Diplomat, wo bist Du???
Wäre ja mal sehr an Deiner Meinung und Gefühlslage interessiert....
Wohlwissend, daß man in einem solchen Moment
nicht die richtigen Worte finden kann...
Als ich durch Udo Kirmse über den Lizenzentzug informiert wurde,
war ich zu wütend um traurig zu sein!
Erst als ich die tränenerstickte Stimme meines großen Sohnes und
die ängstlichen, fragenden Augen meines 5 Jährigen erleben musste,
war mir bewusst, dass wenn die erste blinde Wut auf die Verantwortlichen dieser Tragödie langsam weichen wird
und man die Welt wieder unbedarft mit Kinderaugen sieht, wird zunächst nur eines bleiben, tiefe Traurigkeit!!!
Nein, ich kann mich über den Lizenzentzug auch nach einer nahezu schlaflosen Nacht nicht anfreunden.
Zu viele Menschen haben in den vergangenen 18 Monaten ohne Rücksicht auf ihr Privatleben, ehrenamtlich und selbstlos,
trotz aller Wiederstände und persönlichen Anfeindungen hart daran gearbeitet, den Menschen dieser Stadt unseren MSV zu erhalten.
Zu viele Menschen im sportlichen Bereich haben, auch wenn Sie dafür bezahlt werden, in den vergangenen Monaten, alles in den Hintergrund gestellt
und sich für unseren Verein zerrissen um den Menschen dieser Stadt diesen Verein zu erhalten.
Danke Kosta, Danke Ilja, Danke Sven, Danke Ivo und Danke an das besessene Team dahinter.
Zu viele Menschen, die ich in den vergangenen anderthalb Jahren kennen lernen durfte, verlieren nicht nur ihren MSV in der 2.Liga,
nein sie verlieren ihren Lebensmittelpunkt, sie verlieren ihren Anker.
Ich spreche da vor allem von den kranken und älteren Menschen, die den MSV seit Jahrzehnten in ihren Herzen tragen und leider nicht mehr in der Lage sind
in die Arena zu kommen. Sie haben durch die Liveübertragungen und die umfangreichen Berichterstattungen in den Medien, ihre Liebe zum MSV mit Leben füllen können.
Für diese Menschen, wird es um ihren Verein erst einmal dunkel.
Zu viele Menschen werden nun die Grundlage ihres Lebens, nämlich ihren Arbeitsplatz verlieren. Da gibt es Mitarbeiter
die in den nächsten Tagen Vater werden und nun in eine Zukunft voller Existenzängste schauen müssen.
Björn, ich weiß jetzt wie Du Dich gefühlt hast, als Du mir am Donnerstag erzählt hast, wie die Reaktion Deines kleinen Sohnes war,
als Du Deiner Familie mitgeteilt hast, daß Du durch den unsäglichen Sport5 Deal, Deinen Job verlierst. Die Worte: „Papa, dürfen wir trotzdem weiter zum MSV gehen...“
haben nun auch mich erreicht und sie lassen einen noch deutlicher spüren, daß der MSV mehr ist als ein Job oder ein Verein ist den man unterstützt.
Der MSV verbindet Generationen, Nationalitäten und kennt keine sozialen Schichten, der MSV ist gelebte Integration, lässt die Grenzen zwischen Jung und Alt
und reich und arm verschmelzen und macht für einige Stunden in der Woche, die Welt ein bisschen besser und gerechter.
"Liebe kennt keine Grenzen", ja da ist was Wahres dran und auch ich werde
meinem Verein in welche Liga auch immer folgen und versuchen meinen Kindern zu erklären,
daß man gerade auch in schlechten Zeiten zu dem Verein stehen sollte, der einem zuvor so viele besondere Momente geschenkt hat.
Aber wegen all dieser besonderen Menschen rund um den MSV kommt bei mir nicht im entferntesten so etwas wie Freude auf, den Weg in der Zukunft unter Umständen,
jetzt ohne die Menschen gehen zu können, die die alleinige Verantwortung für diese bitteren Stunden tragen.
Der Preis für all die Menschen denen der MSV mehr bedeutet als die schönste Nebensache der Welt, ist einfach zu hoch und der Schmerz den diese Menschen gerade empfinden,
können die Verantwortlichen dieser tiefen Wunden, niemals nachempfinden, dafür müssten sie den MSV mit seiner tiefen Verbundenheit zur Tradition in ihrem Herzen tragen,
aber dieses leidenschaftliche Gefühl wird diesen Menschen immer fremd bleiben.
Was bleibt ist die Ohnmacht, dass einige wenige Menschen sich gegen all diese Menschen, die für eine Zukunft unseres Vereins gekämpft haben, durchsetzen konnten.
Und die Ohnmacht, dass diese Menschen die legitime Möglichkeit hatten ihre eigenen Interessen vor die des Vereins zu stellen.
Nein, es wird von mir heute keine Abrechnung geben.
Nein, es wird von mir heute keine Durchhalteparolen geben.
Nein, es wir heute keinen Diplomaten oder Ex-Präsidenten geben.
Heute bin ich Andreas Rüttgers, der seit 40 Jahren diesen Verein liebt
und der in den vergangenen Monaten miterleben durfte, wie immer mehr
Kinder den Weg zum MSV gefunden haben und das Trikot mit Stoltz durch die Welt getragen haben.
Der erleben durfte wie am Legendentag, Väter stolz ihren Kindern von "früher" erzählt haben und man wie in Berlin erleben konnte,
dass dieser Verein auch nach 111 Jahren für ein ganz besonderes "WIR" Gefühl steht.
Heute sind meine Gedanken bei Nancy, die gezeigt hat, dass Menschlichkeit und Erfolg sich nicht gegeneinander ausschließen,
heute hoffe ich, daß die Trauer irgendwann der Zuversicht weicht, das Nancy´s Weg in Zukunft auch der Weg unseres geliebten MSV sein wird,
Liebe Grüße, Andreas