Tatsächlich ist die Diskussion um Trainer Baumann letztes Jahr auch für mich viel zu früh losgegangen. Aber im zweiten Saisonabschnitt war doch schnell ersichtlich, dass da sportlich gesehen nicht mehr viel nachkommen wird.
Ob man das jetzt an Baumann selber festmachen soll oder daran, dass er halt nicht mehr Möglichkeiten hatte, kann man endlos sezieren. Und für mich bestand auch ein erheblicher Unterschied, ob man in irgend einem Forum oder einem Gespräch sachbezogen Missfallen und Kritik äusserte oder aber versuchte, mit Handzetteln die Leute dazu zu bringen, einen einfach so aus dem Stadion zu pfeifen. Warum dieses angesichts dessen, dass Baumann aus dem Nichts eine sehr gute Tabellenplatzierung erreichte und auch noch den Niederrheinpokal holte, trotzdem geschah, bleibt mir rätselhaft.
Aber das ist Geschichte, und davon etwas gegen Lettieri aufzurechnen, bringt gar nichts. Von der Punkteausbeute her sind wir, genau wie unter Baumann, auf einem ausreichend guten Niveau, aber Lettieri hat es sicher alles in allem gesehen geschafft, eine viel ambitioniertere Spielanlage mit einem auch fast vollständig neu zusammengestellten Kader umzusetzen. Er hat wie Baumann auch bewiesen, dass er zur Not dafür sorgen kann, dass hinten die Null zunächst steht.
Dass er, betrachtet man die ganze Saisonhälfte, viel abwechslungsreicher aufstellt und sich mehr auf den Gegner und individuelle Veränderungen bei uns einstellt, statt nur eine eher unansehnlich effektive Defensivstrategie gut umzusetzen, wird niemand bestreiten können. Zuletzt hat Lettieri in einer Phase sicher auch im Prinzip den "Baumann-Style" dargebracht, aber niemand wird in Abrede stellen, dass wir deutlich offensiver und spielorientierter selbst dann agieren, wenn es als Grundlage im Spielaufbau wieder Langholz auf zwei Stürmer gibt. Auch dann wird ambitionierter verschoben, ist alles viel beweglicher, wird mehr versucht, steht man höher.
Was die mehr sachbezogenen Kritiker im letzten Jahr gefordert haben, lässt sich vielleicht mit dem Anspruch an höhere Spielkultur zusammenfassen, und dieser Anspruch ist zweifelsohne umgesetzt worden. Ob dieses auch mit Baumann geklappt hätte oder nicht, wird niemals jemand wissen. Hierzu muss man aber am Ende bedenken, dass der Trainer schon die Spieler für die neue Saison mit aussuchte. Sicher wäre aber ein Vorteil gewesen, dass eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit Baumann Kontinuität bedeutet haben würde. Dass Kontinuität ein wichtiger Faktor ist, erleben wir gerade.
Insofern ist für mich alles OK. Baumann hat ja auch wieder eine Arbeit. Was wir aber alle sicher draus lernen sollten: eine einzige Saison reicht nicht wirklich aus, um etwas aufzubauen und deshalb darf nicht am Ende jeder Saison schon wieder die Stunde Null stehen. Das war riskanter als viele sich vielleicht eingestehen, dieser Trainerwechsel, denn sicherlich ist Lettieri in fast allem das maximale Gegenteil Baumanns. Es wäre ein ziemlicher Fehler, daraus, dass es einmal geklappt hat, abzuleiten, dass es immer wieder klappen wird.
Ich glaube diesen Teil der Lektion haben einige, die jetzt schon wieder "Trainer-raus" rufen, nicht verstanden. Nach dem, was man so mitkriegt, sind das aber im wesentlichen nicht die sachlich orientierten Baumann-Kritiker der letzten Saison, sondern einige, die irgendwie meinen, dass die magische Überperson Grlic sich wie im Online-Spiel einen Trainer nach dem anderen ranholt und gegebenenfalls ebenso rasch mal wieder ablegt.