer der Algorithmusfehler, denen wir in Zukunft ausgesetzt sind? Harmlos in dem Fall, sicher. An sozial relevanten Stellen aber eben auch nicht. Dort geht es um Chancen in dieser Gesellschaft, die auch immer mehr von Algorithmen bestimmt werden. Eines der Standardbeispiele der Algorithmus- und KI-Kritik sind etwa Kredite, die nicht vergeben werden, weil Algorithmen die Lebensumstände gewichten. Da kann der Wohnort zum Nachteil werden. Eine Wirklichkeit entsteht, die niemand mehr begreift, weil die Algorithmen zu komplex sind. Verantwortung ist dann ausgelagert an ein System, das an die höheren Wesen früher Zeiten erinnert. Archaische Gesellschaften lassen grüßen. Neue, noch weit unverstandene Formen der Klassengesellschaft entstehen. Da will man mal eben die letzte Arbeit ein wenig bekannter machen und schon landet man bei den großen Fragen der Gegenwart.

Allerdings holt uns die nächstliegende dieser Fragen wieder in sehr viel alltagsnähere Zustände zurück. Kann der MSV morgen in Elversberg bestehen? Dass es diese Frage nach dem fulminanten Saisonstart des Aufsteigers und der mäßigen Offensivkraft der Zebas in den letzten Wochen gibt, liegt auch am SV Elversberg selbst. Manchmal läuft die Angriffsmaschinerie dieser Mannschaft in letzter Zeit auch etwas unrund. Darauf hoffen wir natürlich, und dass der MSV mit dem Stören der Automatismen dort im Saarland erfolgreich ist. Über die Offensive denke ich immer noch nicht weiter nach. Da gab der Sieg gegen Halle keine Aufschlüsse über die Entwicklung. Aber ein Tor in einem Spiel kann jeder Mannschaft gelingen in der 3. Liga. Insofern ist alles drin in Elversberg.


Gleicht geht es für mich dorthin, ins Saarland. Eigentlich war ein Umweg über Trier geplant, um Pott-Exilanten dort zu später Zebra-Liebe zu bekehren. Nun haben sie anscheinend Angst vorm Verlieben und sind einfach vorher krank geworden. Sie können morgen nicht in Stadion mitkommen. Morgen waren also zwei Karten frei. Nun hat sich gerade innerhalb kurzer Zeit schon jemand zur Übernahme gemeldet. Ein gutes Vorzeichen, das ist mal klar. Übergabe am Stadion. Zeit: Irgendwann vor dem Auswärtssieg.



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Das Spiel des MSV beim SV Elversberg war für mich Anlass zu einem Wochenendausflug ins Saarland. Die Niederlage zeichnete sich schon ab der vierten oder fünften Minute ab. Nur die Höhe stand noch nicht fest. Kombinationsfußball mit Chance auf Chance gegen Hauruckfußball mit schwimmender Defensive. Alleine Glück hätte diese Niederlage verhindern können.

Denn nur Glück konnte die Angriffe des MSV in eine Torchance verwandeln. Ohne diese Zutat funktionierte der Offensivplan nicht. Ich meine, gar nicht. Also, überhaupt gar nicht. Nichtser als nicht. Auch lang geschlagene Bälle brauchen ein Minimum an Zusammenspiel, da es in der Zone vor dem gegnerischen Strafraum auch Elversberger Defensivspieler gibt. Ein zweiter Spieler des MSV, der den Ball in der Offensive berührte, hätte schon Jubelstürme auslösen können. Man muss auch mal mit kleinen Erfolgen zurfrieden sein. Offensichtlich fehlte das Glück. Nicht das Spielglück. Sondern diese Art Glück, auf das wir in Lotterien hoffen, jenes, was einfach vom Himmel fällt und nicht durch gutes Handwerk wahrscheinlicher gemacht wird. Auf solch ein Glück lässt sich nicht zählen. Entsprechend hoffnungslos sah ich dieses Spiel.

Ich merke schon, sobald ich Worte für die Niederlage des MSV gegen Elversberg finde, bekomme ich schlechte Laune. Dabei habe ich sonst ein schönes Wochenende erlebt. Lasst mich also lieber das Spiel in Bildern erzählen. Das macht mehr Spaß.

Kulturprogramm Dorfmitte Elversberg





MSV-Fans aus Koblenz belebten Elversberger Dorfmitte.



Eine Stunde vor dem Spiel sind SVE-Präsident und Kohorte da




Die Hoffnung vor dem Spiel war groß, doch die dunklen Wolken hätten Böses ahnen lassen können




Während des Spiels hatte ich keine Lust zu fotografieren, deshalb nur Symbolbilder.

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Oben links: Duisburger Defensive in erster Halbzeit beim Versuch Elversberger Schussversuche zu verhindern.
Oben Mitte: Aussicht bei Duisburger Angriffen aufs Elverberger Tor.
Oben rechts: Zustand Zusammenspiel in Elversberger Hälfte.
Unten: Spielanlage MSV

Hoffnung Zukunft: Ob Aufzug oder MSV – Es geht voran.

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Eva Lacour und Hartwig Mau

2011 erschien „Halbes Brot“, der erste übersetzte Roman von dreien, in denen Fakir Baykurt (1929 – 1999) in den 1980er Jahren von der Lebenswelt Duisburgs erzählte. Am Dienstag nun wurden mit „Vater Rhein“ und „Hochöfen“, die zwei weiteren seiner in Duisburg spielenden Romane, in der Stadtbibliothek Duisburg im Rahmen einer Lesung durch die Übersetzerin Eva Lacour und den Übersetzer Hartwig Mau vorgestellt.

Der in der Provinz Burdur aufgewachsene Fakir Baykurt war schon in der Türkei als Schriftssteller erfolgreich gewesen, als er 1979 mit einem Stipendium nach Deutschland kam. Er schrieb realistische Romane über die bäuerliche Wirklichkeit seine Heimatlandes und erhielt Literaturpreise. Sein literarischer Stil wurde durch die mündlichen Erzähltradtionen der Landbevölkerung bestimmt. Sein realistischer Blick auf Menschen und Verhältnisse machte seine Literatur zur Sozialkritik.


