Letztendlich ein Spiel, bei dem ich enttäuscht bin, ohne richtig einen Grund dafür zu finden. Wir hatten gute Torchancen in beiden Halbzeiten, und zwar ungefähr soviel, wie du gegen eine so gut disponierte Mannschaft wie Nürnberg mit viel Routine und individueller Klasse bekommen kannst, dabei sogar ein satter Pfostenbrummer. Die beiden Kopfballtore mögen vermeidbar gewesen sein, allerdings sehe ich hier, im Unterschied zu vielen Mitforisten, keineswegs ein Totalversagen der Unsrigen als Hauptgrund für das Zustandekommen, vielmehr waren es halt beides sauber einstudierte Standards. Das Kreuzen mit Querlegen beim ersten, das wuchtige Vorstossen in die Lücke, als alles auf den Ball guckt, und man den eigentlich zu verteidigen Raum für eine Sekunde nicht auf dem Schirm hat: mit solchen Kopfballtoren werden auch nicht selten viel hochklassigere Abwehren als unsere komplett auf dem falschen Fuss erwischt, notfalls auch mehrmals hintereinander.
Wahrscheinlich kommt die Enttäuschung durch unsere explosive Schlussphase, wo es uns auf einmal erstaunlich leicht und umfassend gelang, diese bis dahin so sicher gewirkt habenden Nürnberger komplett aus dem Konzept zu bringen. Dann der Elfer, der nochmal die vergebenen Chancen und die lange Phase, in der wir zu passiv zugelassen haben, dass Nürnberg das Spiel kontrollierte und verschleppte, richtig hochbrachte, und dann war auch schon Schluss. Der King in den dreissig Minuten, die er kriegte, fast schon eine Offenbarung, genauso gut funktioniert ein Wiegel als eine Art Edeljoker, der allerdings für meinen Geschmack, genauso wie Iljutschenko, früher drauf gehört hätte. Die drei Jungs machten nochmal richtig Alarm, und man kann Gruev somit auch nicht vorwerfen, taktisch grundfalsch gelegen zu haben.
Vielleicht hat er etwas zu lange dafür gesorgt, dass die Bremse angezogen bleibt, auf der anderen Seite war Nürnberg uns läuferisch total überlegen und gelang es denen immer wieder, unter kompletter Umgehung unseres Mittelfeldes, mit langen Bällen die Offensiven gefährlich einzusetzen, die handlungsschnell und mit viel Zug zum Tor sowie Übersicht agierten. Jeder im Stadion hatte wohl ein Gefühl dafür, dass das dritte Gegentor uns endgültig erledigt haben würde, danach dann kein Aufbäumen mehr möglich gewesen wäre. Also ne schwierige taktische Kiste, zumal Nürnberg sich lange kaum Blössen gab. Tashchy für mich etwas zu unbeweglich, Brandstetter dafür vorbildlich agil, beide mussten aber auf die Strecke besehen mit nur wenig Zuspielen auskommen. Leider bleibt bei Brandstetter das alte Problem, dasss er zwar mächtig Zug zum Tor entwickelt, ihm dann aber die geniale Idee fehlt. Eine Situation ist mir noch erinnerlich, wo der Torwart schon liegt, und er mit einem leichten Lupfer alles höchst wahrscheinlich klar machen könnte, dem Nürnberger Schlussmann statt dessen aber den Ball genau in die Hände kickt, der sollte ihm dafür noch ein Bier ausgegeben und sich bedankt haben. Schade, immer die Nerven bei diesem agilen und leidenschaftlichen Jungen.
Ähnlich überhastet zuweilen Cauli Oliveira Souza, dem aber auch mehr Beweglichkeit und mehr Spielideen seiner Kumpels aus dem Mittelfeld fehlten, um richtig zu glänzen. Fröde viel zu statisch und lahm im Kopf, Schnellhardt dafür wieder mit einzelnen guten Ansätzen, aber ohne dass daraus durchgängig etwas Ansprechendes wurde, er wartet für mein Empfinden schlicht immer zu lange ab, statt sich selbst in die Rolle des Führungsspielers zu begeben. Dafür Nauber für mich wieder ein absolutes Glanzlicht in der Defensive, präsent, routiniert, sogar oft etwas zu gedankenschnell für seine Umgebung, die sich zu stark auf die Tendenz von Nürnberg, das Ding zu verschleppen, einliess. Stoppelkamp wirkte irgendwie formschwach und müde. Nach vorne hat die Dynamik eines Klotz schon gefehlt, wobei Erat, bis auf das Tempodefizit, mir auf der rechten Aussenbahn eigentlich auch gefiel. Eine optimale Nutzungbarmachung beider Spielerpersönlichkeiten würde wahrscheinlich die störanfällige Dreierkette notwendig machen, das wird aber mit Gruev sowieso keine Option werden.
In der Summe ein Spiel, wie es zu erwarten gewesen war, und in dem wir uns alles in allem gegen einen klaren Favoriten, der auch fit war und geschickt agierte, so gut verkauft haben, wie derzeit möglich. Die Mannschaft hat gezeigt, dass sie das Feuer anzünden kann, war wieder von einer sympathischen Offenheit und Leidenschaft gekennzeichnet, es fehlt aber, namentlich gegen sehr gute Mannschaften, das Handeln wie aus einem Guss. Mittlerweile kennen wir Gruev ja ein bisschen und wissen, dass er da noch viel dran feilen wird, spätestens in der Rückrunde kriegt Nürnberg eine Revance, würde ich behaupten. Jetzt einfach weiter auf den Klassenerhalt fokussieren, dazu dürfte dieses Spiel eine angemessene Positionsbestimmung gewesen sein.