Eine eingespielter Oberliga-Tabellenführer ist halt in etwa so gut wie der uneingespielte "Rest" eines Drittligisten. Es geht da nicht nur um fehlende Automatismen, sondern auch um Spielpraxis, Sicherheit und eine zentrale Achse an Führungsspielern, die die Mannschaft führt, den Rhythmus bestimmt und die halt nicht auf dem Platz war (Flekken, Bajic, Schnellhardt, Janjic). Deswegen wundert mich das knappe Spiel nicht in geringster Weise. Wer heutzutage Oberliga spielt, hat in der Jugend auch meist mehrere Jahre in den NLZ oder U23 von Proficlubs gespielt und somit auf höchstem Niveau. Das ist eine Folge der DFB-Nachwuchsförderung, die nach der Jahrtausendwende ins Leben gerufen wurde (NLZs und DFB-Stützpunkte, damit kein Talent durchs Raster fällt) und die jetzt - 15 Jahre später - für eine enorme Schwemme an guten Spielern und ein hohe Leistungsdichte sorgt.
Hinzu kommen dann noch taktikpsychologische Aspekte. Es ist immer leichter als Außenseiter zu reagieren und fleißig gegen den Ball zu arbeiten als das Spiel selbst zu gestalten. Und vor 7000 Zuschauern gibst du als Oberliga-Spieler nochmal das letzten Quentchen mehr und bist besonders motiviert. Deswegen würde ich mich unserem Team nicht zu hart ins Gericht gehen. Sie haben in einem Wettbewerb, der für Verein und Fans nur noch die 2.Geige spielt, hinten die Null gehalten und vorne das Dingen gemacht. Das ist schon ok...
Trotzdem hat unsere ins Spiel geschickte Elf vieles vermissen lassen, vor allem das Tempo in Halbzeit 1 erinnerte bei unseren phasenweise an ein Altherren-Spiel und kaum jemand bot sich mal durch Freilaufen entscheidend an. So hatte es Uerdingen auch recht leicht, gegen uns zu verteidigen, da wir nie in ein gutes Tempo kamen und damit deren Defensive vor Probleme gestellt hätten.
Insgesamt hat sich außer Blomeyer wirklich niemand für das nächste Ligaspiel empfehlen können und daher überwiegt bei mir die Enttäuschung über die dargebotene Leistung.
Dieses Team, welches in großen Teilen immer noch recht identisch ist mit dem Abstiegskader, hält es wie das faule Pferdchen: immer nur so hoch springen wie man muss.
Das mag aktuell aufgrund der Vielzahl an 1:0-Erfolgen auch funktionieren, nur irgendwann geht es auch mal schief. Und gestern hat Uerdingen m.E. noch nicht mal die beste Leistung abgerufen, da in der Offensive die Abspiele alle nicht so präzise waren wie gewohnt. In Velbert beim Oberliga-Spitzentreffen zuvor erschien mir Uerdingen sogar diesbezüglich noch etwas stärker. Aber Ihren allerbesten Tag hatten die gestern zweifelsfrei auch nicht und trotzdem liess sich nie ein Klassenunterschied erkennen.
Und die Einstellung der Spieler bei solch einem Pokal-Spiel vor immerhin über 7000 Zuschauern - und einem Derby - lässt darauf schliessen, dass sich da nicht viel geändert hat. Denn der Wille, dieses Spiel frühzeitig zu entscheiden, war eigentlich nie zu erkennen, auch wenn man dann durch Einwechselung von Schnellhardt und Brandstetter in der Schlussviertelstunde doch etwas zielgerichteter zu Werke ging.
Das mag jetzt Widerspruch bei Vielen hier auslösen (ja, ich weiß: die sind Tabellenführer ohne Gegentor zu Hause), trotzdem nehme ich das so wahr.
Krönung für mich übrigens die Einwechselung von Klotz: kommt rein in einem Spiel, wo alle Kollegen bisher absolut enttäuscht haben. Er muss also nur einigermaßen solide spielen, um da schon positiv herauszustechen.
Und dann übertrifft er sich in einer Szene nach der anderen mit Fehlpässen über 5 Meter und schraubt das Gesamtniveau noch weiter nach unten.
Aber da er ja dann wenigstens eine Flanke richtig getroffen hat und somit das Siegtor vorbereitet hat, ist er vermutlich jetzt der Held neben Brandstetter.