Wahrscheinlich führte auch der Militärputsch in der Türkei 1980 dazu, dass der politisch engagierte Fakir Baykurt in Deutschland blieb. Statt mit dem bäuerlichen Leben beschäftigte er sich nun dauerhaft mit der Wirklichkeit der Migranten als Industriearbeiter. Doch Fakir Baykurt blickte über das Migranten-Milieu hinaus. Mit seinem Personal erzählte er allgemeine Geschichten über die Ruhrgebietswelt mit ihren Menschen aus verschiedenen Herkünften. Er nahm die Erzählhaltung jener deutschen Autorinnen und Autoren der Gegenwart vorweg, deren Großeltern oder Eltern aus der Türkei gekommen waren. Fakir Baykurt empfand sich als zugehörig zur deutschen Gesellschaft. Er beschrieb nicht von außen, sondern erzählte aus ihrem Inneren heraus. Institutionen und öffentliche Personen Duisburgs in den 80ern tauchen ebenso auf wie historische Erklärungen für Teilgeschehen der Romane. Für Fakir Baykurt war das migrantische Milieu Teil der Stadtgesellschaft. Es gehörte dazu. Seine Romane zeigen mit einem sozialkritischen Realismus ein Ruhrgebiet, das es in den 1980er Jahren im Literaturbetrieb schwer hatte. Diese Literatur, auch von deutschen Autoren geschrieben, wurde von der Kritik kaum wahrgenommen, geschweige denn öffentlich wertgeschätzt. Der bundesweite Erfolg Max von der Grüns in den Jahren davor war nur die Ausnahme von der Regel.

Wer heute die drei Romane von Fakir Baykurt liest, lernt Duisburger Wirklichkeit detailreich kennen. Diese Stadt steht aber stellvertretend für sämtliche Großstädte Deutschlands mit migrantischer Kultur. Fakir Baykurt erzählt von Rassismus ebenso wie von der Umweltverschmutzung durch die Industrie und den schlechten Arbeitsbedingungen dort. Er erzählt aber auch von gelingenden Begegnungen zwischen den Kulturen, von Irrtümern und Annäherungen. Fakir Baykurt muss bei aller Kritik an den Verhältnissen seiner Gegenwart ein optimistischer Mensch gewesen sein. In seinen Geschichten folgen Figuren oft einem kulturübergreifenden Humanismus. Gelingendes Zusammenleben in Verschiedenheit gibt es in seinen Romanen, ohne dass er ein träumerischer Idealist gewesen wäre. Er kennt hemmende Befindlichkeiten ebenso wie die um des lieben Friedens Willen verschwiegenen Vorurteile.

Die „Duisburg-Trilogie“ von Fakir Baykurt – das lässt sich leicht merken, um in Buchhandlungen danach zu fragen. Die Trilogie kostet nur 50 Euro. Dem Verlag Dialog-Edition sei viel Nachfrage gewünscht. Das große Publikum am Dienstag bei der Veranstaltung vom Verein für Literatur Duisburg bewies, wie tief Fakir Baykurt sowohl in die türkische Comunitiy als auch in die Mehrheitsgesellschaft Duisburgs hinein gewirkt hat. Seine Romane gehören in den Kanon einer Literatur des Ruhrgebiets.



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Ihr erfahrt es als erste. Demnächst beginne ich eine Ratgeberreihe. Für das noch offene Pseudonym nehme ich gerne Vorschläge entgegen. Am ersten Buch der Reihe schreibe ich schon etwas länger. Arbeitstitel lautet: „Spielverein macht kein Problem – Glücklich leben, ganz bequem“. Im zentralen Kapitel des Buchs geht es um die loss-life-balance. So weit ich das sehe, gehört Duisburg schon seit geraumer Zeit in der Niederlagen-Erforschung zu den Städten mit dem höchsten Erfahrungswissen. Das muss einer mal etwas systematisieren.

Bestätigte Erkenntnis gestern, ein Tagesausflug in eine Stadt der näheren Umgebung wiegt eine Niederlage weit weniger auf als ein Wochenendaufenthalt in der weiter entfernten Gegnerstadt. Dabei machten die ersten 30 Minuten des Spiels vom MSV gegen den BVB II sogar Hoffnung, die Zebras könnten das Spiel erfolgreicher gestalten. Die Mannschaft kombinierte immer mal wieder. Chancen erspielte sie sich. Dieser Anblick war uns ganz fremd geworden: Ein Spieler im gestreiften Trikot im gegnerischen Strafraum, der aussichtsreich an den Ball kommt. Als im weiteren Verlauf aber kläglicher Abschluss auf unerklärbare Freiräume im eigenen Strafraum stieß, war die erneute Chancenlosigkeit in der zweiten Halbzeit nicht mehr allzu fern.

Das Führungstor der Dortmunder war fünf bis zehn Sekunden vorher erkennbar. Ich sah es, ehe das Tornetz sich ausbeulte. Wieso wird innerhalb des Strafraums der den Ball führende Dortmunder nicht angegriffen? Ich weiß nicht, wer Abstand hielt. Ein Verteidungsverhalten, dass außerhalb des Strafraums funktioniert, aber doch nicht so nah am Tor. Als ob der Dortmunder sieben, acht Meter vor dem Tor noch einmal abspielte.

Dem kurzen Aufbäumen Anfang der zweiten Halbzeit folgte der schnelle Antritt und der freie Raum zum zweiten Treffer der Dortmunder. Das Spiel war vorbei. Blieb nur noch der Spaß an einer spektakulären Bodycheck-Einlage von Marvin Bakalorz. Zwei, drei Meter flog der Ballführende Dortmunder zur Seite, als Bakalorz herangerannt kam und seine Schulter als Rammbock benutzte. Was hatte dieser Dortmunder auch eine Minute zuvor sehr unsauber einem Duisburger den Ball abgenommen. Der Schiedsrichter schien zu wissen, die zweite Aktion hing irgendwie mit der kurz davor zusammen. Um der Gerechtigkeit willen ließ er weiter spielen.

Alles weitere in Symbolbildern erzählt, weil es letzte Woche so viel Spaß machte. Irgendwie muss meine loss-life-balance ja wieder hergestellt werden.


Hoffnungsvolle Offensivaktionen in erster Halbzeit


Das Wupperaler Original Zucker-Fritz

BVB-Offensive vs. MSV-Defensive bei den Gegentoren




Spielanlage BVB vs Spielanlage MSV




Passhoffnung Offensive zweite Halbzeit

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Joker-Bilder, um Ärger über Ergebnis in sozial verträgliche Bahnen zu lenken




Stimmung unter MSV-Fans, nachdem sie meinen irgendwann erscheinenden Ratgeber gelesen haben

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An meine ersten Kolumnen zum MSV konnte ich mich bis gerade eben nicht erinnern. Nun stellte ich gerade bei den Recherchen für ein neues Buch fest, früher war mein hoffnungsvoller Blick in die Zukuft des MSV sehr viel deutlicher von einem pragmatischen Realismus gezeichnet als heute. Solche Sätze wie meinem jüngeren Ich damals kämen mir heute nicht mehr über die Lippen. DFB-Pokal auswärts in München, da ist doch alles drin. Und wenn dann verloren wird, nun ja. Vielleicht hat sich damals aber auch der Kees Jaratz im Ralf noch nicht wirklich zeigen können.

