Letzter im Bundesliga-Schneckenrennen
Warum Rudi Bommer MSV-Trainer bleibt
(RPO) Duisburg (RPO). Während in Nürnberg und Bielefeld bereits nach wenigen Wochen der Misserfolge die erst kürzlich eingestellten Trainer Thomas von Heesen und Michael Frontzeck um ihren Job bangen müssen, herrschen beim Liga-Schlusslicht MSV Duisburg für Coach Rudi Bommer geradezu paradiesische Zustände.
Der 50-Jährige hat trotz einer eklatanten Negativserie seine Arbeitsstelle nahezu sicher, weil er mit MSV-Präsident Walter Hellmich einen loyalen Boss hinter sich weiß. Hellmich verlängerte neulich sogar den Vertrag mit seinem leitenden Angestellten vorzeitig bis 2010.
Denn es gehört zu Hellmichs Philisophie, Mitarbeitern, die sich nach besten Kräften in seinen Betrieb einbringen, nicht den Stuhl vor die Tür zu setzen. "Da mache ich keine Unterschiede, egal ob es sich um den Trainer, die Putzfrau oder den Prokuristen handelt", hatte der 64-jährige Bauunternehmer mal gesagt - und nach diesen durchaus verlässlichen Maßstäben handelt er auch.
Wer sich das Vertrauen von Hellmich erarbeitet hat, genießt dessen Schutz. Norbert Meier, den mehr als ein Arbeitsverhältnis mit Hellmich verband, wäre wohl heute noch MSV-Coach, hätte er sich am 6. Dezember 2005 nicht mit einem Kopfstoß selbst aus dem Amt katapultiert.
Hellmich musste damals dem gewaltigen Druck der Öffentlichkeit nachgeben - und der Tatsache, dass Meier, der inzwischen Fortuna Düsseldorf trainiert, vom DFB-Sportgericht für die Attacke gegen Kölns Albert Streit ein dreimonatiges Berufsverbot erhielt.
Nur wer gewisse Starallüren offenbart und dementsprechend nicht ausschließlich im Sinne des Vereins handelt, hat bei Hellmich schlechte Karten. Ex-Trainer Pierre Littbarski etwa, der auf freie Tage bestand und Spielbeobachtungen seinen Assistenten überließ, wurde ebenso schnell entlassen wie Jürgen Kohler, der hinter Hellmichs Rücken plötzlich die Infrastruktur anmahnte. Dass es kein Flutlicht am Trainingsplatz gebe, sei für einen Bundesligisten schlecht, glaubte Kohler.
All das trifft auf Bommer nicht zu. Im Rahmen seiner Möglichkeiten ist "Rudi Rastlos" ständig auf Achse, beschäftigt sich mit Team und Gegnern und schlägt sich für den MSV, wenn es sein muss, auch die Nächte um die Ohren. Dass das nicht zwingend reichen muss, um das Saisonziel Klassenverbleib zu meistern, beweist die aktuelle Situation.
Im "Schneckenrennen" mit der Konkurrenz aus Rostock, Nürnberg, Bielefeld und Cottbus punktet auch der MSV nur minimal, ist mit 19 Zählern Letzter, hat aber trotz etlicher Wochen der Destruktivität noch realistische Chancen, den Abstieg zu vermeiden.
Die Mängelliste Bommers ist dabei gewaltig. Dem Coach gelingt es nicht, sein Team auf den Abstiegskampf einzustellen. Regelmäßig versagen den Spielern über mindestens 45 Minuten die Nerven. Gegen Stuttgart, Hertha, Rostock und zuletzt gegen zehn Hannoveraner verschlief der MSV jeweils die erste Spielhälfte, die Akteure wirkten gehemmt.
Bommer beklagt sich zwar über "Angsthasenfußball", muss aber wissen, dass die Motivation Chefsache ist. In diesem Zusammenhang wurden auch einige entscheidende Gegentore in den Schlusssekunden kassiert.
Die von Bommer ausgewählten Einkäufe, insgesamt 16 seit Saisonbeginn, sind en Beweis des Bundesliga-Niveaus bislang schuldig geblieben. Vielmehr sind es Fehlgriffe am Fließband. Von den im Winter geholten fünf Akteuren, konnte abgesehen von Claudiu Niculescu, der einige wenige Glanzpunkte setzte, keiner wirklich helfen. Der Franzose Veigneau und der Ex-Hannoveraner Schröter sind zudem seit Wochen verletzt.
Das ist ein weiteres Problem Bommers, der seit vergangenem Sommer etliche angeschlagene Spieler zu beklagen hat. Längst ist die Frage aufgekommen, ob der Coach in der Vorbereitung und im Training alles richtig machte? Denn derart viele Muskelverletzungen, wie sie beim MSV vorkamen, sind jenseits der Bundesliga-Durchschnittswerte.
Bommer redet indes regelmäßig die nächsten Gegner stark und behauptet über die Kontrahenten ab Tabellenplatz Elf, dass man nicht auf Augenhöhe mit Hertha, Stuttgart,

oder Bremen sei und Punktgewinne Bonusmaterial seien. Folgerichtig traten seine Spieler in den Partien gegen die "Großen" gehemmt auf und hatten sogleich das Alibi für ihre Niederlagen, die stets knapp ausfielen. Wer von vornherein eine Pleite einkalkuliert, kann eben besser ein 0:1 akzeptieren.
Bommer, der es zudem herausnahm, die enttäuschten Fans für deren Pfiffe zu kritisieren, ist zwar rastlos, wirkt aber auch ratlos. Weil Hellmich aber loyal zu seinem Chef-Coach steht, darf Bommer, der sowohl privat als auch im Beruf ein netter Kerl ist, weiter machen. Demnächst vermutlich wieder in der Zweiten Liga.