Was Kaiserslautern als Tabellenletzter da für ein Pressingspiel gegen den Ball aufgezogen hat, war schon sehr sehr stark. Man hatte das Gefühl die spielen mit 3 Mann mehr auf dem Platz!
Ich denke, hier ist deine Wahrnehmung etwas verzerrt. Unsere Passquote lag am Samstag bei 84%. Unsere durchschnittliche Passquote über die Saison gesehen liegt bei 74%, also 10% schlechter. Demzufolge kann das Pressing von Lautern nicht sehr intensiv gewesen sein. Ein intensives Pressing drückt immer die Passquote des Gegners.
Zum anderen finde ich es für die Diskussion auch nicht förderlich immer wieder darauf zu verweisen, dass Kaiserslautern Letzter ist. In der Formtabelle und der Rückrundentabelle sind sie ganz vorne dabei, während wir im Moment kriseln. Eigentlich war Lautern der Favorit.
Hier schlägt auch der Aspekt durch, den ich schon vor Wochen, als viele vom Aufstiegskampf träumten, erwähnt hatte. Es ist immer leichter das Spiel aus eine Underdog-Rolle reaktiv anzugehen als selbst initaitiv zu werden. In unseren erfolgreichen Zeiten war das aus strategischer Sicht oft ein Vorteil für uns. Im Moment ist es eher ein Nachteil, gerade auch weil unsere Spielanlage im Kern nicht initiativ und dominant ist. Die Tabellensituation drängt uns aber in diese Rolle. Eigentlich müssen wir wieder wie ein Aufsteiger spielen.
Unsere Mannschaft presst sogut wie gar nicht gegen den Ball, sporadisches Anlaufen der Stürmer, kaum mehr ein Anlaufen der Vierer Mittelfeldreihe und wenn du dann noch die Zweikämpfe in der Rückwärtsbewegung so angehst wie Hajri, dann kannst du das kaum verteidigen. Gruev spricht immer von einer defensiven Stabilität. Ohne vernünftiges und konsequentes Arbeiten gegen den Ball, halte ich es für unmöglich eine Stabilität in unsere Defensive zu bringen. Dafür machen wir Defensive zu viele individuelle Fehler und sind im Mann gegen Mann nicht zweikampfstark genug.
Hier muss man ganz klar zwischen Pressing und Gegenpressing trennen. Unser Pressing war unter Gruev IMMER eher passiv und tief. Es wurde erst ab oder kurz vor der Mittellinie aktiv angelaufen und Druck auf den Ball gemacht. Der Vorteil gegenüber einem hohen und/oder aktiven Pressing ist die Tatsache, dass wir in unserer Hälfte eine gute Kompaktheit haben. Die Zwischenlinienräume werden klein gehalten, lange Bälle können gut behauptet und eingesammelt werden, man bietet dem Gegner eigentlich nur den Flügelangriff an, schiebt dann aber schnell zur Seite durch und erstickt den Angriff meist auch dort. Zudem kann man dadurch die individuellen Schwächen in letzter Linie kompensieren, weil man gut ins Doppeln kommt und 1:1-Situationen meidet. Von dieser taktischen Ausrichtung in der jetzigen Situation abzuweichen, wäre Wahnsinn. Im schlimmsten Fall würden uns die Gegner reihenweise auseinander nehmen, zumal es auch keine Routinen im aggressiven Pressing gibt. Für mich ist die abwartende Haltung mit guter Ordnung, wenn der Gegner flach aufbaut, alternativlos.
Gegenpressing bezeichnet hingegen den Moment, wenn man selbst in Ballbesitz ist, den Ball verliert und dann sofort aktiv gegen den Ball arbeitet, um ihn zurückzuerobern. Die Staffelung der Mannschaft ist in solchen Momenten völlig anders. Man steht aufgefächert und schlechter abgesichert, hat viele Spieler in der gegnerischen Hälfte. Der Gegner hat Räume zum schnellen Umschalten und Kontern. Diese Möglichkeit muss man dem Gegner durch ein gutes Gegenpressing nehmen. Das misslang am Wochenende beim 0:1 völlig. Der Gegner konnte sich befreien, fand Räume, um Tempo aufzunehmen und wir mussten den Konter hinten in Gleichzahl verteidigen.