Damit mein Vater beim MSV und meinem Leben in Udenbreth auf dem Laufenden blieb, habe ich am 29. 10. 1974 bei einem Schullandheimaufenthalt mal schnell eine Postkarte geschrieben. Ob ich mit meinen Vermutungen richtig lag, werde ich dann demnächst in einer Geschichtskolumne schreiben. Oder ihr macht das sofort in den Kommentaren.

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Der Vertreter von Schauinsland Reisen Andreas Rüttgers hat im MSVPortal letzte Woche eine Diskussion ausgelöst, die bis heute vor sich hin mäandert. Im Wesentlichen geht es momentan noch um die Beurteilung der Arbeit von Ralf Heskamp. Für einige Zeit ging es auch um die Identität des MSV, aber meist in Abhängigkeit von Ralf Heskamps Wirken. Von Anfang an wurde Andreas Rüttgers von einem Teil der Anhänger darauf hingewiesen, was ihn offensichtlich bewegt, müsse intern bleiben und gehöre auf keinen Fall in die Öffentlichkeit.

Ich habe nicht jede Wendung des Diskussionsverlaufs nachvollzogen. Bis jetzt wollte ich im Blog auch dazu nichts schreiben. Bis jetzt dachte auch ich, je weniger Aufmerksamkeit diese Diskussion erhält, umso besser. Jede Unruhe rund um den MSV schadet dem sportlichen Erfolg. Folgende Binse sollten alle unterschreiben können, erfolgreiche Vereine sind auch deshalb erfolgreich, weil die Verantwortlichen im Fußballunternehmen ihren Vorstellungen gemäß, sich auf die notwendige Arbeit konzentrieren können. Unruhe im Umfeld macht es zudem schwieriger, die geleistete Arbeit möglichst sachlich zu bewerten.

Warum schreibe ich nun doch? Weil ohne wahrhaftiges Anerkennen der Diskussionsgrundlagen alle Aussagen der Diskussion verfälscht werden. Weil ich Andreas Rüttgers Ziel gutheiße, der MSV solle auch über den Fußball hinaus identitätsstiftend wirken. Weil ich auf ein besseres Verständnis für seine Rolle hoffe – bei ihm selbst und bei den Anhängern, die seine Aussagen als unhinterfragbare Werturteile über Arbeit beim MSV empfinden.

Wenn man den MSV als ein System betrachtet, so gehört Andreas Rüttgers zweifellos zum System. Er beeinflusst die Arbeit im Verein, selbst wenn er das selbst so nicht sieht und seinen Einfluss im Namen von Schauinsland Reisen auf das operative Geschäft immer wieder neu bestreitet. Für mich ist das der blinde Fleck von Andreas Rüttgers, der wiederum als Eigenschaft die Zusammenarbeit des MSV mit ihm bestimmen wird. So weit ich das lesend mitbekomme, ist er im Alltag des Fußballunternehmens auf vielen Ebenen immer wieder präsent. Er pflegt gute Konktakte zu unterschiedlichen Akteuren. Er machte Ivo Grlic gegenüber Vorschläge für neue Spieler, die der nicht berücksichtigte. Er möchte eine Vereinskultur der Gemeinsamkeit gelebt wissen.

Die Verantwortlichen beim MSV werden sowohl mit Aktivitäten als auch Haltungen von Andreas Rüttgers beschäftigt sein. Schließlich gäbe es den MSV ohne Schauinslande Reisen nicht mehr. Manche billigen einem Sponsor diese Art Einfluss zu, anderen ist das zu viel. Ich selbst glaube nicht an allgemein gültige Regeln, welche Form einer Zusammenarbeit von Sponsoren und Vereinen zum sportlichen Erfolg beiträgt. Abstrakt ließe sich sagen, jeder konstruktive Umgang miteinander fördert den Gesamterfolg. Konstruktiv kann man nur sein, wenn die Wirklichkeit mit all ihren Facetten wahrhaftig angesehen wird. Ich befürchte, im in den öffentlichen Diskussionen erkennbaren Selbstbild von Andreas Rüttgers ist ein Teil der Wirklichkeit nicht vorhanden. Unterschiedliche Vorstellungen über die Wege zum Erfolg lassen sich unter diesen Voraussetzungen nicht gut konstruktiv besprechen.


Ich habe keinen Zweifel daran, dass Andreas Rüttgers für den MSV nur das Beste will. Ingo Wald will auch das Beste, Ralf Heskamp sicher auch, Torsten Ziegner ohne Frage, wir Anhänger. Wie sieht das Beste aus? Die Zweite Liga? Ein Verein, egal in welcher Liga, aber mit einer Wirkung über den Fußball hinaus, die Duisburg lebenswert macht? Beides zugleich? Mit welchen Entscheidungen sind die unterschiedlichen Vorstellungen zu erreichen? Je länger der Weg dauert, desto schwieriger wird es, sich einig zu werden. Zum Glück gibt es festgelegte Verfahrensweisen, in denen Richtungsentscheidungen getroffen werden. So kommen wir zum großen Thema Philosophie, Konzept, das Andreas Rüttgers ebenfalls in den sozialen Raum geworfen hat. Das machte den Eindruck eines Bandenspiels mit Ralf Heskamp in der Nebenrolle.

Es gibt genau zwei Möglichkeiten, die von Andreas Rüttgers aufgeworfene Frage „Quo Vadis, MSV“ zu beantworten. Eine Diskussion im MSVPortal gehört nicht dazu. Stattdessen gehört solch eine Frage zunächst auf eine Mitgliederversammlung und in einem zweiten Schritt vielleicht noch in eine repräsentative Anhänger- bzw. Kundenbefragung.

Die Frage warf Andreas Rüttgers auf, weil er im Handeln des MSV momentan vermisste, was ein schriftlich vorhandenes Konzept verlangte. Inhaltlich will ich gar nicht weiter darauf eingehen, weil dieses Konzept ohnehin nicht öffentlich ist. Mich erstaunt nur die Vorstellung, dieses vom Verein vorgebene Konzept brächte sportlichen Erfolg. Denn jedes Wort dazu war so allgemein gehalten, dass es in meinen Augen schwer ist, sich nicht daran zu halten.

Für mich wird mit diesem Konzept das Pferd von hinten aufgezäumt. In anderen Vereinen erfolgreiche Konzepte wurden von den jeweils aktuell arbeitenden sportlich Verantwortlichen mitentwickelt. Daraus ergab sich sportlicher Erfolg, der schließlich als Vereinskultur wahrgenommen wurde. Anschließend erst konnte diese Kultur durch die Verpflichtung von geeignetem Personal lebendig gehalten werden. Dennoch veränderten neue Trainer so eine Kultur jeweils wieder ein wenig. Um ein sportliches Ziel zu erreichen, muss ein Konzept sehr konkret sein. Irgendwelche vermeintlichen Leitplanken tragen vielleicht zur Vereinsidentität bei, für den kurz- und mittelfristigen sportlichen Erfolg sind sie ohne Wert.


