Stellungnahme zur Diskussion sowie deren Erkenntnisse der Sicherheitskonferenz in Berlin
Am Donnerstag, den 18.10.2012, trafen sich Vertreter des MSV Duisburg und seiner Fans an der Westender Straße und erörterten das Papier "sicheres Stadionerlebnis" der DFL. Der MSV wollte im Rahmen dieses Treffens die Stimmung seiner Fans zu diesem “Konzept” abfragen.
Die Resonanz aller Beteiligten war so eindeutig wie vorhersehbar, und wurden von einem Vertreter von DISPARGUM in einer Stellungnahme so zusammengefasst, dass sich alle Beteiligten dort wiederfanden und dieses Papier zur Grundlage dessen wurde, was an Herrn Kentsch weitergeleitet wurde und seinerseits von Herrn Kentsch an die DFL weitergegeben wird: Die Fans des MSV lehnen die vorgeschlagenen Konzepte und Ideen als populistischen und fankulturfeindlichen Quatsch ab.
Anbei wollen wir die Stellungnahme als Meinung vieler MSV-Fans dokumentieren und Fanclubs, Gruppierungen und Einzelpersonen ohne Gruppenzugehörigkeit darum bitten, sich bei inhaltlicher Übereinstimmung gerne auf die Liste der Unterzeichner setzen zu lassen.
Eine kurze Mail mit dem eigenem Namen beziehungsweise dem der Gruppe / des Fanclubs an
petition.unterschreiben@gmail.com reicht dafür vollkommen aus. Außerdem würden wir uns freuen wenn ihr den Link dieses Dokumentes auf eure Homepages, Blogs oder sonst wohin verlinken würdet.
Unterstützer:
47ers
Biker Zebras Remscheid
Borrachos Duisburg
Bronx Voerde
Comunidad
DISPARGUM MCMII
Fanatics Duisburg
Fanprojekt Duisburg e.V.
Fasciated Crew Duisburg
Forever Duisburg 1980
Hessenzebras
Jungspunde Duisburg
KA-WEEMS
Kohorte Ultras
Leberschaden Duisburg
Los Locos
Lucky Zebras
msvfans.de
N.A.F. Duisburg 1989
PFYC-Zebras
Pendechos
Plautzen Commando Duisburg
Proud Generation Duisburg
Rainbow Zebras
Schlachtenbummler Duisburg
Semper Fidelis
Toastbrot Duisburg
Vernoz
Wild Companions Duisburg
Zebrabande 2003
Zebraherde e.V.
Zebraholiker ´02
Zebrakids e.V.
Zebrakolonie Beeckerwerth
Stellungnahme Vertreter Fanszene Duisburg zur Diskussion sowie deren Erkenntnisse der Sicherheitskonferenz in Berlin
Grundsatzerklärung vorab:
Nie waren Stadionbesuche sicherer und problemloser wie in diesen Jahren.
Dieses bestätigt der stetige Anstieg der Zuschauerzahlen, zum Großteil eben auch komplette Familien als Besucher und der damit verbundene hohe Anteil von Kindern.
Die aufkommende Debatte zur Sicherheitslage sowie der angeblich zunehmenden Gewalt bei Fußballspielen ist populistisch geführt und trägt in keiner Weise zu einer zielgerichteten Diskussion bei. Ferner fehlt jeglicher Nachweis zu erhöhten Vorkommnissen oder ein Anstieg der Verletztenstatistik. Dieses wird auch durch öffentliche Stellen so publiziert und ist nachhaltig anzumerken. Zu dieser Feststellung kommt scheinbar auch die Sicherheitskommission selber, denn sonst würde diese in ihrem eigenen Papier nicht von „.....Ziel ist es, das Stadionerlebnis sowohl in der subjektiven Wahrnehmung als auch in der objektiven Beurteilung weiterhin sicher zu gestalten.“ Würde der Verein das vorliegende Papier zum Thema „Sicheres Stadionergebnis“ unterstützen, so wäre dies ein Zeichen, dass man derzeit den Stadionbesuch in Duisburg selber als unsicher ansieht.
