@lintorfer
Ich habe bei solchen Suggestiv-Rückfragen wie "wo siehst du denn ein System?" das Problem, dass ich jetzt nochmal alles schreiben müsste, was ich diese Woche schon geschrieben habe. Du könntest dann drauf antworten: "naja, aber wo siehst du denn dabei wirklich ein System?" und alles geht von vorn los. Deshalb mal, verzeih es mir, kürzer und etwas ironisch: Wo ich ein System sehe? Vorwiegend auf dem Spielfeld. Gelegentlich auch auf den Parkplätzen vor dem Spiel, dort jedoch deutlich weniger.
Es ist halt nicht immer wieder das gleiche System, und das ist eben Lettieri-typisch. Auch in der letzten Saison variierte (unter Etablierung bestimmter Grundsätze, die er auch weitgehend beibehielt) Lettieri permanent Positionen und die Spieler, welche diese Positionen ausfüllten.
Uns hat weniger strenge Konstanz des Systems zum Erfolg geführt, denn die Stabilität innerhalb der Mannschaft, welche das, was Lettieri von ihnen wollte, offenbar nicht nur verstand, sondern rückhaltlos akzeptierte.
Ihnen jetzt die Klatsche gegen

vorzuwerfen, ist schlicht nicht fair, über Lautern und Bochum kann ja gerne noch diskutiert werden, ich würde mir allerdings dafür als Basis wünschen, dass man mit unserer Situation realistisch umgeht. Wenn du etwa schreibst, ein Bomheuer müsste erst mal aufgebaut werden, frage ich dich: wie lange denn soll ein Transfer von solcher finanzieller Bedeutung bei unserem Mini-Etat aufgebaut werden? Vier Monate, acht, oder wieviel?
Es wurde von Lettieri deutlich kommuniziert, dass er Meissner (und auch Bohl) in der Vorbereitung als zu wenig spritzig erlebt hat. Ich würde diesen Eindruck nach dem bisschen, was ich in Testspielen von denen gesehen habe, teilen. Aber wer die Tendenzen bei uns in der letzten Saison verfolgt hat dürfte längst wissen, dass solche Ansagen bei unserem Trainer niemals länger in Stein gemeisselt sind.
Er benutzt hier zuweilen die Medien als Verstärker, um die Jungs zu motivieren, was eigentlich erfolgreich war. Und aktuell spielte Bohl ja auch schon wieder, spielte Meissner ebenfalls schon wieder.
Aber statt sich zu freuen, dass unser Trainer mal etwas anders macht als die immer eher bräsigen Herren Runjaic und Baumann, die selbstherrlichen Sasic und Neururer, oder ein Olli Reck, der vor einem Mikro immer wie ein zu gross geratener Schuljunge wirkte, wird Gino fortwährend dazu aufgefordert, endlich mal irgendeine Etikette zu beachten, als wäre er ein britischer Crickettrainer zu Zeiten von Queen Victoria.
Wenn du schreibst, das Gebot der Stunde sei die Fehleranalyse, kannst du getrost auf Reviersport u. Co. zurückverwiesen werden: Lettieri hat nach jedem Spiel relativ klar, hierbei nicht schonungslos, aber auch kein bisschen um den berühmten heissen Brei rum, Fehler dargestellt: Umschaltbewegung in beiden Richtungen, mangelnde Pressingresistenz, durch aufkommenden Druck inakzeptable Erhöhung der Fehlpassquoten, eine Verunsicherung gerade der Leistungsträger wie Janjic, die eigentlich Ruhe und Übersicht einbringen sollen, schlechte Abstimmung in der Defensive.
Haben die alles mitgekriegt, und sie sind auch nicht bei der Fehleranalyse geblieben, sondern haben schon etwas unternommen, um die Fehler abzustellen. Das hat nicht durchgreifend versagt, wie seinerzeit mit Reck tatsächlich. Der hatte einfach keine Alternativen zur Verfügung, als sein ursprüngliches Konzept nicht mehr funktionierte. Gerade die von dir auch gewünschte Konstanz, die dann angesichts schwerwiegender Ausfälle während der Vorbereitung zu einer hilflosen Erstarrung wurde, war Ursache unserer Misere damals.
Man kann vielleicht sagen, dass die Umstellung gegen Bochum zu radikal war (einige meinen 'ja', ich würde eher meinen 'nein'), aber sie folgte einem bestimmten System und ist in sich logisch, somit nachzuvollziehen. Den Rest wird man leider jetzt abwarten müssen. Und zwar eindeutig länger, egal wie es ausgeht, als bis nächsten Sonntag.