Bei "stolz für sein Land" sind wir dann wieder beim Beobachten der Mundbewegungen, wenn die Nationalhymne dudelt. Früher gab es die gleiche Diskussion, wenn Spieler ins Ausland wechselten. Es wurde gefordert, die Netzer, Breitner, Völler und Co. aus der Nationalmannschaft zu werfen, weil sie lieber in Spanien oder Italien viel Geld verdienten, anstatt sich in Mönchengladbach oder Leverkusen die letzten Fussknochen für ein bisschen Fanliebe zerschinden zu lassen.
Und natürlich der Ferrari vom Netzer, Pelzmantel vom Kaiser, die Bilder nach dem WM-Finale 1974, besoffen mit dicken Zigarren - bei uns bricht beim Anblick von soviel Kontrollverlust immer gleich die Panik aus, dass unsere Jugend mit solchen Vorbildern nicht mehr ordentlich zur Schule geht, Widerworte gibt, ein illegales Kind zeugt oder mit Vaters Auto ohne Führerschein eine Spritztour macht. Und an all dem soll der Sportverband auch schrauben, anstatt nur an der Höchstleistung.
Stolz auf sein Land kann nur sein, wer es als großzügig und tolerant kennen lernt, wer einen Vertrauensvorschuss erfährt, anstatt permanent einer alles in Besitz nehmenden Inquisition durch selbsternannte Moralbeauftragte zu unterliegen. Leider hat der DFB aber auch in früheren Zeiten immer mehr Schiss um das öffentliche Selbstbild als ehrpusseliger Produzent von Elf-Freunde-Kitschpostkarten gehabt, als eigene Vaterlandsliebe. Das führt mit dazu, dass es in Deutschland keinen Weg an die Weltspitze gibt, keinen Versuch, sie zu erreichen oder zu halten, keine Bewunderung für die Anstrengung, die das kostet und den Sport selbst, sondern immer nur: Der da ist Weltmeister, den feiern wir ohne Ende. Der andere dort ist nur Dritter geworden, den kannste komplett abschreiben. Wie konnte er sein Land so im Stich lassen?!
Neu ist die Diskussion auch keineswegs, was unsere Welt-Starqualität angeht - eigentlich fühlten wir uns den anderen großen Fussballnationen da auch notorisch unterlegen, ob 1974, 1990 oder 2014. Genau deswegen brauchen wir jetzt wieder, ich wiederhole mich gern, einen Nationaltrainer, der intelligent genug ist, all das zu verstehen, und es dann als komplett unwichtig hinter sich zu lassen. Diese Qualität sehe ich voll und ganz bei Nagelsmann. Louis van Gaal, der ja auch genannt wird, hat sie offenkundig ebenfalls nicht. Siehe seine neuesten Manipulationsvorwürfe. Nagelsmann hat sie definitiv. Und sie ist wichtig.