Andreas Rüttgers im MSV – Ein Exkurs

Andreas Rüttgers Engagement als Repräsentant von Schauinsland Reisen begann im Zeichen der Verständigung in einer Zeit, als ein Teil der Fanszene in vehementer Opposition zu den Verantwortlichen vom MSV standen. Als Sponsonrenvertreter kannte er die Innenwelt des MSV in Teilen. Zugleich brachte er den Anhängern viel Verständnis entgegen, weil er dort jene Energie von Gemeinschaft fand, die er im Fußball-Unternehmen MSV offensichtlich vermisste. Aus jener Zeit stammt sein Portal-Nick „Diplomat“. Dem schloss sich bald eine kurze Zeit der Präsidentschaft an, die auf mich als Aufbruch wirkte. Statt in der Rolle des Vermittlers zwischen Geschäft und Vereinskultur schlug er sich mit viel Gestaltungswillen auf die Seite der Vereinskultur. In dieser damaligen Konstellation gab es wenig Zweifel, dass er im MSV Ziele verfolgte, die von einem breiten Konsens getragen waren. Andreas Rüttgers gehörte zu den Guten gegenüber den Bösen in Nachfolge von Walter Hellmich, namentlich Roland Kentsch. Der Konflikt zwischen Verein und KGaA war vorhersehbar. Er endete im Rücktritt von Andreas Rüttgers, weil er gegenüber der Geschäftsführung kein Risiko für den Verein MSV eingehen wollte. Dass sein Rücktritt keinen Rückzug aus dem Verein bedeutete, wurde bald offensichtlich. Denn der Zwangsabstieg des MSV schuf jene Gemeinschaft im und um den MSV, für die sich Andreas Rüttgers schon zuvor hatte eingesetzt. Es gab nur ein einziges Ziel, das Überleben des MSV, und Andreas Rüttgers arbeitete diese Tage mit. Damals mussten Aufgaben auf möglichst viele Schultern verteilt werden. Funktionen im Verein und in der Geschäftsführung wurden nichtig. Gleiche unter Gleichen bewältigten die immense Aufgabe, den MSV zu retten. Vielleicht macht dieser Werdegang Andreas Rüttgers weiterhin vorhandenen Gestaltungswillen verständlicher.


Diese Vereinskultur steht nun auf einem anderen Blatt. Ich verstehe den Wunsch von Andreas Rüttgers, dieser MSV möge möglichst oft von sozialen Aktivität über den Fußball hinaus getragen werden. Die Wahrheit ist aber auch, damit erreicht er nur einen kleinen Teil des zurzeit möglichen MSV-Publikums. Einem Teil dieses Publikums geht es nämlich vor allem um den sportlichen Erfolg. Sonst wäre das Stadion voller. Sonst kämen die Menschen unabhängig von Niederlage und Sieg. Paradoxerweise bestimmen diese Zuschauer aber durch ihre Präsenz die soziale Bedeutung des MSV mit. Damit schreibe ich aber nun auch über inhaltliche Fragen der Diskussion. Was ich eigentlich gar nicht wollte. Machmal erkennt man, die Wirklichkeit und sich selbst darin nicht gleich ganz klar.

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Den MSV Duisburg kennt man in Deutschland als einen Fußballverein. Das ist mir am Samstagmorgen dann auch wieder eingefallen. Bis dahin hatte die Social-Media-Welt rund um den MSV mit Andreas Rüttgers im Zentrum immer mächtiger den Sport beiseite geschoben. Aber ich gehe gerne ins Stadion. Immer. Fußball wurde also auch noch gespielt. Zufrieden war ich mit dem 1:1 der Zebras gegen die SpVgg Bayreuth dann allerdings nicht, auch wenn ich das Spiel nicht ganz so schlecht gesehen habe wie die meisten anderen. Ballberührung innerhalb des Strafraums schien mir schon ein Fortschritt trotz der damit verbundenen fehlenden Torgefahr. Schließlich gab es auch schon Spiele, in denen bei Offensivaktionen der Strafraum eine Ballberührungsverbotszone für Zebras gewesen ist.

Angesichts dieses dürftgen sportlichen Geschehens, ist es kein Wunder, dass der MSV momentan auf andere Weise viel mehr Aufmerksamtkeit erhält. Damit wäre schon ein wichtiger Grund genannt, warum die Worte von Andreas Rüttgers in den sozialen Medien Anhänger des MSV so sehr berühren. Viele Anhänger nehmen einzelne Rüttgers-Sätze als Beleg, dass ihre Meinung über die schlechte Arbeit beim MSV von einer Tatsache bestätigt wird. Auf mich wirkt es sehr ironisch, dass die bei Andreas Rüttgers nach und nach immer deutlicher gewordene Kritik an Ralf Heskamp gar nicht auf die Gefährdung des versprochenen sportlichen Erfolgs abzielt, sonden auf das Missachten eines Konzepts, das dazu beitragen soll zwischen Anhängern und Verein eine vom sportlichen Erfolg unabhängige Verbindung entstehen zu lassen. Lustig, wie man aneinander vorbeireden kann.

So ist das aber mit öffentlichen Worten, wenn gar nicht so klar ist, was Ziele und Motive der Diskussionsbeteiligten sind. An den letzten 14 Tage öffentliches Reden über den MSV lassen sich so viele grundsätzliche Einsichten über die Möglichkeiten von öffentlicher Kommunikation gewinnen, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Mich treibt dabei eine Art Drang zur Wahrheit – die wir niemals vollständig wissen können, das ist schon klar. Verstehen in sozialen Medien ist eine kommunikative Höchstleistung. Ohne wahrhaftige Selbsterkenntnis der eigenen Sprecherposition ist Verständnis unmöglich. Es gibt keine Wahrheit im Falschen, um mal einen alten Kalenderspruch des aufklärerischen Denkens variiert zu zitieren.

Auf mich wirkt es so, als beginge Andreas Rüttgers einen alten Fehler derjenigen, die ihr erfolgreiches Handeln in einer anderen Branche auf den Fußball eins zu eins übertragen wollen. Er verweist gerne auf das Reiseunternehmen, wo Kundenkommunikation über Social Media selbstverständlich ist. Dort sind aber die Rollen genau bestimmt. Kunden und Anbieter tauschen sich aus. Im Fußball sind sie dagegen unscharf. Was Anhänger des MSV jeweils beim öffentlichen Sprechen jeweils sind, ist nicht ganz so klar. In ihrer Rolle vereint sich vieles. Vom Fan mit Erfolgssehnsucht, über Kunden oder Sponsorenskeptiker bis hin zum Amateurfußballer oder Lokalpatriot kann alles dabei sein. Auch Andreas Rüttgers eigene Rolle wirkt manchmal so, als gäbe es neben dem Sponsorvertreter auch einige nicht zu kleine Anteile eines führenden MSV-Funktionärs. Als Folge solcher Rollenunschärfe entstehen Unsicherheiten über Absichten und Motive der Sprechenden. Begründete Meinungen lassen sich so nicht bilden.

