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Oliver71
Ich finde, dass mit den zwei Fraktionen siehst du zwar richtig, aber es ist doch so gelaufen, dass man Fraktionszwang hatte, ob man jetzt einer der Parteien zugehören wollte oder nicht. Für mich hat die Problematisierung der Personalie Baumann auch zu einer Engführung beigetragen, die es kaum noch zugelassen hat, andere Aspekte der Situation zu thematisieren, weil die im Bezug auf den Trainer immer entweder als Entschuldigung oder als neuer Vorwurf gewichtet wurden. Ich hätte eine Diskussion darüber, was man eigentlich für einen Fussball hier in Zukunft an der Wedau sehen will, interessant gefunden. Freiburg etwa, hat immer strikt für Offensivfussball gestanden, und sie schaffen es bis heute mit einem hanebüchen kleinen Etat, das durchzuhalten. Mittlerweile ist sogar der Bundestrainer, man mag ihn kritisieren oder nicht, ein "Freiburger" des Herzens.
Wenn wir aber sagen, Duisburg ist Rudi-Riegel-Land, und wird es immer bleiben, wenn wir für Blut, Schweiss und Tränen sind (ich bin das übrigens nicht) und nur Kampf haben wollen, dann spricht eigentlich nichts gegen einen Mann wie Karsten Baumann. Das wäre für mich so eine Demarkationslinie für eine weiterführende Diskussion, würde aber mal davon wegführen, immer alles auf die eine Person abzustellen, die sowieso bald wieder weg ist. Ich fand Baumann halbwegs sympathisch, aber es ist eigentlich Unsinn, das zu sagen, denn ich kenne ihn an sich ja kaum. Mich interessiert die Philosophie, die so einer vertritt, und inwieweit sowas deckungsgleich mit dem sein kann, was man sich selbst für seinen geliebten Verein vorstellt.
Sollen wir in der Haltung bleiben, dass wir es uns aufgrund der Umstände eh nicht aussuchen können? Wie hoch ist das Risiko, wenn wir tatsächlich auf den Nachwuchs gehen? Sparen wir dann soviel, dass wir vielleicht noch ein Jahr in der dritten Liga aushalten, dafür mit einem unverbrauchten neuen Gesicht eine Truppe heranziehen, die uns alle nachhaltig begeistert? Oder müssen wir den Weg äusserster Effizienz beschreiten, den einer wie Baumann wohl eindeutig repräsentiert? Ich glaube, wenn man etwa Runjaic mal ansieht, dann war das, was er für viele verkörperte, das Gefühl, dass der Mann so eine Art von Vision hat, dass Ungeahntes mit dem möglich werden könnte.
So, wie er hat spielen lassen, liess sich eher nicht drauf rückschliessen, dass alles neu wird. Die Spielkultur wurde doch nur sehr allmählich etwas höher. Runjaic war eigentlich ein Meister der Effizienz. Dennoch verliess einen das Gefühl nicht, dass der mehr in petto hat, dass das Beste erst noch kommt. Insoweit bin ich auch Baumann-Kritiker, dass ich das Gefühl bei dem nicht so richtig hatte. Ist aber ein reines Bauchding, kein Kopfding. Oder nehmen wir die verarmte Trainingskultur: fit ist die Truppe trotzdem, aber wenn so viele den Eindruck haben, dass es dort langweiliger geworden ist, dann kann man vielleicht auch drüber nachdenken, wie modern man so ein Training für Professionelle eigentlich haben möchte. Hier sind unterschiedliche Sichtweisen möglich, ganz unabhängig von der Personalie Baumann. Man kann einerseits sagen, dass das Arbeit ist, und fertig. Oder andererseits auf die Wichtigkeit des Assistenten abstellen, der wie Gruev sein sollte, nicht nur Übungsleiter, sondern leidenschaftlicher Animateur im besten Sinne.
Und natürlich geht es am Ende auch um Ivo Grlic: tut man dem einen Gefallen, ihn nur als weissen Ritter gegenüber seinen "Angestellten" aufzubauen, der einfach die üblichen Schwierigkeiten im Bezug auf vernünftiges Personal hat, oder hinterfragt man den Dissens zwischen ihm und Baumann, den es zweifelsfrei geben muss, auch zum Beispiel anhand der Personalie Michael Reiter, die ja damit verbunden ist, dass man Ilia Gruev ohne Not hat ziehen lassen? Hätte man nicht auf Vertragserfüllung bestehen sollen (natürlich Standardbeispiel: BVB/Lewandowski)? War das schon die Machtfrage, als Reiter genommen wurde, den Baumann anscheinend nicht wollte? Ist es besser, dass unser neuer Trainer ein Frischling ist, einfach, weil das die Diskussionskultur ermöglicht, die einem Grlic vorschwebt? Ist das Nichtverlängern des Vertrages von Baumann richtig, nicht weil es Baumann ist, sondern weil es immer nur einen Häuptling por Indianerstamm geben sollte, und weil der Posten bei uns schon besetzt ist?
Das sind meine Fragen so, derzeit. Ob Baumann jetzt was gekränkt ist, seine Augenbrauen und Mundwinkel "süffisant" zucken, oder sogar seine Glatze verdächtig glänzt, finde ich hingegen dermassen uninteressant...und damit mal zu ganz was anderem: wann wünscht man sich nochmal frohe Ostern? Heute schon? Nur, falls man sich nicht mehr sieht? Naja, hiermit erledigt: frohe Ostern euch allen!