Gjasula ist mitten im Rausch nach der Pokalfinalsaison zu uns gekommen, mit Shao, Jula und anderen. Er war schon ein Hit, als er hier angefangen hat. Wenn wir mal angucken, was für eine Vertragsgestaltung bei z.B. Jula der Fall war, kann man daraus womöglich zu Rückschlüssen auf das Gehalt eines Gjasula kommen. Dass die gesamte Vereinspolitik in jenen Tagen darauf abzielte, dem dicken Ochsen mit Gewalt das Fliegen beizubringen, sprich, eine vordere Platzierung mit Aufstiegsoption zu erzwingen, hat mittlerweile in der Nachschau den Charakter von "Wahnsinn mit Methode" angenommen. Heute kann man auch wissen, dass es schon seinerzeit wohl darum ging, auch wenn Sasic es öffentlich stets bestritt, durch einen Wiederaufstieg die Amortisierung der Investitionen der Stadiongesellschafter einzuleiten, sprich die Höhe der Stadionmiete auf "Erste-Liga-Niveau" zu rechtfertigen.
Ivo Grlic ist der Mann, der den sportlichen Umschwung bei uns eingeleitet hat, indem er den Beweis führte, dass die Vorbedingung für Engagement, Leistung und Könnerschaft nicht unbedingt im direkten Zusammenhang zum fetten Vertragsabschluss zu finden ist. Mit kurzen Vertragsdauern, flexiblen Verlängerungsoptionen und angepassten Gehältern gelang die weitgehende sportliche Konsolidierung. Wir sind weg von einem Star-System und hin zu einem Talent-System gekommen. Dies wurde immer gefordert (auch schon zu Sasics Zeiten und absurder Weise von Hübner, der dann ganz anders handelte, als er gesprochen hatte) und im Umfeld sieht man überall, dass es so besser funktioniert. Das ausgesprochen abschreckende Gegenbeispiel par excellence bleibt für mich Aachen.
Diese neue Linie zieht allerdings unter anderem nach sich, dass man eine bestimmte Form von "Gerechtigkeit" als Teamgeist implementiert. Wenn ein Leistungsträger wie Jovanovic sich mit der Hälfte eines Jula-Gehaltes zufrieden geben muss, dann kann man nicht einem, der in der aktuellen Saison leider nur eine Randfigur geblieben ist (ob jetzt selbst verschuldet oder nicht) wiederum ein Jula-Gehalt weiterzahlen. Dies würde das Mannschaftsgefüge schlicht sprengen.
Im übrigen, da sollte man sich die einschlägigen Mitteilungen nochmals vergegenwärtigen, ist Gjasula nicht gesund: er ist weiterhin Tablettenpflichtig und muss regelmässige Checkups durchführen lassen. Alle, die hier den Bezug zum allgemeinen Arbeitsmarkt herstellen, sollten nachvollziehen, dass der Profisport eine Arbeitswelt ist, in welcher der Schnitt allein über den Leistungsbezug gemacht werden kann. Ein Spieler, der körperlich total ausfällt, ist für die Dauer seines Ausfalls völlig wertlos, wie ein Sänger, der nicht singen kann. Will ich eine Tournee organisieren, kann ich mir einen Leadsänger, bei dem um den Faktor X das Risiko besteht, dass er seine Stimme verliert, nur leisten, wenn ich gleichzeitig einen Vertrag mit einem abschliessen kann, der eventuell einspringt. Die Mehrkosten muss aber natürlich der Sänger tragen, dessen angegriffene Stimmbänder ggf. nicht durchhalten werden. Wenn ich als Manager darauf nicht bestehe, mache ich einfach einen schlechten Job.
Der Artikel von "xtranews" ist für mich eher ein Objekt fürs Fremdschämen. Besser wäre das, die guckten erst mal, wie "Bild" oder "Express" Tendenzartikel lancieren, bevor sie sowas auf dem Niveau einer Grundschul-Schülerzeitung auch ausprobieren.
"Nach Insider-Informationen ist der XN-Redaktion bekannt, dass Gjasula ein unmoralisches Angebot mit erheblichen finanziellen Einbußen auf dem Tisch gelegt wurde." schreiben die. Das bedeutet, es gibt einen Insider, der weiss, dass die XN-Redaktion das weiss, was sie sowieso schreibt. Sorry, Leute, für diese falsche Formulierung kriegt man schon ab der fünften Klasse gravierenden Punkteabzug. Und die Wertung "unmoralische Angebot" soll wohl witzig sein, kehrt aber, wo wirklich jeder Depp über hypende Spielergehälter und geldgierige Berater Bescheid weiss, den Spiess ganz unglücklich um, und XN macht sich damit ungewollt zum piefigen Postillion der Besserverdienenden. Kann man nur hoffen, dass es ein Versehen war, sonst besser umbenennen in "Deutsches Zahnärztejournal" (oder gibt es das schon?).
Ich denke, es geht jetzt um einen Versuch Gjasulas, sich aus der Kampflinie zu begeben. Aufgrund seiner Verdienste um den MSV sollte man es dabei belassen. Grilc hat es bisher nicht nötig gehabt, zu lügen, die Kritiker, die ihm von Naivität bis Speichelleckerei alles mögliche vorgeworfen haben, wurden durch die geleistete Arbeit, nicht durch Pressebulletins, stets wieder ad absurdum geführt. Im vorliegenden Fall ist offenkundig, dass ein schriftliches Angebot an den Spieler selbstverständlich nicht am Beginn der Verhandlungen steht, sondern wohl eher auf das geplante baldige Ende derselben hinweist. Etwas anderes macht auch gar keinen Sinn, da man sich ja tagtäglich sieht. Die Annahme, Grlic und Gjasula laufen wochenlang aneinander vorbei, und dann schickt der Manager zum Auftakt zu Gesprächen über anstehende Vertragsverlängerungen mal einen Brief an den Spielerberater, ist schlicht absurd.