Allerdings unbegründete Meinungen lassen sich schon bilden. So entstand eine zweite Wirklichkeit des MSV für viele, die an der Diskussion teilgenommen haben – eine, die mit Andreas Rüttgers Worten erzählt werden kann. Zwar fehlten in der von ihm geschilderten Wirklicheit sämtliche Stimmen jener, über die von ihm gesprochen wurde. Manchem reichten diese Worte aber als Fakten durchsetzte Bestätigung einer zuvor schon gebildeten eigenen Meinung. Für andere blieben zweite Stimmen notwendiger Weise aus, was gegenteilige Meinungen nach sich zog. Nun ist es allerdings nicht so, dass im besten Fall diese anderen Stimmen aus dem MSV sich zu Wort melden könnten, damit alle sich der tatsächlichen Wirklichkeit annähern können. Völlig davon abgesehen, ob das sinnvoll wäre oder nicht, führt diese Überlegung nämlich zum Machverhältnis, das zwischen dem MSV und Andreas Rüttgers als Stellvertreter von Schauinsland Reisen herrscht – ein Machtverhältnis, das Andreas Rüttgers anscheinend als unerheblich ansieht. Denn immer wieder betonte er, der MSV habe frei gehandelt. Vielleicht steht dahinter die Geschichte der gemeinsamen Anstrengung nach dem Zwangsabstieg, wie ich sie am Freitag nachgezeichnet habe.

Dabei ergibt sich die Aufmerksamkeit für die Worte von Andreas Rüttgers alleine durch die Bedeutung von Schauinsland Reisen als Sponsor für den MSV. In anderen Städten verlaufen Konfliktlinien oft zwischen dem Verein und dem ausgelagerten Fußballunternehmen. Durch die besondere Geschichte des MSV nach dem Zwangsabstieg gibt es nun diese seltene andere Konfliktlinie. Ein Sponsor möchte ein Konzept gewahrt wissen, das im Verein entwickelt wurde und im Unternehmen nicht verfolgt wird. Das hat Andreas Rüttgers auf der Seite vom transfermarkt im MSV-Forum geschrieben. Weil er im MSVPortal momentan nicht schreiben kann, sucht er die Öffentlichkeit nun dort.

Was uns zu der Frage führt, warum soll dieses Konzept vom Sportdirketor eingehalten werden? Das ist die eigentlich interessante Frage. Als Zeichen für nachhaltiges Handeln und die ewige Treue zum MSV? Als Voraussetzung für Erfolg? Als integrative Kraft für eine Identität, die verloren gegangen ist? Einsichtige Gründe habe ich noch nicht gelesen. Wenn ein Konzept als Handlungsanweisung für den Erfolg einer Profimannschaft wirken soll, braucht es die Einbindung des höchsten sportlich Verantwortlichen also Ralf Heskamp. Wo wurde das Konzept verantwortet? In der KGaA? Im Verein? Wenn letzters zutrifft, hätte über das Konzept auf einer Jahreshauptversammlung gesprochen werden müssen. Im Unternehmen angesiedelt müsste es zuallererst um sportliche Fragen gehen. Dann braucht es keine floskelhaften Worte zu Leidenschaft und Identität. Das sind Fragen, die mich in Sachen Konzept zunächst interessieren, ehe die Frage nach dem Einhalten überhaupt nötig ist.

Momentan fällt mir die Vorstellung schwer, wie Ingo Wald und Andreas Rüttgers konstruktiv miteinander reden könnnten. Eine andere Frage, wie sehr müssen sie das? Vielleicht versteckt ja Andreas Rüttgers sein Wissen über die eigene Rolle, wenn er in Social Media unterwegs ist. Mehr noch hoffe ich aber bei Ingo Wald auf eine sehr eine grundlegende Eigenschaft der Diplomatie, das kalkulierte Übersehen und Ignorieren von Worten. Fünfe gerade sein lassen. Bei all dem, was Andreas Rüttgers geschrieben hat, eine anspruchsvolle Aufgabe. Insofern zeigt uns der Fußball einmal mehr, in diesem Sport geht es zu wie im richtigen Leben. Gesellschafts-, Medien- und Kommunikationswissenschaftler schaut mal auf den MSV Duisburg. Hier könnt ihr viel zur Gegenwartswirklichkeit forschen.

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So ist das mit dem Einmannbetrieb im Zebrastreifenblog. Ein geplanter, wichtiger Beitrag ist mir letzte Woche völlig aus den Augen geraten bei aller Aufgeregtheit dieser Tage um den MSV. Meine Aufmerksamkeit war auf die Gegenwart gerichtet mit ihrem Gerede über nicht befolgte nur oberflächlich bekannte Konzepte. Ich machte mir Gedanken über das Verhältnis von MSV und Andreas Rüttgers als Vertreter von Schauinsland Reisen. Ich musste klarkommen mit meiner Irritation darüber, wie sich Andreas Rüttgers in der Social-Media-Welt verhielt.

Diese Gegenwart rückte einen von mir geplanten Blick auf die Vergangenheit des MSV vollkommen in den Hintergrund. Ein weiterer ärgerlicher Nebeneffekt, wenn öffentlich wird, was intern hätte beredet werden müssen.

Wie schön wäre der Titel „Heute vor 120 Jahren“ gewesen. Seit August hatte ich alles dazu in meinen Entwürfen parat. Am 30. Oktober 1902 kündigte die Ruhrorter Zeitung nämlich für den 2. November das „erste öffentliche Fußballwettspiel“ des Meidericher SV an. Schon damals waren Leser an den Aussichten für die Mannschaften interessiert. Schon damals sind in den Journalistenworten die PK-Trainerworte der Gegenwart erkennbar. Denn „der Meidericher Spielverein hat es an fleißigen und tuechtigen Uebungen nicht fehlen lassen“. Alles in allem gut vorbereitet auf das Spiel gegen die Zweite von Preußen Duisburg. Einen Bericht vom Spiel habe ich in den online verfügbaren Zeitungen leider nicht gefunden. Das MSV-Archiv weiß da vielleicht mehr.


