Ich denke Nagelsmann ist einfach der Typ Mensch, der nicht aus seiner Haut heraus kann. Der ist wie er ist und halt kein Sympathieträger. Er muß aber noch lernen mehr mit der Mannschaft zu arbeiten als nur für sein eigenes Ego. Das scheint er auch (das lese ich aus seinen Interviews heraus) verstanden zu haben.
Ich finde die Entscheidung pro Nagelsmann sehr erfrischend. Ein junger quirliger, erfolgsoriertierter Typ statt diese ewigen altbackenen Männers.
Viel Erfolg, Julian !
Ich hab dieses Sympathieträger-Ding immer misstrauisch betrachtet. Fussballer sind nicht unbedingt Sympathieträger, und Trainer auch nicht. Van Gaal wirkt oft wie ein spätmittelalterlicher Kurfürst, der "leider" missliebige Kritiker nicht mehr öffentlich vierteilen und rädern lassen darf. Mourinho dafür unterkühlt wie ein Gross-Börsenzocker. Hitzfeld war hölzern, Heynckes schnell eingeschnappt, Zidane völlig undurchschaubar. Guardiola könnte ich keine 10 Minuten ertragen, wenn der vor mir rumzappeln würde.
Klopp zum Beispiel hat sich ausgiebig mit Medienpräsenz befasst, sein Gut-Drauf-Sein hat sicher auch einen natürlichen Zweig, aber ist eben doch erlernter Teil eines Jobs, den er sehr umfassend auch als mediale Repräsentanz seiner Auffassung von Fussball begreift. Ancelotti dürfte so ungefähr das maximale Gegenteil davon abbilden. Tuchel, für mich bisher ein echter "Lieblingstrainer", kommt mir irgendwie gerade vor wie ein älterer Typ, der einem Bodychange mit einer 13-jährigen Vollpubertierenden zum Opfer gefallen ist.
Nagelsmann erzeugt bei mir eher ein gewissen Sowohl-als-auch. An der Seitenlinie wirkt er nervtötend, nach den Spielen fand ich ihn öfter reflektiert und selbstkritisch. Er hat selten Ausreden gesucht, erklärt, was er selbst erklären konnte, eine klare Grenze definiert, wenn das, was zu sagen war, nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sein sollte. Dort gefiel er mir. Vor allem wirkte er für sein Lebensalter sehr reif - so ungefähr das genaue Gegenteil von Sandro Wagner.
Ich glaube, er hat ein sehr gutes Gefühl für das, was er wert ist und spürt bereits sehr deutlich den Verschleiß, den dieser Job mit sich bringt. Hier geht es weniger um absolute Summen sondern darum, dass der Wert eines Menschen im Profifussball nunmal mit hohen Summen taxiert wird. Die immer nur einen Bruchteil dessen repräsentieren, was andere mit dem Fussball verdienen. Ich glaube, einer wie Nagelsmann verkauft sich deswegen so teuer wie möglich.
Und dieses "sich so teuer wie möglich verkaufen" scheint mir auch eine sportliche Leitlinie seines Fussballs zu sein. Der Grund für seine oft ersichtliche Unzufriedenheit und seinen Ehrgeiz, nie für irgendeine Galerie eine beste Schulnote rauszuholen, sondern das Spiel wirklich in seiner ganzen Tiefe zu ergründen. Nagelsmann ist keiner, der sich später mal zum Ende der Karriere mit Tränen in den Augen einfach darüber freuen will, was der Fussball ihm alles gegeben hat. Sondern der will dem Fussball selbst etwas dazu geben, was sich zuvor noch nie darin gezeigt hat. Er so etwas wie ein Entdecker oder Erfinder.
Solche Menschen wollen keine Sympathieträger sein, und werden es auch nie. Waren Beckenbauer oder Netzer letztendlich zum Beispiel ja auch niemals.