Dem Artikel und Deinem Kommentar kann ich mich zu 100 % anschließen.
Allein schlummert in mir die -vielleicht romantische- Hoffnung, dass sich bei weiterem kontinuierlichem überspannen des kommerziellen Bogens
dereinst, die -nicht top Club- Fans zusammen tun und eine Anti Pav-TV Bewegung gründen, die effektiv diesen Drachen Bezahlfernsehen boykottiert und damit den Gar ausgemacht.
Würde jemand diesen Verein gründen, melde ich mich jetzt schon als Mitglied.
Meine Ansicht ist da ziemlich radikal und - ich gebe es zu - rückwärtsgewandt. Die Zukunft des Fußballs ist eine andere. Mit deinem und meinem Ansatz ist es schwierig, den Leistungsgedanken zu fördern, der nach immer schneller und besser schreit. Also permanentes Wachstum wie in der Wirtschaft. Da musst du ein Denken eingepflanzt haben wie Hoeneß und Rummenigge. Der Profi-Fußball befindet sich im weltweiten Wettbewerb, nur Erfolge zählen, weil sie Geld bringen, was die Basis für noch ausgefeiltere Arbeit (Trainingsmethoden, Scouting etc.) und weitere Steigerungen ist. Die Leistungssprünge werden nicht mehr riesig sein, sondern klein, aber entscheidend. Für diese kleinen Steigerungen wird der Aufwand an Geld, Zeit, Innovationen und Know-how aber enorm sein. Die entscheidende Frage: Hat Wachstum im Sport, speziell im Fußball, (natürliche) Grenzen? Aus Gegenwartssicht ist das kaum zu beantworten, man kann leichtfertig "Ja" antworten. Aber ist das wirklich so einfach? Die bundesdeutsche Europameisterelf von 1972 galt damals als das Beste, was man sich vorstellen konnte. Ich habe im Nachhinein eine Zeitung gesehen, die nach dem Titelgewinn in einer Überschrift sinngemäß die Frage stellte: "Kann man noch schöner Fußball spielen?" 1972 war das offenbar schwer vorstellbar.
Die zweite entscheidende Frage ist aber eine, die in eine andere Richtung zielt: Geht es auch anders? Mit Sicherheit, nichts ist alternativlos. Man muss sich nur über die Folgen bewusst sein. Wenn wir den Weg Englands mit den Großinvestoren in den Vereinen nicht mitgehen, werden wir schnell abgehängt. Das zeigen die europäischen Vereinswettwerbe. Schon jetzt sind die großen Idole der Fußball-Jugend in vielen Fällen keine deutschen Spieler mehr, sondern die internationalen Weltstars, die vor allem in England und Spanien kicken. Mittel- und langfristig wären die Folgen noch verheerender: Ohne internationale Erfolge sinkt das allgemeine Interesse, da muss man sich nichts vormachen. Die 1980er Jahre, als viele Bundesligaspiele vor weniger als 10.000 Zuschauern stattfanden, liegen so lange noch nicht zurück. Damals waren wir international nicht in der Spitzengruppe vertreten, nur waren die Abstände nicht so groß, wie sie heute sind. Fällt du heute im internationalen Vergleich in die Zweitklassigkeit zurück, kommst du nicht mehr so schnell zurück. Ohne Erfolge gibt es auch weniger Sponsoren und weniger Geld, das Interesse der Jugendlichen an Fußball wird geringer, deren frühe Förderung in den Vereinen geht zurück. Der Niedergang fängt in der Spitze an und zieht sich durch bis in den Amateur- und Jugendbereich. Geld und Unterstützung fehlen dann an allen Ecken und Enden. Insofern muss ich leider zu dem traurigen Fazit kommen, dass die noch mehr oder weniger mäßigen Erfolge von Dortmund, Scha.lke und vor allem Bayern indirekt auch den MSV am Kacken halten. Nicht zu vergessen die Nationalmannschaft, die immer noch ein Aushängeschild des deutschen Fußballs ist. Die tragen maßgeblich dazu bei, dass das (mediale) Interesse am Fußball nach wie vor groß ist, wovon auch die 2.Liga und damit auch der MSV profitiert. Ich weiß, dass die Verteilung des Geldes ein Problem darstellt. Natürlich kann man eine gerechtere Verteilung fordern. Kurzfristig würde das den kleineren Vereinen helfen. Ob das aber mittel- und langfristig so wäre, bezweifele ich.
Ich bitte darum, das nur als meine Zustandsbeschreibung zu sehen. Ich wünschte mir eine andere Entwicklung, die allerdings ein weltweites Umdenken im Fußball weg vom reinen Kommerz (und damit auch vom sportlichen Wachstumsgedanken) voraussetzen würde. Ich schwanke permanent zwischen Kampf und Fatalismus, wobei letzteres überwiegt. Ich kann nicht am großen Rad drehen. Aber ich kann mir meine kleine Fußballwelt gefühlt so erhalten, wie ich sie sehen möchte. Ich kann meinen Amateurverein vor Ort unterstützen im (Irr-)Glauben, dort würde das Geld nur eine untergeordnete Rolle spielen. Ich kann mehr Chancengerechtigkeit im deutschen Profifußball fordern, damit mein MSV vorübergehend wieder auf zwei Beinen stehen kann. Auch wenn ich befürchte, dass uns das dann in zehn Jahren endgültig den Kopf kosten kann. Letzten Endes habe ich aber die Hoffnung, dass die finanzielle Blase platzt und der Fußball "back to the roots" geht. Die 1960er Jahre, als die Fans noch eine anderen Stellenwert hatten, waren für uns alle sicherlich nicht die schlechtesten. Damals wurde auf allen Ebenen mit Leidenschaft gespielt. Es gab auch damals Stars, die zu Vorbildern taugten, und zwar nicht nur
im Stadion. Ob diese Hoffnung allerdings realistisch ist, steht auf einem anderen Blatt.