Ich mag deine Analysen gerne lesen, Schimanski. Die aufgeführten Punkte 1-3 sind aber doch wirklich offensichtlich und werden doch von allen Mannschaften ausprobiert, oder? Was wäre denn die Alternative?
1. Lade den Gegner auf ein oder zwei Tore ein?
2. Gehe ihm möglichst weit aus dem Weg und lass ihn in Ruhe machen, was er am besten kann - ohne das eigene Tor zu schützen?
3. Vermeide Situationen, die Du gut kannst und probiere mal etwas aus, was du so gar nicht beherrschst?
		
		
	 
Es geht um Prioritäten. Das der Impact eines Spielers wie Tim Heike hier so kontrovers diskutiert wird und für den Trainer Woche für Woche der Grund ist, ihm die ersten 60 Minuten zu geben, zeigt doch nur, welchen Stellenwert die Arbeit gegen den Ball in unserem Spiel hat. Wenn wir nicht Tabellenführer wären, würde jeder Tim Heike als Transferflop bezeichnen und auf die Bank wünschen.
Es ist doch eine leichte mathematische Rechnung. Wenn du 2/3 des Spiels gegen den Ball arbeitest, stellst du eher Spieler auf, die sich in diesen Phasen besser machen. Wenn du 2/3 des Spiels den Ball am Fuß hast, bevorzugt du Spieler, die in diesen Phasen besser sind. 
Wieso ist denn Verl die letzten 15 Minuten gegen uns eingebrochen? Weil deren Spieler auch unter gewissen Prioritäten aufgestellt und verpflichtet werden. Und wenn sie ihr Spielstil nicht mehr durchbekommen, werden ihre Schwächen offensichtlich. Genauso wie unser Schwächen offensichtlich werden, wenn wir den Ballbesitz "brauchen" und der Gegner darin besser ist.
Obwohl ich bekanntermaßen ein Freund des Ballbesitzes bin, frage ich mich bei meiner Mannschaft auch jede Woche wieviel Anlaufdruck ich brauche bzw. wieviel Verzicht ich mir erlauben kann. Das Anlaufen ist in meinem Kopf immer Thema. Ich stelle nie die besten "Zocker" oder "Baller" zusammen auf. Dann wären wir gegen den Ball und defensiv einfach zu schwach.
Aber: Umso besser meine Mannschaft im Laufe der Zeit im Ballbesitz wird, desto weniger muss ich mir über das Anlaufen oder Zweikämpfen Gedanken machen. 
Es gab Phasen in meiner Zeit als Jugendtrainer da waren wir so überlegen im Ballbesitz, dass mir das Anlaufen fast egal war. Wir brauchten damals auch nur kurz viel Intensität um den Ball wieder zurückzuholen. Deswegen war die Arbeit gegen den Ball eher "leicht" und bedurfte für mich als Trainer in jeder Hinsicht weniger Aufmerksamkeit.
Aber: Umso länger die Phasen gegen den Ball sind (das kann verschiedene Gründe haben, die Stärke der Gegner oder deine Spielidee), desto mehr brauchst du auch ausdauernden Fleiß gegen den Ball und desto wichtiger wird dieser Aspekt bei der Personalwahl.
Budget-technisch sind wir als Viktoria Buchholz in der Bezirksliga eher ein Underdog. Bei anderen Vereinen wird mehr gezahlt. Und da spielen auch die Spieler, die mal höher gespielt haben und eine gewisse Vita vorzuweisen haben. Deswegen ist das Spiel gegen den Ball trotz meiner persönlichen Vorlieben und inneren Überzeugung immer Thema. Aber ich möchte (und habe auch schon) die Mannschaft dahin entwickeln, dass sie immer unabhängiger vom Spiel gegen den Ball und immer besser mit Ball wird. Dabei kommt es - ehrlich gesagt - auch immer wieder zu Rückschlagen, weil die Mannschaft im Wissen an entwickelte Stärken mit Ball, gegen den Ball etwas nachlässt.
Diese Nachlässigkeit gibt es bei Hirsch nicht. Seine Außendarstellung, seine Ansprachen, sein Training, seine Aufstellungen, seine innere Haltung und sein Coaching haben immer die absolute Prio auf die Arbeit gegen Ball. Auch wenn er als Tabellenführer zum Vorletzten fährt. Er setzt den Fokus auf Stabilität, Zweikämpfen und Anlauffleiß, trotz all den Unterschieden, die 
@Meidemicher Opa in den Spielverläufen erkannt hat und am Ende zum gleichen Ergebnis, einem Sieg, geführt haben.
Das ist nur eine Feststellung. Mir geht es nicht um eine Bewertung. Das ist für die Diskussion der taktischen Idee an dieser Stelle sogar fast unerheblich. 
Und wenn jemand sagt, Hirschs Überzeugung in der Haltung zum Spiel oder den Setzen der Prios hat uns als Aufsteiger an die Tabellenspitze geführt und deswegen spricht alles für die Richtigkeit dieses Weg, dann hat er natürlich recht. Es ist nicht so, dass Hirsch seine Prioritäten verschoben hat und wir deswegen oben stehen. Nein. Wir stehen hauptsächlich deswegen oben, weil Hirsch seinen Weg weiter perfektioniert hat und Mannschaft, Fans und Umfeld diesem Weg noch bedingungsloser folgen. Erfolg ist bekanntermaßen das beste Teambuilding. Und da hat Hirsch auch recht.