Hier wird aufgrund der schon länger anhaltenden Diskussion zum Einsatz von Pyromaterialien diese Thematik sowie jeder Vorfall zu einem Fußballspiel als brisante und gewalttätige Sicherheitslage diskutiert – die Form der Presseberichterstattung spielt hier die größte Rolle, da reißerische Aufmachung natürlich absatzfördernd ist, aber in keinem Fall den üblichen Besuch eines Fußballspiels darstellt und Unbeteiligten sowie der breiten Öffentlichkeit, ein völlig falsches Bild widerspiegelt.
Hier bleibt es oberste Priorität aller Diskussionspartner und Beteiligten anhand von Tatsachen diese Gespräche zu führen und medienwirksamen und populistischen Aktionen Abstand zu nehmen.
Fan-Privilegien:
Unter diesen Privilegien wird von ‚Kontrollsystemen’, ‚Sportgerichtsbarkeit’, ‚Zertifikaten’ und ähnlichen Punkten gesprochen. Allein die Namensgebung „Privileg“ scheint schon eine Ausnahmesituation darzustellen welche scheinbar herrscht, wenn man Besucher eines Fußballspiels ist.
Aktuell ist die Lage schon so, dass man als Stadionbesucher willkürlichen Kontrollen und Begegnungen mit Ordnungspersonal und Polizei unterzogen ist, die mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht mehr viel zu tun haben. Einschränkung von Bewegungsfreiheit ist an der Tagesordnung, völlig egal ob man mit öffentlichen Verkehrsmitteln, mit dem privaten PKW oder aber dem Bus anreist. Teilweises Entkleiden – so wie in dem Papier als möglicher Verbesserungsvorschlag aufgeführt – ist die Regel, zumindest als Gäste-Fan. Das mitführen einer Fahne oder das tragen eines Schals des eigenen Vereins reicht schon aus, um in einer Art ‚Sippenhaft’ von Ordnungskräften zu gelangen. Hierbei sind friedliches Auftreten, einwandfreier Leumund sowie ein entspanntes Auftreten im Augen der Sicherheitskräfte völlig unerheblich – unter dem allgemeinen Deckmantel der Gefahrenabwehr ist eine Kollektivbehandlung an der Tagesordnung!
Nach Ausführungen des Sicherheitspapiers ist es also als Bürger so zu verstehen, dass der Kauf einer Eintrittskarte schon ein Privileg darstellt?
Ferner wird in dem Papier ausgeführt, dass bei Nichtbeachtung Fan-Privilegien eingeschränkt werden können.
Der gemeinsame Besuch eines Fußballspiels, das Mitführen von Fan-Artikeln, das Aufhängen von Bannern oder Fanclub-Fahnen und ähnliche Dinge sind nicht Privileg sondern die seit vielen Jahren gelebte Auslebung von Fan-Kultur – einer Kultur welche den Stadionbesuch erst lohnenswert macht und mit der immer kräftig bei Verbänden, Vereinen und der Presse geworben wird; deren Bilder als Trailer oder Plakat benutzt werden und an denen sich auch der Stadionbesucher erfreut, der als Platz nicht die „Fan-Kurve“ für sich ausgemacht hat.
Die allzu schwammige Ausführung der möglichen Bestrafung (Verbot der Zaunfahne, kein Erhalt von Tickets usw.) gesamter Fan-Clubs ist hier auch schon wieder populistisch und abermals Sippenhaft. Bei Verfehlungen von Einzelpersonen kann und darf es keine Kollektiv-Bestrafung geben, außer mit dem Besuch eines Fußballspiels wird das Deutsche Grundgesetz außer Kraft gesetzt. Gruppierungen, Verbände, Vereine und sonstige Bündnisse unterliegen niemals der Kollektivstrafe und für den aktuell Fall bildlich gesprochen – nach einem Foulspiel sieht immer nur der Verursacher die Rote Karte, bis heute ist es nicht vorgekommen, dass deswegen die komplette Mannschaft des Feldes verwiesen wurde. Bei derart festgelegten Regelungen und Vorgaben würde der Verein viel an Handlungsspielraum aufgeben. Die regelmäßigen und produktiven Gespräche mit den handelnden Personen aus den Bereichen Sicherheit und Fanarbeit würden plötzlich in einem ganz anderen Licht dar stehen, da kaum noch gemeinsame Lösungen erarbeitet werden können, wenn alles vorgegeben ist.