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Ein Fußballspiel nur, doch das ist das Leben. Schon lange habe ich eine Niederlage nicht mehr derart ungerecht empfunden wie das 0:1 gegen den FC Ingolstadt. Alles in mir bäumte sich gegen das Ergebnis auf. Nicht weil ich ein Unentschieden als leistungsgerecht ansah, sondern weil dieser FC Ingolstadt die Grenzen des Spiels so weit gedehnt hatte, dass ich bei einzelnen Handlungen tatsächlich an gute Sitten und die Moral denken musste. Nicht die Moral als Stimmung in der Mannschaft, sondern die des richtigen Handelns. Der FC Ingolstadt trat als abschreckendes Beispiel für Kinder auf. Denn denen erzählen wir ja, was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem anderen zu.

Es gibt schmutzige Siege des Gegners, die ich respektiere. Das sind Spiele, in denen beide Mannschaften mit allen kämpferischen Mitteln ausloten, wie weit sie beim betreffenden Schiedsrichter gehen können. Dann gibt es aber auch solche Spiele wie gegen den FC Ingolstadt. Dieser Gegner suchte jeden Moment auch außerhalb des eigentlichen Spielgeschehens Vorteile für sich. Spieler und Trainer beeinflussten den Schiedsrichter wider besseren Wissens. Für Schauspieleinlagen „Sterben nach zarter Berührung“ sind wahrscheinlich in jeder Trainingseinheit 15 Minuten beim Warmmachen vorgesehen. Wahrscheinlich gibt es in Ingolstadt einen Medienraum mit Filmchen und gar Biografien in Buchform von irgendwelchen Selfmade-Erfolgsheinis, in denen was von „Regeln brechen“ und „ich will ganz nach oben“ erzählt wird.

Wenn aus der Emotion heraus Spieler und Trainer sich beim Schiedsrichter in strittigen Momenten für sich einsetzen, kann ich das verstehen. Wenn diese Beeinflussung in klaren Situationen immer wieder geschieht, wird daraus für mich ein System der Täuschung. Das Wesen der Ingolstädter Spielweise lässt sich beispielhaft an einer Spielszene vor der Ingolstädter Bank erklären. Der Gegnertrainer Rüdiger Rehm stand dort an der Außenlinie. Genau in seine Richtung sprinten ein Spieler der Zebras und dessen Gegenspieler zum Ball. Der Ingolstädter ist einen Moment schneller und klärt ins Aus. Rüdiger Rehm hat freien Blick auf seinen Spieler, der den Ball berührt. Dennoch reklamiert Rüdiger Rehm den Ausball für seine Mannschaft. Ein Automatismus, der seine Haltung zur Moral im Spiel verrät.

In Ingolstadt hat sich offensichtlich eine Spielkultur entwickelt, die für den Erfolg die Grenzen moralischen Handelns verschiebt. Und jetzt komme mir keiner, die Welt des Fußballs sei nun mal so. Nein, die Welt ist nur dort so, wo Menschen das leben. Man muss nicht diesen Ausball reklamieren, in der Hoffnung, Linien- und Schiedsrichter fallen darauf rein. Man kann es auch sein lassen, weil dieses Reklamieren der Versuch eines Betrugs ist.

Was reden wir über eine korrupte FIFA, über eine WM in Katar? Dabei kann man leicht hehre Worte sprechen und sich gut fühlen. Schwieriger ist es dort, wo man selbst Einfluss hat. Der Fußball der Dritten Liga etwa gehört zwar zum System Fußball, gleichzeitig ist er viel greifbarer für uns, ist er uns näher und verweist auf einzelnes Handeln, dem Widerstand entgegen zu bringen ist. Dahinter steht natürlich das romantische Bild, ein System auch von unten beeinflussen zu können. Das beginnt für mich bei solch kleinen überschaubaren Entscheidungen, ob ich einen offensichtlichen Ausball des Gegners für die eigene Mannschaft reklamiere.

In einem bürgerlichen Roman wäre dieses Spiel ein Kapitel etwa in der Mitte der erzählten Handlung. In einem bürgerlichen Roman wüsste ich, das dicke Ende für die Ingolstädter wird noch kommen. In einem bürgerlichen Roman würde diese Mannschaft am Ende in jenem Moment scheitern, in dem sie erneut mit solch unlauteren Mitteln den Erfolg fast erreicht hätte. Dass in einem solchen von mir erzählten Roman der MSV im Rückspiel den Versuch des Wiederaufstiegs endgültig zum Scheitern bringt, brauche ich euch nicht zu erzählen.

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Solange der MSV nicht aufsteigt, hat mich der Fußball oberhalb der 3. Liga verloren. Deshalb stehe ich auch nicht vor der moralischen Entscheidung, ob ich mir die Weltmeisterschaft anschaue oder nicht. Eine solche mögliche Entscheidung gibt es in meiner Wirklichkeit nicht mehr. Sie besäße keinen symbolischen Mehrwert, weil mir der Fußball unabhängig vom MSV abhanden gekommen ist. Ein Fußball wie der der Nationalmannschaft steht als Unterhaltungsangebot neben anderen. Er begegnet mir aus Langeweile und nicht aus Interesse. Ich nehme nichts auf mich, um ihn zu sehen oder nicht zu sehen.

Davon ab fehlt dieser WM durch den unpassenden Zeitraum die für mein Leben nötige Dramaturgie. Es fehlt die Einstimmung durch den Abschluss einer Saison, die zunächst fußballlose Zeit und die allmähliche Zunahme der Bedeutung des Geschehen. All das zusammen macht diese WM für mich belanglos. Dennoch wird es Spiele geben, die ich sehe. Damit werde ich mich in den Widerspruch begeben, in dem die meisten stehen, mit denen ich gesprochen habe. Die Fan-Initiative #boycottkatar beförderte in der Zeit vor der WM die Beschäftigung der deutschen Öffentlichkeit mit der kritikwürdigen Menschenrechtssituation in Katar, einen vollständigen Boykott im Privaten gibt es in meinem Umfeld allerdings nicht.

Dieser Widerspruch für Fußballfans wurde in der niederländischen TV-Show plakshot mit einem Song satirisch zugespitzt. Durch Untertitelung leicht verständlich. Wer es nicht aus alten Holland-Urlauben noch weiß: Ik hou van heißt ich liebe und juichen bedeutet jubeln. Mal schauen, wie das bei mir dann aussehen wird.

Goed gedan und bitte schön, Ton ab:

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Gestern noch schrieb ich davon, wie belanglos die Weltmeisterschaft für mich ist. Ein satirisches nederslandse liedje war der Soundtrack dazu. Wenig später las ich eine E-Mail von Klaus Hansen. Schon mehrere Male waren in diesen Räumen Beiträge von ihm zu lesen. Der 1948 geborene Sozialwissenschaftler Klaus Hansen besucht seit der ersten Bundesliga-Saison bis heute die Spiele des MSV. Der Fußball ist ihm immer wieder Anlass zu Essays und literarischer Kunst, so auch in dem Fall die Weltmeisterschaft. Klaus Hansen nimmt in seinem Text den Fußball ernst. Wertende Worte zu Katar fehlen dabei nicht. Für einen empirischen Sozialwissenschaftler bedeutet das auch seine Prognose mit von Daten gestützten Argumenten zu belegen. Bei allem Wissen um ihre Fehlbarkeit. Bitte schön!

