The One and Only...
Sehr geehrte Damen und Herren,
es gab in dieser Saison selten einen Moment, wo ein Tor so erlösend wirkte wie das 2:0 der Zebras, der Moment, wo ekstatischer Jubel und Durchatmen Hand in Hand gingen und man einem ganzen Stadion anmerkte, was dort gerade in mehr als 10 000 Herzen an emotionalen Aufräumaktionen stattfand. Spätestens in diesem Moment waren dann wirklich alle restlos begeistert von diesem Kerl, der dort seit geraumer Zeit über die Außenbahn wetzte und eine Furche nach der anderen durch die Aachener riß. Und hier und schon vorneweg: Chapeau, Hooligan... das war mal eine Ansage...
Es ist in dieser Situation vollkommen unerheblich, ob sie gut oder schlecht gespielt haben, um mehr als Punkte ging es heute nicht. Betrachtet man es aus spielerischer Hinsicht, dann war die erste Halbzeit extrem schlecht gespielt. Branimir Bajic prügelte die Bälle nach vorne, Pliatsikas changierte zwischen guter Zweikampfführung und schierem Wahnsinn, Exslager verreckte in Harmlosigkeit und Gjasula hatte den kompletten gegnerischen Kader vor sich, wenn er versuchte, das Spiel zu gestalten. Angesichts der Brisanz dieses Duells vielleicht auch vollkommen logisch, dass sich zuerst beide darauf beriefen, nicht frühzeitig in Rückstand zu geraten, aber dementsprechend bieder war auch diese Partie, die locker mit sonstigen Katastrophenauftritten mithalten konnte.
Aber irgendwie haben sie dann in der zweiten Halbzeit eine Sache besser gemacht als die Aachener, und es war vor allem die Galligkeit, der Mut und die Reaktionsschnelligkeit, die imponierte. Es war Maurice Exslager, der den Verteidiger unvermittelt unter Druck setzte, und es war Jürgen Gjasula, der die Situation sofort verstand und mit einem Flachschuss die erste Großchance fabrizierte. Und spätestens ab dem Zeitpunkt, wo Oliver Reck Exslager auf die Außenbahn stellte und ihm Raum und Platz gab, um Fahrt aufnehmen zu können, wurde es endgültig zur One-Man-Show des Hooligan. Was Maurice Exslager in den folgenden Minuten dort veranstaltete, erinnerte an die Herren der Vorsaison, es erinnerte an den Ethos, der damals diese Mannschaft bis ins Pokalfinale trug, und es war daher vollkommen klar, dass jeder in diesem Moment mit auf den Zug aufspringen würde. Ab da schepperte die Wedau. Neben Felix Wiedwald, der vorher in aller Klasse extrem lange stehenblieb, war es heute Maurice Exslager, der die 5 % mehr ausmachte, als es mal darum ging, die Sache mit Willen und Leidenschaft über die Bühne zu bringen. Sie wollten es, und sie hatten es sich verdient. Und sie „spielten“ diese beiden Spielzüge zu Ende, was man angesichts dem Willen, mit dem sich Exslager dort durchsetzte, gerne vergisst. Es war auch spielerisch gut, und es folgte der Richtung der letzten Spiele, als sie endlich damit anfingen, Torchancen zu fabrizieren.
So wichtig Maurice Exslager für diese Partie war, so wichtig ist Jürgen Gjasula, was die aufsteigende Tendenz der letzten Spiele angeht. Ohne diese Übersicht, diese Ruhe, diese Genauigkeit, diese Ballbehauptung und diese Galligkeit, die er auch noch mitbringt, wären diese ganzen Spielzüge nicht denkbar. Und deswegen sollte man bei aller Heldenverehrung für den Duisburger Hooligan nicht den Schlüssel vergessen, der manche anderen Leute auf dem Spielfeld erst auftauchen lässt. Er hat dafür viel zu lange gebraucht. Aber jetzt gerade ist er der Spielgestalter, den man sich schon viel früher gewünscht hätte, und er füllt diese Position seit geraumer Zeit ordentlich bis gut aus. Was er kann, zeigte er, als er von vier Aachenern umringt, immer noch in den Strafraum vordrang. Herzlich willkommen in Duisburg. So kann man arbeiten.
Was auffällt, sind diese Gesten. Brosinskis Tritt gegen die Bande, als er das 1:0 erzielt. Wolze, wie er Gjasulas Kopf in die Hand nimmt, nachdem dieser gerade knapp mit dem Flachschuss gescheitert war. Wiedwald, wie er abgeht, als er Odonkors Großchance vereitelt. Sie sind da, und sie haben Lust, sie passen aufeinander auf und pushen sich. Diese Mannschaft hat in dieser Hinsicht einen riesigen Schritt nach vorne gemacht, und als sie es unter dem Gesang der Tribüne dann in aller Professionalität zu Ende brachten, den Gegner laufen ließen, das Spiel auf die andere Seite verlagerten und Ballstaffetten spielten, wusste man, dass dieses Team jetzt endlich eine Ahnung davon hat, was es zu leisten imstande ist und wie es funktioniert. Es ist für die jetzige Situation perfekt, betrachtet man den Verlauf der Saison ist es leider einfach nur jammerschade. Aber wenn man davon ausgeht, dass ein paar Korsettstangen bestehen bleiben werden, dann ist es auch nicht der schlechteste Rumpf, auf dem man etwas aufbauen kann.
Aber um bei der Gegenwart zu bleiben: Heute gehörte nur einer auf den Zaun, und zwar dieser wetzende Kampfhase, der einen Haken nach dem anderen schlug, nebenher ein Stadion anzündete und komplett Aachen tanzen ließ. Und hoffentlich wird er im Laufe der Zeit dort noch öfter auftauchen. Es wäre allen Beteiligten angesichts der Ausbaufähigkeit seiner Gesangskompetenz nur zu wünschen, aber nochmal: Chapeau, Hooligan... das war im besten Sinne des Wortes faszinierend.
Gruß aus Neudorf
Micha