Zusätzlich gibt es hier noch einige Punkte, die auch wieder nicht durchdacht sind. Wird zum Beispiel hinter einer Zaunfahne einer Gruppierung Pyrotechnik gezündet ist doch nicht davon auszugehen, dass es die Gruppierung selber war. Mitglieder anderer Gruppierungen oder Einzeltäter können Auslöser für Verbote sein, die Gruppierung kann in den Zwang der Beweisführung kommen die Unschuld zu beweisen?
Der aufgeführte Punkt der Unterzeichnung einer Charta des gesamten Fanclubs spielt da erheblich mit rein. Dieses Unterzeichnen würde sich der oben aufgeführten ‚Sippenhaft’ unterwerfen. Ferner, und das ist der wichtigste Punkt der ohne Bedacht so zur Diskussion gestellt wird, ist der Anteil der Fans eines Fußballspiels, welcher nicht Mitglied in einem offiziellen Fanclub ist – Ultragruppierungen hier nur als Beispiel aufgeführt – die nachweislich den größten Teil des Publikums ausmachen. Für diese gilt dann wieder nur Einzeltäterschaft und die Möglichkeit der Anonymität. Dieser Umstand und der daraus resultierende Druck auf die offiziellen Fanclubs wird doch nur zur Folge haben, dass auch diese als nicht offizielle Gemeinschaft auftreten werden, weil die Rechtsgrundlage für jedes Mitglied sicherer ist und der gültigen Auslegung des Grundgesetz entspricht.
Der dann immer wieder aufgeführte Punkt von Abschaffung von Stehplätzen erschließt sich in diesem Zusammenhang eh nicht, denn auch von Sitzplätzen kann jegliche nicht gewollte Handlung ausgehen – außer man will die Tickets in den so genannten Fan-Bereichen personalisieren. Dieser Punkt – wie auch die Möglichkeit der Begrenzung des Gästekontingents – wird einzig und allein das Ausweichen von großen Teilen der Fans in die ‚neutralen’ Bereiche haben.
An dieser Stelle sollte sich der Verein selber hinterfragen, wie er mit dem Wegfall der Stehplätze umgehen würde. Sicher dürfte sein, dass der Wegfall der Stehplätze gleichbedeutend mit einem deutlichen Rückgang an Zuschauern und damit auch an einem finanziellem Verlust verbunden ist.
Noch einige Ausführungen zu dem Punkt ‚Forderung’ an Dritte:
Der darin aufgeführte Punkt „...mehr Transparenz: Auskünfte über Stand von polizeilichen Ermittlungen gegen Tatverdächtige“ bedeutet was? Mehr Auskunft für wen und über wen?
„Konsequente Durchsetzung des Gewaltmonopols des Staates, Beachtung des Legalitätsprinzips“ bedeutet die einseitige Außerkraftsetzung der Grundrechte aufgrund von Kollektivbehandlung? Diese wieder schwammige Ausführung des Punktes öffnet Tür und Tor für die Exekutive in jeglichen Belangen.
Hier als Beispiel vielleicht noch unser diesjähriges Heimspiel gegen Dynamo Dresden angeführt. Wie nach jedem Spiel traf man sich zu Spielanalysen und Gesprächen am Fan-Container. Von der Polizei nur unzureichend bewacht wurden unsere Fans dann von einer großen Gruppe Dresdner angegriffen.