Wer wird‘ s denn?
Eine Spekulation von Klaus Hansen

Es sind nur noch wenige Tage bis zum Beginn der Fußball-WM. Aber kaum einer fragt, wie sie ausgehen wird. Alle fragen, und das schon seit 12 Jahren, wie konnte es nur Katar werden? Und es ist und bleibt ein Skandal, dass es Katar geworden ist.

Wir aber wollen fragen: Gibt es eine seriöse Methode für eine seriöse Prognose?
Wer wird Fußballweltmeister 2022?
Dass die Frage die Menschen weniger bewegt als noch vor vier, acht oder 16 Jahren, liegt an Katar. Und ist zugleich ein erster Erfolg von Katar: Fußball mag die schönste Nebensache der Welt sein, eine Hauptsache ist er nicht.

Wir Fußballfreunde schauen seit Jahrzehnten dem Fußballspiel zu und lesen die einschlägige Presse. Wir treten selbst gegen die Kugel und wissen, wie es ist, wenn der Ball seine eigenen Wege geht. Es muss sich doch ein Erfahrungswissen angesammelt haben, aus dem man etwas Vernünftiges machen kann, zum Beispiel eine Vorhersage mit Hand und Fuß zu treffen. Versuchen wir es also, Fußballliebhaber, die wir sind, „Amateure“ im Wortsinne.

Und was steht schon auf dem Spiel für uns? Wir haben nichts weiter zu verlieren als den Verdacht der Kennerschaft. Für den Laien ein Malheurchen, für Experten der Tod.

Die Lage
Das Teilnehmerfeld der diesjährigen WM besteht aus 32 Mannschaften.
Betrachtet man die WM-Turniere seit ihrem Anfang, 1930 in Uruguay, müssen wir feststellen, dass 19 von 21 bislang vergebenen WM-Titeln an sechs Länder gegangen sind, drei aus Südamerika und drei aus Europa: Brasilien, Argentinien und Uruguay; Deutschland, Italien und Frankreich.
Da bei der 22. WM in Katar Italien nicht dabei ist, reduziert sich der „geborene“ Favoritenkreis auf 5. Also fügen wir die die Einmal-Weltmeister von 1966 und 2010 noch hinzu, dann kommen wir mit England und Spanien auf einen Favoriten-Kreis von 7 Ländern.

Erfahrungswissen
Jetzt ziehen wir eine Erfahrungsregel hinzu, die besagt: „Spiele werden vorne gewonnen, Meisterschaften hinten.“ Auf eine lange Meisterschaftsperiode wie die Bundesligasaison mit 34 Spielen bezogen, trifft das sehr häufig zu: In der Endabrechnung hat der Meister in jedem Fall die wenigsten Tore kassiert, aber nur selten die meisten Tore geschossen.

Trifft die Regel auch auf ein kurzes Turnier mit maximal nur 7 Partien zu, wie es die WM ist? Als Deutschland 2014 Weltmeister wurde, hatte man ein Torverhältnis von 18:4; der Drittplatzierte, Holland, kam auf 21:11, drei Tore mehr geschossen als der Champion, aber fast dreimal so viele kassiert. Bei der WM 2010 in Südafrika genügten dem Sieger Spanien 8 Tore in 7 Spielen zum Sieg; der Dritte, Deutschland, kam auf fast doppelt so viele, auf 15 Treffer. Aber Spanien hatte nur 2 Gegentore bekommen, Deutschland hingegen 6. – Die Regel „Spiele werden vorne gewonnen, Meisterschaften hinten“ scheint also auch für kurze Turniere zu gelten.

Hinten dicht
Wenn es so ist, entscheidet sich WM 2022 in der Abwehr, nicht im Sturm. Wer von den 7 Mannschaften des Favoritenkreises hat die vermutlich beste Abwehr? Konzentrieren wir uns in der Bewertung auf die Positionen: Torwart, Innenverteidigung, Außenverteidigung und defensives Mittelfeld. Das Ergebnis fällt eindeutig aus:

1 Brasilien
Acht von 14 Spielern des Kaders für die genannten Positionen seien aufgezählt: Alisson – Telles, Marquinhos, Militao, Danilo – Guimares, Fabinho, Casemiro. – Größere individuelle Qualität hat in diesem Bereich keine andere Mannschaft.

2 Frankreich
3 England
4 Argentinien
5 Deutschland
Einzig auf der Torwartposition ist Deutschland besser besetzt als alle anderen Favoriten. Von den Defensivkräften erreichen allenfalls Rüdiger und Kimmich ein internationales Niveau. Von Süle, Schlotterbeck und Co. bleibt zu hoffen, dass sie „überraschen“.

6 Spanien
7 Uruguay

Geld gewinnt“
Nun sagt man in den nationalen Fußballligen zurecht: „Geld schießt Tore“. Man müsste ergänzen: „Geld verhindert auch Tore.“ Die Schlusstabelle einer Bundesliga-Saison ist immer auch eine Geldrangliste: Oben stehen die reichsten Vereine, unten die ärmsten.
Ausnahmen bestätigen die Regel.
Was lässt sich über die Geldrangliste der Nationalmannschaften sagen? Dazu nehmen wir die Spieler der einzelnen WM-Kader und addieren ihre Werte auf dem Transfermarkt. Dann ergibt sich folgendes Bild aus dem Gesindemarkt des Profifußballs:

1 England 1,3 Milliarden
2 Brasilien 1,2 MRD
3 Frankreich 1,1 MRD
4 Spanien 900 Millionen
5 Deutschland 885 MIO
6 Argentinien 633 MIO
7 Uruguay 451 MIO

Ergebnisse zählen
Die Fifa-Weltrangliste bewertet die Leistungen der Nationalmannschaften nach den Ergebnissen in der jüngeren Vergangenheit. In der aktuellen Rangliste (Stand: Oktober 2022) stehen die „geborenen“ WM-Favoriten in folgendem Verhältnis zueinander:

1 Brasilien 1841 Punkte
2 Argentinien 1774 Pkte
3 Frankreich 1760 Pkte
4 England 1728 Pkte
5 Spanien 1715 Pkte
6 Deutschland 1650 Pkte
7 Uruguay 1639 Pkte

Fazit
Berücksichtigt man alle Daten aus den Ranglisten, hat Brasilien die größten Chancen, Weltmeister zu werden, zumal, wenn man bedenkt, dass es die stärkste Defensive (und auch teuerste) besitzt. Aber Vorsicht! Der stille Vorbehalt des Waisen aus Kurpfalz, Josef Herberger, gilt auch hier: „Die besten 11 bilden noch nicht die beste Elf.“
Zugleich muss man sagen, dass für Deutschland spätestens im Viertelfinale Schluss sein wird. Am 11. Dezember fliegt die deutsche Nationalmannschaft nach Hause.
Da wir von den „geborenen“ Favoriten ausgegangen sind, tauchen zwei Mannschaften nicht auf, eben weil sie noch nie einen WM-Titel gewonnen haben, die aber in den genannten Ranglisten weit oben platziert sind: Portugal und Belgien. Sie dürfen darum als „Geheimfavoriten“ gelten, insbesondere Portugal wegen seiner Defensivstärke.

