Gestern habe ich, weil mir grundsätzlich die Freiburger Truppe, insbesondere deren Trainer, vom Grunde her sehr sympathisch sind, mal in aller Ruhe als emotionsloser Betrachter das ganze Pokal-Spiel gegeben. Es geht mir im Folgenden nicht um das DFB-Pokalendspiel als solches, es geht um das Drumherum, das mir zunehmend schwerer zu akzeptieren fällt.
Vorausschickend möchte ich sagen, dass ich sehr gut verstehe, dass Profifußballspieler in ihrer kurzen Karriere genügend Geld verdienen sollten, um Rücklagen für das "danach" zu bilden. Wenngleich ich denke, dass man nicht grundsätzlich darauf verzichten muss, sich parallel weiterzubilden, um dafür die Grundlagen zu schaffen. Machen ja auch einige Spieler.
Augenscheinlich ist der monetäre Überfluss bei einigen Spielern bestimmter Vereine aber so groß, dass neben dem Bilden von Rücklagen heute schon gerade erwachsen gewordene Jugendliche, denn das sind für mich die meisten Spieler in der Altersgruppe, das Geld für ihren Livestyle ausgeben. Gucci-Handtäschchen, edle Sportwagen, teuerstes Outfit - spricht gegen die These, dass das "Verdiente" für das "Später" sorgen muss. Der größte Teil der Spieler geht auch gut durchgestylt in die Spiele mit immer verrückter werdenden Frisuren und Einfärbungen auf den Rasen - der eine hat (als beliebige Beispiele nur von gestern) scheinbar einen Skunk als Vorbild beim Friseur angegeben (Nico Schlotterbeck), der andere das Stachelschwein (Simacan). Es ist ein Schaulaufen vor den Kameras, natürlich gedeckt von der persönlichen Freiheit des Einzelnen, aber irgendwo schon ein wenig mit dem unübersehbaren Hauch von grenzwertiger Dekadenz.
Dass beim Betreten des Rasens noch das Glaubensbekenntnis öffentlichkeitswirksam und ausgiebig zelebriert wird, geschenkt. Aber manchmal warte ich schon darauf, dass noch im Mittelkreis ´ne Kerze anzündet oder an der Eckfahne den Gebetsteppich ausrollt wird, je nach Glaubens-Präferenz. Kurz nach Anpfiff ist dann auch schon Schluss mit den religiösen Grundtugenden. Jede Kleinigkeit wird genutzt, um als Gefoulter (oder auch nicht gefoulter) mit langjähriger Ausbildung zum Drama-Schauspieler abzuheben wie ein Eurofighter, sich wie ein Irrwisch auf dem Boden zu wälzen und sich mit schmerzverzerrtem Gesicht Körperteile zu halten, die nie im Leben getroffen wurden. Und je besser die Schauspielerein, umso stärker ausgeprägt ist die Rudelbildung mit nachfolgenden, primatenartigem Pubertätsverhalten, das sich bis auf die Bank wie ein Flächenbrand ausbreitet.
Mag sein, dass es an meinem Alter liegt. Habe die Anfangszeiten der Bundesliga mitgemacht und hätte mir nicht vorstellen können, wie sich das alles mal so entwickelt. Klar, auch damals gab es schon einige Großverdiener, die das auch in der Öffentlichkeit ausgelebt haben um zu protzen (Günter Netzer sei gegrüßt

), aber mittlerweile ist das alles im Summenspiel des Ganzen für mich schon so weit vom eigentlichen Fußballspiel entrückt, dass es nicht mehr so mein Ding ist. Ich weiß, dass man das Rad der Zeit nicht zurückdrehen wird, dass die Kommerzialisierung voranschreitet und augenscheinlich immer andere Spielfelder sucht und auch findet, aber für mich ganz persönlich geht die Schere zwischen denen, die das Ganze am Ende finanzieren und denen, die das Geld nach Hause tragen, dann doch zu weit auseinander. Es tritt das ein, was ich "Entfremdung" nenne. Kann ich mich nicht mit identifizieren. Und ich frage mich nach der Vorbildfunktion für die nachfolgenden Generationen, die dieser Sport so gerne für sich in Anspruch nehmen möchte????