Man, was 'ne geile WM! Dutzende Überraschungen, aufstrebende Spieler und vor allem kein Weltmeister namens Michael van Gerwen.
Wenn man mal ganz nüchtern die Stärke und Konstanz von
MvG betrachtet, dürfte ihn seine WM-Bilanz insgesamt nicht zufriedenstellen. Als großes Talent galt er ja schon immer. Erstmalig habe ich seinen Namen vor gut zehn Jahren in Verbindung mit einem 9-Darter wahrgenommen. Es hat allerdings gedauert, bis er bei der
PDC angekommen ist. Zur Zeit seiner 17 perfekten Darts in Folge fand ich ihn klasse. Mit all den Jahren in und an der Spitze ist er mir aber immer unsympathischer geworden. Die letzten fünf Jahre als klarer Favorit gestartet, dreimal hat es nicht gereicht. Wenn man diese jährliche Dominanz sieht, muss man sagen: Die WM ist nicht sein Turnier, da zeigt er durchaus Nerven.
Einfach nur geil dagegen Rob Cross. Geheimfavorit ist eigentlich 'ne undankbare Rolle, weil einem doch irgendwie viel zugetraut wird. Cross hat das summa summarum souverän gemacht und sich verdient, bspw. die Matchdarts von van Gerwen zu überleben. Nimmt man dessen Partien gegen Price und van Barneveld, stimmt die Relation in Sachen Glück und Pech. Und wie er den alten Mann dann im Finale überrollt hat, war eines Weltmeisters würdig. Meiner Meinung nach war Cross im Finale auch Favorit, aber das Endergebnis und die Art waren doch erstaunlich stark. Ich denke, dass auch er gut einordnen konnte, wie Taylor in dieses Finale kam. Da ist er einfach zu gut gewesen und krönt damit seinen sensationellen Aufsieg in so kurzer Zeit. Noch geiler: Wenn er sich da oben etabliert, wird es endlich mal wieder spannender.
Für Phil Taylor war es trotz verpasstem Titel ein versöhnliches Ende. Seine Lockerheit kauf ich ihm nicht so ganz ab. Ein Abschied als Weltmeister hätte dem Mann, der sich selbst gern mit Roger Federer & Co. vergleicht, schon
SEHR gut geschmeckt.

Aber so hatte alles seine Richtigkeit. Zum Schluss nochmal die ganz große Finalbühne für denjenigen, der einfach das Gesicht dieses Spiels war. Über Jahre hat es sich Taylor aufgebaut, die Gegner nur mit seinem Status zu dominieren. Das ist eine unglaublich schwer zu erreichende Errungenschaft. Ein wenig traurig bin ich, dass van Barneveld lange Zeit bei der BDO gespielt hat. Man kann ungefähr erahnen, wie es sich die beiden rund um das Jahr 2000 in Bestform gegeben hätten. Aber sie hatten ja auch so noch ihre Duelle, grandios natürlich das Finale von 2007. Allerletztes WM-Match in der herrlich stinkenden
Circus Tavern. Bemerkenswert übrigens auch, dass Taylor im späteren Alter nach Niederlagen immer wieder geantwortet hat: 2003 gegen Part verloren, drei WM-Titel in Folge. 2007 gegen van Barneveld verloren, 2009 diesen im FInale geschlagen und noch einen Titel nachgelegt. Bei der WM 2012 früh gegen Chisnall raus, im Jahr darauf Weltmeister. 2017 nochmal das
World Matchplay eingetütet. Es wäre doch wieder irgendwie passend gewesen, hätte Taylor jetzt mit dem WM-Titel seine Karriere beendet.
Für mich wichtigste Erkenntnis dieser Weltmeisterschaft: Der Dartsport könnte auch abseits der WM endlich wieder interessanter werden. Die
Premier League mal ein wenig aufgemischt, Cross als möglicher Widersacher van Gerwens in den nächsten Jahren. Auch die deutschen Spieler sollten Mut aus diesem Turnier mitnehmen. Max Hopp wird hoffentlich geil sein, nächstes Mal wieder teilzunehmen. Kevin Münch spürt vielleicht, dass sich ein permanentes Fokussieren auf Dart auszahlen könnte. Und auch die anderen sollten an den Beispielen Cross, J. Lewis und van den Bergh sehen, wie schnell es gehen kann.