Man sollte nicht vergessen, daß Sandro Wagner tatsächlich zunächst einmal extrem hartes Brot kauen mußte, denn schließlich war er dereinst unterbezahlter Lohnsklave des MSV Duisburg.

Das ist kein Zuckerschlecken und prägt ungemein.
Aber gut. Wie auch immer, Sandro Wagner darf und soll seine Meinung vertreten. Der Punkt ist doch nur der, welchen Gehalt und welche Relevanz man dieser Meinung beimisst. Ich selbst habe kurz geschmunzelt, dann war die Angelegenheit für mich erledigt. Der nimmt mir nix weg, ich gebe ihm nix dazu. Vielleicht indirekt über 1.902 Ecken aber auch dazu werde ich ja nicht gezwungen. Und ob er einen beigen Stufenheck-Sierra fährt oder einen Bugatti Veyron ist mir wirklich egal. Solange er sich nicht mit seiner Möhre in den letzten freien Parkplatz bei einem Ikea vordrängelt.
Kurz gesagt ist mir die Meinung von Herrn Wagner zu diesem Themenkreis schlicht egal. Und daß die Ausbildung zum Profifußballer mit einem Diskotheken-, Freundeskreis-, Rebellionsphasen- und Sonstwasverzicht einhergeht, was dann wiederum zweistellige Millionenverdienste rechtfertigen soll, erschließt sich mir zwar nicht, wühlt mich aber in meinem Inneren nicht so dermaßen auf, daß ich hier tagelang steil gehe. Ich nehme auch nicht an, daß nun ein größerer Prozentsatz seiner Berufskollegen seine Ansichten 1:1 teilt. Und sehr gering dürfte letztlich die Gefahr sein, daß Sandro Wagner nun als eine Art "Bosman der Gehaltsstruktur im Profifußball" eingehen wird, weil nun einsichtige Klubbosse auch ihre Hinterbänkler in der 3. Liga "angemessen" entlohnen werden.
Was bleibt ist lediglich mein Bild von Sandro Wagner, das in sich einerseits die durchaus sympathische Komponente unbeugsamer Individualität und Offenheit beinhaltet, andererseits aber auch unfassbarer Naivität und Weltfremde, im Tandem mit dem absolut fehlendem Gespür für den Augenblick. Ich wünsche ihm jedenfalls, daß er nach seiner Karriere nicht dem nagenden Groll und der Verbitterung über schmales Salär und immense erbrachte Opfer erliegt, sondern wenigstens zeitenweise Spuren von Zufriedenheit erfährt.
Was für ein Kokolores da.
Und dann wundert man sich warum es sonst immer nur die gleichen 08/15 Interviews von den Profis gibt. Wenn einer eine andere Meinung hat und diese vertritt bekommt man ja direkt die volle Breitseite ab.
Aber nur weil es sich ausnahmsweise nicht um 08/15 handelt, muß es ja nicht andererseits positiv sein. Heißt: Ich kann a la 08/15 Unsinn quatschen, ich kann es aber auch "auf die originelle". Es wäre zwar schön, wenn der Fußballernonsens tatsächlich etwas individueller wäre, unterm Strich bleibt es aber doch meistens Nonsens.