Einige Personen liefen weg und viele verteidigten sich. Die dann zu spät eingreifende Polizei ging daraufhin massiv gegen Duisburger Fans vor, wie fast immer wurde Pfefferspray eingesetzt, es gab Hundebisse und körperliche Handlungen gegenüber den sich verteidigen Personen. Die Folge dieser Aktion ist beispielhaft für die falsche staatliche Auslegung von Gewaltmonopol. In Folge des Angriffs durch andere Personen, die übrigens weder angegangen noch überprüft wurden, ist nun eine „Gruppierung“ auffällig und unterliegt strafrechtlichen Konsequenzen. Soll sowas Alltag sein?
Abschließend muss man einfach feststellen, dass diese Diskussionen absolut nicht sachgerecht und als völlig überzogen bewertet werden kann. Wenn man schon die Statistik bemühen will muss man sich auch die Tatsache gefallen lassen, das Besuche von Fußballspielen nicht gefährlicher sind als Besuche von Volksfesten oder anderen Großveranstaltungen. Ferner beunruhigt der Druck welcher von der Politik auf DFB/DFL ausgeübt wird – denn wie bereits ausgeführt scheint dieser populistischen Grundlagen sowie wahltechnischem Gefallen an dem Bürger zu unterliegen, angeheizt von einer nicht objektiven und allzu reißerischen Presse.
Die hier diskutierten Ideen, unter Hinzuziehen von ‚Experten’, sind äußerst zweifelhaft und ohne jegliche Einbindung der betroffenen Fans. Wer ist hier Experte und darf sich, nach Norm des DFB/DFL, so nennen? Die Auslegung der Meinung wirkt hier sehr einseitig.
Ferner ist die Art des Drucks auf die Vereine – Beeinflussung von Lizensierung und somit Eingriff in den Spielbetrieb – mehr als zweifelhaft. Politische Interessen können somit ausschlaggebend für das Wohl und Wehe eines Vereins werden. Vereine welche richtig gut und sauber arbeiten, sich auch sozialpolitisch sehr gut in ihr Umfeld und die Fanarbeit einbringen, können trotzdem für eine Randgruppe sanktioniert werden.
Die Folgen daraus sind wirtschaftliche Schäden und ein Ansehensverlust in der Öffentlichkeit. Hier wird versucht die Probleme und Verfehlungen der Gesellschaft sowie der Politik in jeglicher Verantwortung auf die Vereine und deren Umfeld abzuschieben.
Daran anschließend stellt sich die Frage, welche finanziellen Mittel der Verein aufbringen muss, um die geforderten Maßnahmen umzusetzen. Container müssen angeschafft werden, es bedarf mehr Ordnungspersonal, da nicht mehr nur der reguläre Einlass kontrolliert werden muss, sondern auch extra Personal für die Container bereitgestellt werden muss. Neben der Tatsache, dass das Szenario „Kontrolle im Container“ absolut indiskutabel ist und in keinem Fall von Stadionbesuchern toleriert werden würde, käme ein weiterer Effekt hinzu. Diese Vorgehensweise wird dafür sorgen, dass viele Fans erst gar nicht mehr den Weg ins Stadion suchen würden.
Als weiterer Aspekt muss erwähnt werden, dass sich das Verhältnis zwischen Fans und Verein deutlich verschlechtern würde. Kein Fan wünscht es sich von „seinem“ Verein generell wie ein Schwerverbrecher behandelt zu werden, nur weil man ein Spiel schauen will. Es wird das Bild entstehen, dass der Verein nicht für seine Fans arbeitet, sondern gegen sie.
Ein Blick nach Hannover zeigt, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, wie man mit Fans umgehen kann. Hier wird wenig Polizei eingesetzt, was sofort deeskalierend auf die Stadionbesucher wirkt. Und die Praxis zeigt, dass dieses Modell funktioniert.
Jeder Stadionbesucher kann sich nur wünschen, dass die Vereine geschlossen gegen diese Punkte vorgehen und sich über eine sachliche und argumentative Gesprächsführung erheblich in die Runde einbringen. So denn auch unser MSV Duisburg.
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