Für mich zeigt sich eine deutliche Parallele etwa zum Sponsoring in der Kunstszene ab. Es gibt hier das klassische Mäzeantentum, welches an sich für den bildenden Künstler auch schon früher überlebenswichtig gewesen ist, und bei dem eigentlich aber das Kernprinzip darin besteht, die Freiheit der Kunst nicht in eine bestimmte Richtung zu zwingen, sondern im Gegenteil deren Freiheit erst lebbar zu machen, indem man die materielle Sorge von dem Kunstschaffenden nimmt. Hier ist das Idealbild der uneigennützige Millionär, der an sich soviel Geld hat, dass gar keine Notwendigkeit für ihn besteht, spekulativ an Kunst heranzugehen. Seine Erfüllung besteht einzig und allein darin, dass ihn Kunst begeistert, auch wenn er selbst als Maler oder Bildhauer nie über den Standard eines ambitionierten Dilletanten herausgekommen ist.
Dieses Mäzeantentum rufen auch heutzutage Unternehmen zur Rechtfertigung auf, welche in grossem Stil in den Handel und in das Sponsoring von Kunst eingestiegen sind. Hier geht aber überhaupt nicht mehr darum, neues Terrain zu entdecken oder die Freiheit der Entfaltung eines Optimums an Schaffenskräften bestmöglich zu kanalisieren. Sondern hier ist von vornherein das Produkt eine Handelsware, der Anlass für das Engagement ein Resultat nackter Zahlenkolonnen, die Corporate Identity der alleinige Fokus neben dem, dass die Kunstwerke durch ihre Wertsteigerung nebenher noch einen Gewinn abwerfen müssen, jedenfalls keine gravierenden Verluste in die Bilanz reissen dürfen. Es entsteht ein Kartell von Investoren, welche entweder ihr Image aufpolieren, oder durch Risikokapitalinvestments irrsinnige Umsätze machen wollen.
Im letzteren Umfeld sind die Akteure eigentlich nur dann wichtig, wenn sie einem von vorneherein festliegenden Profil entsprechen können. Ihre Geschichte ist hierfür ebenso ohne Belang wie ihr weiteres Schicksal, nachdem das System sie früher oder später wieder ausgeschieden haben wird. Ihre Urheber- und Eigentumsrechte existieren nicht. Und das, was sie erzeugen, ist letztendlich das, was der Markt am meisten nachfragt.
Ich glaube kaum, dass man noch expliziter als RasenBallsport zur Darstellung bringen kann, wie sehr einem lokale Besonderheiten, das Profil und die Philosophie eines bestimmten Trainers sowie die typischen Versatzstücke, die zu der Begeisterung führen, die eine bestimmte Sportart erst zu einem Publikumsmagneten macht, am Hintern locker vorbeischrammen. Die haben ja zum Beispiel sofort damit gedroht, den Osten wieder in die (vorgebliche) Nichtigkeit des Amateurfussballs zurücksinken zu lassen, als es zum ersten Mal Stress mit der Lizenz gab. Die kaufen sich Spieler und verschieben die wie ein Tütensuppenhersteller, welcher seine Produktpalette optimieren möchte, seine Zwischenhändler. Die spielen am Ende einen Fussball, der gar nichts mit den individuellen Bedingungen zu tun hat, sondern einfach nur das Dauer-Speed-Gefühl nachvollziehen soll, welches deren Gesöff angeblich auch auslöst.
Deshalb geht es vielleicht gerade auch nicht mehr weiter, denn das elegante Anrennen hat auf einem Acker wie Aue gegen einen Haufen entschlossener Eisenfüsse eine natürlich erfühlbare physikalische Grenze.
Wenn Fussball etwas bedeuten soll, ist die Unabwägbarkeit dessen, was am Ende bei einem Spiel herauskommt, das A und O. Ich glaube, dass ein Tuchel oder ein Hecking für so etwas ein Bauchgefühl haben. Dieses Bauchgefühl braucht, finde ich, jeder Klassetrainer. Und die Leute, die Fussball sehen, sind davon begeistert, wenn eine Rechnung, die wild aus Analyse plus Bauchgefühl zusammengemischt ist, aufgeht. Solche Unwägbarkeiten kann sich RasenBallsport aber mittelfristig nicht leisten. Darum haben sie Angestellte wie den Ex-Fussballprofessor Rangnick. Solche, wie sie am Ende gerade an ihrem verkopften Perfektionismus immer wieder scheitern, siehe auch Felix Magath.
Man sieht immer wieder, wie Kleinigkeiten, individuelle Aussetzer oder Genietaten beim Fussball auf einmal alles bestimmen. Allein schon die Ansage, dass man bestimmte Rangordungen nur per Planspiel herzustellen gedenkt, ist eine hanebüchene Perversion der Erwartungen der zahlreichen Fans und Anhänger. Nichts ist im Sport noch langweiliger, als Erwartbarkeit oder eine Dominanz, gegen die man nicht aufkommt. Nichts ist aber auch kurzlebiger.