Ich kann mich kaum erinnern, jemals schon zur Pause so fertig gewesen zu sein. Anfangs nur Angst, Unsicherheit, Verkrampfung, und zwar auf beiden Seiten, dazu unzählige Spielunterbrechungen, ein wildes Anrennen und Dagegenbolzen, absurde "Pässe" mit einer Scheitelflughöhe von geschätzt zehn Metern über dem Torraum, wo der gedachte Empfänger eigentlich für jedermann deutlich sichtbar zu sein scheint. Jede Standardvariante der Unsrigen nur insoweit gefährlich, dass der tödliche Konter regelmässig droht.
Wenn ich mal ehrlich bin, habe ich dem Spielverlauf gar nicht kontinuierlich folgen können, und musste mich heute sogar nachträglich vergewissern, wer genau in der Startelf war, obwohl ich das komplette Aufwärmen auch schon mitkriegte. Offener Schlagabtausch mit starker Betonung auf Schlag, wäre mein Resümee für HZ eins, wobei ich den Eindruck hatte, dass Paderborn in einigen Sequenzen sehr stark drückte, wir aber deren spielerische Bemühungen gut ersticken konnten.
Irgendwie eins dieser Spiele, wie es sie schon gab, lange nicht mehr das spielerische Niveau, welches wir z.B. gegen Fürth aufbieten konnten. Mir schwante da nicht viel Gutes, zumal explizit Wolze, aber auch andere, wieder mit einer massiven Streuung hinsichtlich der Genauigkeit ihrer Zuspiele zu kämpfen hatten, und Obinna gut abgedeckt, die anderen Angreifer offensiv weitgehend unwirksam erschienen. Ein Tor würde diese Partie wahrscheinlich entscheiden, das Gefühl hatte man im Stadion, und zu unserer unfasslichen Pechsträhne würde auch dieses unfassliche, uns endgültig ins Nichts stossende Ding wahrscheinlich zwangsläufig dazukommen: irgend so ein abgefälschter Kullerball, man sah es fast schon vor sich, und spürte es förmlich schon, wie einem buchstäblich der Arsch aufs Grundeis durchrutscht in dem bestimmten, verhängnisvollen Moment.
Dann wurde es aber anders: namentlich Obinna wirkte wie frisch mit einer Million Kilovolt aufgeladen, niemand konnte den noch bremsen, der Neue spielte sich zwar ein bisschen fest, schien aber doch den Ball wenigstens behaupten zu können, und so etwas wie eine grundsätzliche Idee davon zu verspüren, wie es gehen könnte. Dann natürlich Grote, der irgendwie von allem Gesumpfe genug zu haben schien, und den beinharten Bad Guy auspackte, der auch noch einen richtig guten Fussball spielen kann. Da hatte dann auch der King wieder mehr Lust, was zu versuchen, und wir kriegten Paderborn zu packen, die sich, wie ich glaube, nach der ersten Halbzeit schon heimlich etwas ausgerechnet hatten.
Da blieb aber unser altes Problem, der Torabschluss. Nachdem Obinna den Flachschuss links neben das Tor gezirkelt hatte, glaubten sicher viele, dass wir nicht mehr näher dran kommen. Auf einen Erfolg per Standard zu hoffen, blieb völlig illusorisch (hier muss aber auch mal was getan werden, aber echt, Leute! Das ist im Moment original Kreisklasse, was da abgeliefert wird!). Und dann kam dieser kleine georgische Messi...was ne Bude, was für ein Glück. Was für ein Zittern noch danach, was für ein Schweinespiel bis zum erlösenden Schlusspfiff...und wie geil nachher alles ist, wie es nachschwingt, die ganze Woche über anhalten wird, als hätte man das Pokalfinale wieder erreicht. Alles nur wegen den drei Punkten!
Aber es ging/geht um soviel mehr, nämlich um den unerschütterlichen Glauben daran, dass nun endlich der Knopf aufgegangen ist, wir eine ganz andere Mannschaft erleben werden, dass die sportliche Leitung jetzt wieder unbenommen von den zynischen Mechanismen des öffentlichen Geschäfts sattelfester und ungestörter ihrer überlebenswichtigen Arbeit nachgehen kann, und zwar mit einem viel, viel mehr als nur nachgebesserten Kader!
Unsere vertragslos gewesenen Jungens werfen aktuell die Frage auf, warum man überhaupt noch während der Transferperiode versucht, an bestimmte neue Spieler zu kommen. Möge es so bleiben!