Mich hat Engin heute überrascht. Statt des 442-4231-Einheitsbrei hat er uns heute das 343 bzw. 523 aufgetischt, was er mit der U19 getestet, aber nie in einem Pflichtspiel probiert hat.
Womit wir schnurstracks bei der Kaderplanung wären, die ja eigentlich auf ein 4231 ausgelegt war, oder? Übrigens die gleiche Geschichte wie bei Dotchev und Schmidt, wobei Schmidt einige Wochen experimentierte, bis er auf das 343 kam, aber auch da war der Kader eigentlich auf Dotchevs 4231 abgestimmt. Nun ja, auch wenn ich die Formationsdiskussion in dem Konzept-Zusammenhang für etwas overrated halte, scheint dem letzten Fans wohl langsam klar zu sein, dass es auch unter Heskamp keine fixierte Spielidee oder Vereinsspielweise gibt. Und das obwohl der Vorstand doch extra einen sportlichen Berater bezahlt. Hält dieser das wirklich nicht für notwendig? Und falls ja, mit welcher Begründung?
Trotzdem hat mir Vurals Ansatz echt gut gefallen und ich war erstaunt wie klar die Mannschaft in den ersten 60 Minuten spielte. Die vorderen drei Spieler standen eher eng (
@Pawel), die Sechser überraschend hoch und der etwas größere Raum zur Kette wurde darüber kompensiert, dass man aus einer Fünferkette viel progessiver rausrücken kann als aus einer Viererkette (schade, dass Kwadwo nicht mehr da ist, der Ansatz wäre optimal für ihn gewesen). Wenn die Viktoria dann doch über die - für sie - ungeliebten Flügel spielte, wurden die Angriffe auch gut gestellt. Kurzum: Mai und Senger mussten weniger als sonst die Angriffe im Strafraum löschen. Es wurde davor viel besser verteidigt.
Jeder Spieler schien sein Aufgabengebiet zu kennen. Der Spielrhythmus wirkte etwas ruhiger, es gab trotzdem mehr Balleroberungen als unter Ziegners etwas hektischeren Stressfussball. Zudem wurde nicht nur versucht schnell umzuschalten, es gab auch immer wieder gute Ballbesitzphasen (gemessen an der eher limitierten Spielerwahl sogar überrraschend gut). Die Spieler standen insgesamt enger zusammen, so dass das Kurzpasspiel besser funktionierte, lose Bälle wurden oft eingesammelt, man kam zwingender (und nicht im letzten Moment) in die Zweikämpfe und öfters ins Gegenpressing. Zudem gab es auch immer mal wieder Phasen, wo man aktiver und höher presste. Auch das wirkte gemessen an der kurzen Vorbereitungszeit, die Vural hatte, überraschend einheitlich und schlüssig.
Nach dem Rückstand zog sich die Viktoria zurück und der MSV musste selbst initiativer werden, was man sowohl im Pressing (teilweise hohes Zustellen/Anlaufen bis hin zu Mannorientierungen über den ganze Platz) und auch im Ballbesitz merkte. Aber es fehlte dann im Ballbesitz leider Durchschlagskraft und auch die richtigen Mechanismen. Zudem fehlten einfach auch die Ballbesitzspielertypen, die der Kader entweder verloren hat (Frey, z.T. Stoppelkamp) oder auch durch Verletzungen im Moment nicht zur Verfügung stehen (Pledl, Pusch).
Wenn so vieles gut und besser als unter Ziegner war, wieso hat es trotzdem nicht für Punkte gereicht? Zum einen wurden die eigenen Chancen nicht genutzt und die Viktoria war halt sehr effektiv. Ich vermute auch, dass wir in den Expectead Goals zum ersten Mal seit dem Freiburg-Spiel wieder vorne lagen. Und das ist
für mich dann auch einfach ein erkennbarer Fortschritt, auch wenn mir klar ist, dass das nicht jeder so sieht
Ich persönlich fand die Rollenbesetzung auch nicht so richtig passend, hätte mir eher Fleckstein statt Bitter und Bakir statt Ekene gewünscht. Natürlich hat Ekene eine Großchance vorbereitet und er hat eines der besseren Spiele für den MSV gemacht, aber gerade in den (Halb-)Räumen, in denen er sich aufgehalten hat, hätte sich ein Bakir deutlich wohler gefühlt und mehr Kreativität ins Spiel gebracht.
Dazu darf man nicht vergessen, dass mit Pusch, Pledl und Esswein drei potentielle Stammspieler fehlten, die ich mir auf der Halbposition im Dreiersturm sehr gut vorstellen kann, gerade wenn der Gegner etwas reaktiver spielt als die Ballbesitz-Viktoria. Auch Kölle würde mir auf der linken Schiene sehr gut gefallen.
Kurzum: Ich teile die Weltuntergangsstimmung nicht. Vurals Ansätze waren für mich erfrischend. Sein Spielansatz wirkte zwar weniger gallig-mitreißend (
@Zauberer) und ruhiger, aber kontrollierter und klarer. Wir haben weniger Torschüsse und Chancen zugelassen, hatten mehr Balleroberungen und auch weniger eigene Ballverluste. Ich denke mit etwas besserer Abstimmung im Ballbesitz, Matchglück und den hoffentlich bald zurückkehrenden verletzten Spielern, sollten wir konkurrenzfähig sein. Wir sind natürlich zwingend auf Erfolgserlebnisse angewiesen, damit das Selbstvertrauen und der Glaube zurückkehrt und wir nicht in die totale Negativspirale gelangen.
P.S. Ich war über die Reaktion der Ultras heute etwas enttäuscht. Mir fehlte da das Fingerspitzengefühl. Neuer Trainer, neue Ansätze, unglückliche Niederlage. Ich hätte mir gewünscht, dass man der "Duisburger Lösung" wenigsten die drei Spiele gibt, bevor man den "bedingungslosen Support" einstellt und emotional rumpöbelt.