MSV DUISBURG: Das „Rumeiern“ erzeugt eine Eigendynamik bei den Anhängern
Fan-Petition soll Hellmich stürzen
Wir schreiben Mittwoch, den 14. April 2010. Auf der mit Spannung erwarteten Jahreshauptversammlung des MSV kündigt Präsident Walter Hellmich an, dass nach acht Jahren an der Spitze des Vereins „auch mal Schluss sein muss“. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich der Verein sowohl sportlich, als auch wirtschaftlich in einer miserabelen Lage und die Zukunft bei den Meiderichern sieht alles anderes als rosig aus.
Sieben Monate später sind die Weichen für einen Neuanfang gestellt. Entgegen aller Erwartungen steht der MSV auf einem tollen dritten Platz, weist eine makellose Heimbilanz auf und das mit Herzblut kämpfende Team weckt bei den Fans bereits vergessen geglaubte Glücksgefühle. Nur Hellmich ist immer noch da. Dies erhitzt die Gemüter einiger MSV-Fans so sehr, dass eine Fan-Petition ins Leben gerufen wurde. Deren Ziel ist es, eine außerordentliche Mitgliederversammlung zu veranstalten, um dem Vorstand das Vertrauen zu entziehen. Sprich: Hellmich soll seinen Hut nehmen.
Initiator Guido Halfmann, seit 32 Jahren Anhänger der Zebras, erklärt, warum er sich zu diesem Schritt entschlossen hat: „Dass der Rücktritt trotz bereitstehender Nachfolger verschleppt wird, hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Es gibt ja schon seit Jahren einen Entfremdungsprozess zwischen den Fans und der Führungsetage.“ In der Tat sollte das Zepter mit Dieter Steffen längst ein anderer schwingen, hatte Hellmich doch Mitte Oktober noch erklärt, seine Ämter schnellstmöglich zur Verfügung zu stellen. „Wenn sich dem kompletten Umbruch immer noch in den Weg gestellt wird, dann ist das Vertrauen zum Präsidenten endgültig weg“, meint Halfmann: „Diese Aktion soll kein Feldzug gegen Hellmich sein. Mir liegt einfach am Herzen, dass die Interessen des MSV verfolgt werden und da habe ich meine Zweifel. Dies bezieht sich insbesondere auf mögliche Eigeninteressen Hellmichs.“ Sein Zusatz: „Außerdem muss man bedenken, welchen Nutzen die Hellmich- Unternehmensgruppe aus dem Klub gezogen hat. In meinen Augen sind daraus wesentliche Referenzaufträge entstanden.“ Irritationen werden im Fanlager speziell durch die Hellmich Marketing Management GmbH hervorgerufen. Diese wird vom Filius des Präsidenten, Marc Hellmich, geführt und die Verstrickungen der Hellmich Marketing beim MSV sind für Anhänger zu undurchsichtig. Zehn Prozent aller Mitglieder müssten die Petition unterstützen, damit es zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung kommt, wobei eine Vereinszugehörigkeit von sechs Monaten Pflicht ist. Aktuell sind damit rund 350 gültige Unterschriften nötig, um weitere Schritte in die Wege leiten zu können.
Auch Thomas Ballentin, der seit seiner Kindheit MSV-Fan ist und außerdem das Amt des 1. Vorsitzenden bei der „Zebraherde e.V.“ bekleidet, unterstützt dieses Vorhaben: „Auf sportlicher Ebene wurde bereits ein toller Grundstein gelegt und auch wirtschaftlich sollte jetzt die Ära nach Hellmich eingeläutet werden. Finanziell stehen wir so schlecht da, wie zu seinem Amtsantritt vor knapp zehn Jahren. Wenn ihm wirklich so viel am MSV liegt, dann soll er doch jetzt einfach zurücktreten und nicht rumeiern.“ Dass bei den Fans der Verdacht des „Rumeierns“ aufkommt, hat einen bestimmten Grund. Der designierte Nachfolger Dieter Steffen sagte schließlich, dass er zur sofortigen Übernahme des Vorsitzes bereit wäre. Auch Hellmich selbst betont, dass der MSV mit Steffen auf einem „sehr guten Weg“ wäre. Dennoch zieht sich die Prozedur weiter in die Länge. Außerdem gesteht der Bauunternehmer, dass noch die Rückführung von Bürgschaften und Verbindlichkeiten geklärt werden müsse. „Man sollte daran denken, dass die Mannschaft den ganzen Vorgang ja auch wahrnimmt. Das sind Störfeuer, die das Team einfach nicht gebrauchen kann“, mahnt der 39-jährige Ballentin. Die „extrem hohe“ (O-Ton Roland Kentsch) Stadionmiete für die Schauinsland-Reisen-Arena stößt dem Anhang ebenfalls übel auf. Sascha Rommelfanger, langjähriger Fan und Vereinsmitglied seit 1998, räumt ein, dass er die Tätigkeit Hellmichs bei den Zebras zunächst befürwortet hat: „Als Hellmich gekommen ist, lag der MSV am Boden. Der Stadionbau war natürlich immens wichtig für unseren Verein und absolut von Nöten. Nach einiger Zeit allerdings, habe ich meine Meinung über Walter Hellmich geändert. Es wurden Fehler gemacht, die einfach nicht zu verzeihen sind.“ Rommelfanger konkretisiert: „Zunächst einmal wurden von Hellmichs Seite aus unglückliche Aussagen getätigt, die den Graben zwischen den Fans und ihm vertieft haben. Kritiker seiner Person als „doofe Leute“ zu bezeichnen, ist absolut nicht okay“, ist der 34-Jährige verärgert. „Der Kardinalfehler seiner Zeit beim MSV war allerdings das lange Festhalten an Rudi Bommer. Dessen Vertragsverlängerung wurde zu einem aberwitzigen und für mich unverständlichen Zeitpunkt vollzogen. Mit dem damaligen Kader hätten wir nie und nimmer abstiegen müssen. Diese Tatsache kann ich nicht verzeihen.“
Ein weiteres Ärgernis ist für die Fans die Personalie Bernard Dietz. Jahrelang war „Ennatz“ in keiner Funktion für den Verein tätig, ehe er vor knapp zwei Monaten als „Berater und Repräsentant“ zurückkehrte. „Ich denke nicht, dass eine frühere Zusammenarbeit an Dietz gescheitert ist“, sagt Rommelfanger, der sich sicher ist: „Im Rahmen unseres nächsten Heimspiels werden mit Garantie weitere Fans dazu kommen, die die Petition unterstützen.“ Halfmann untermauert die Ernsthaftigkeit dieser Aktion: „Wenn vorher nicht eingelenkt wird, ziehen wir das knallhart durch.“ Bleibt abzuwarten, wann nun genau „auch mal Schluss sein muss“.
Maximilian Molik