Alles in allem: Der Weltmeister 2022 spricht vermutlich Portugiesisch.

Katar
Gibt es den Bonus des Heimvorteils für das Ausrichterland? Denn immerhin haben 6 der 7 Favoriten einen Titel zu Hause gewonnen. Wie sieht es also für Katar aus? In den Ranglisten steht man weit hinten. Aber immerhin ist Katar amtierender Asienmeister. Die Mannschaft wird unter Verschluss gehalten. Als Ausrichter war man „gesetzt“ und musste keine Qualifikation bestreiten. Der Kader befindet sich seit langem in Klausur. Nur wenige Vorbereitungsspiele lassen nicht tief blicken. Aber der Vorbereitungsmodus selbst spricht dagegen, dass Katar eine große Rolle spielen kann: Ohne ernsthafte Wettkampfpraxis in den letzten 3 Jahren gewinnt man ein solches Turnier nicht.

Über Katar hinaus
Katar ist unter allen Staaten dieser Erde das Land der „Überfremdung“ schlechthin. Nur 10 Prozent der Einwohner sind auch Staatsbürger. 90 Prozent sind Fremde, eingewanderte „Gastarbeiter“. Der prognostizierte Sieger Brasilien macht aus den Verhältnissen in Katar ein Erfolgsmodell: 90 Prozent der Spieler des Kaders spielen im Ausland, vor allem in Europa, nur 10 Prozent in Brasilien. „Geht hinaus in die Welt und erobert diese“, so könnte das Fanal lauten, das von Katar ausgeht, „das wird die Euren zu Hause stolz machen!“ – Freilich werden nepalesische Gastarbeiter in Katar, die vom Kafala-System vielfach wie Sklaven gehalten werden, das anders hören als millionenschwere Brasilianer in Europa.
Einen „infrastrukturellen Schub“, wie ihn die WM 2010 für Südafrika gebracht hat – Ausbau von Straßen- und Schienennetzen, Modernisierung von Flughäfen – hat Katar nicht nötig.
Eine nachhaltige Veränderung des autoritären Herrschaftssystems, wie sie das Land aus westlicher Perspektive nötig hätte, wird die Fußball-WM nicht bewirken. Das war weder in der argentinischen Militärdiktatur so, 1978, noch in Russland 2018. Warum sollte es diesmal anders sein? Es fehlen die Anzeichen.
Katar wird zu einem Beweis der Widerstandskraft werden, die dem Fußballspiel innewohnt. Auch bestechliche Funktionäre werden diese Resilienz nicht korrumpieren können.
Dazu folgende Erinnerung: 2015 trug Katar die Weltmeisterschaft im Handball aus. Bis dahin war man über den 16. Platz bei einer WM (2003) nicht hinausgekommen; meistens war man jenseits der 20 gelandet. Durch Einbürgerung fremder (Alt-)Stars kaufte man sich eine Mannschaft zusammen, die es bis ins Endspiel schaffte und 2015 Vizeweltmeister wurde.
Aus dem Nichts zum Vize- oder gar Weltmeister, das wird es im Fußball nicht geben. Allein deshalb, weil der Ball etwas dagegen hat. Der Handballer spielt den Ball, aber der Fußballer spielt mit dem Ball. Das ist ein Unterschied ums Ganze. Ihn ausführlich zu erklären, würde hier zu weit führen, mitten hinein ins Herz des Fußballspiels.
Dem Staat Katar, eine islamistische Monarchie, genügt es, das Turnier auszurichten; es zu gewinnen, steht nicht auf dem Plan des Emirs. Fußball ist ein Instrument des „Nation Branding“. Katar will weltbekannt und in aller Munde sein, weil darin ein Schutz der eigenen Souveränität vor nicht allzu wohlmeinenden Nachbarn gesehen wird. Das „größte Sportereignis der Welt“ (Fifa über Fifa-WM) als Existenzsicherung für ein Ländchen, halb so groß wie Hessen! – Dieser Coup ist dem autoritären Zwergstaat gelungen. Und die Fifa hat es mit sich machen lassen. Der Verlierer dieser WM ist der Weltfußballverband.

Vorhersagerei
Natürlich wissen wir nicht, wer sich während des Turniers verletzt und ob ein unbekannter Youngster dabei ist, dessen Stern in der Wüste aufgehen wird, so wie der des 17jährigen Pelé 1958 in Schweden. Natürlich spielt die Tagesform des einzelnen Spielers und das Funktionieren des Kollektivs die größte Rolle. Natürlich kann eine Unebenheit im ach so gepflegten Rasen dazu beitragen, dass der Ball verspringt und im Tor landet. Wie sind die Schiedsrichter in Form? Sie bilden inzwischen ein technologiebewehrtes Konsortium in Mannschaftsstärke. – Die Unwägbarkeiten sind zahllos. Keine Expertise der Welt kann sie alle berücksichtigen. Eine Unwägbarkeit fällt allerdings weg: das Wetter. Es wird die erste Fußball-WM sein, bei der das Wetter für alle gleich ist, gleich sonnig, trocken und klimatisiert, an allen Tagen, an allen Orten. Der Beitrag zum Ökozid, der damit geleistet wird, ist bekannt.
Fußball ist der Sport, der am häufigsten alle Prognosen über den Haufen wirft. Das macht seine besondere Faszination aus. Darum sollte es uns nicht wundern, wenn am Ende unsere ganze Vorhersagerei das Papier nicht wert war, auf der sie stand. – Und die Söhne Nippons sich feiern lassen.

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In der ZEIT vom letzten Donnerstag, dem 17. November, gibt es ein Interview mit der Torhüterin Almuth Schult. Da es für die Rubrik „Schule des Lebens“ geführt wurde, geht es um den Fußball vor allem in seiner Funktion als Teil ihrer biografischen Entwicklung. Doch einmal blitzt der Fußball als ökonomisches System in einem utopischen Gedanken auf, der durch ihre Erfahrungen in den USA beim Angel City FC inspiriert ist. Auch auf eine Art eine Gegenbewegung zur Weltmeisterschaft.

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DIE ZEIT, Nr. 47, 17. November 2022

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