Sonntagdepressionen, oder: Die Tragik des Zweitligaalltags
Sehr geehrte Damen und Herren,
tja, tragischer geht’s kaum. 4000 Zuschauer, Stadion am Bornheimer Hang, Sonntag mittag 13 Uhr, dazu noch ein grandioses 0:0, herzlichen Glückwunsch. Wer eher ein suizidgefährdetes Naturell an den Tag legt, der hätte heute genug Gründe gefunden, jetzt mal wirklich ernst mit dem Vorhaben zu machen. Meine Herren, was wartet da noch Arbeit auf die Jungs…
Obwohl sie besser und kompakter auftreten als gegen den KSC und ein paar Dinge richtig machen, sind sie weit davon entfernt, so etwas wie ein erkennbares Konzept oder einen spielerischen Plan präsentieren zu können. Und es ist immer noch so, dass all diese Mannschaftsteile im Zusammenspiel arge Probleme haben. Nimmt man die Abwehr, so muss man zumindest anerkennen, dass sie stabil stand, die Lufthoheit gehörte ihnen, mit Berberovic scheint man sich einen abgezockten und souveränen Kerl ans Land gezogen zu haben. Und er machte noch eine der besseren Figuren, weil er in der zweiten Halbzeit neben seinen basalen Aufgaben wenigstens versuchte, sich mit in die Offensive einzuschalten und somit diesem Team neue Impulse zu geben. Man erinnere sich: Das Team letztes Jahr hatte in ihren besten Momenten mit Veigneau und Koch/Kern zwei Außenbahnen, die auch offensiv auftreten konnten, davon ist diese Viererkette aber noch weit entfernt und schaut man sich die Spielertypen an, so mag man kaum glauben, dass dies auf lange Sicht fundamental besser werden wird. Im defensiven Mittelfeld haben sie zwar Sukalo als besten Mann auf dem Feld, aber im Zusammenspiel mit Pliatsikas -Hajtos unehelichen Sohn, den man damals aufgrund etwaiger familiärer Ungereimtheiten nach Griechenland abgeschoben hatte, ganz üble Geschichte- ergibt sich auch dort kaum spielerisches Potential. So wie es das Team letztes Jahr zum Beispiel mit Grlic, Banovic und vor allem Koch hatte. Kompakt standen sie, aber das ist nur die Basis und für einen derart ambitionierten Kader auf lange Sicht zuwenig, solide spielen können schließlich viele Mannschaften. Die zwei offensiven Außenbahnen sind wieder schnell besetzt, aber während man Brosinski ein einziges Mal sinnvoll auf die Reise schickte, verkümmerte Wolze in Nichtsnutzigkeit. Wie übrigens auch der Kollege Kastrati, den man erst wahrnahm, als er das Feld verließ, der dort vorne aber höchstwahrscheinlich auch nicht so genau wusste, warum man ihn heute aufgestellt hatte.
Offensiv bekamen sie nichts hin, auch wenn sie tendenziell das etwas bessere Team von zwei grottigen Mannschaften waren. Zwar war in Ansätzen immer wieder zu erkennen, dass z.B. Gjasula einen feinen Fuß besitzt, aber ich weiß nicht, ob man von ihm verlangen kann, bei seinem ersten Pflichtspielauftritt von Anfang an komplett die Zügel in die Hand zu nehmen. Denn damit Gjasula funktioniert, müssen alle anderen mitfunktionieren, Laufwege müssen bekannt und Finten einstudiert sein, damit er seine Fähigkeiten überhaupt zum Einsatz bringen kann. Und davon ist nunmal ganz wenig zu erkennen.
Sie wissen nicht, wer sie sind und was sie auf dem Feld wollen, und dafür kann man viele Gründe anführen. Sasic schickte heute die dritte Variante seines defensiven Mittelfelds ins Rennen und würfelte auf vielen Positionen durch. Beide defensiven Außen wurden neu besetzt, Gjasula sollte es zum ersten mal als klassischer Zehner probieren und scheiterte ebenso wie alle seine Offensivkameraden. Betrachtet man die Aufstellungen der ersten drei Spiele, dann hätte heute genausogut der erste Spieltag sein können, so unbekannt erschien einem die Positionierung der Spieler auf dem Feld. Für einen Außenstehenden erscheint es nicht so, dass sie heute für ein paar Klarheiten in Bezug auf ihre Ausrichtung gesorgt hätten. Das ist bitter genug, und es erfordert anscheinend mehr Geduld, als man sich zu Beginn der Saison eingestehen wollte.
Gruß aus Neudorf
Micha