Das soll jetzt nicht heißen, dass ich mir Atalan als Trainer wünsche, aber er würde bei mir eine Chance bekommen.
JEDER Trainer hat eine Chance verdient. Genau wie
@Innenhafen schon schrieb, wir sollten uns da als Forum nicht zu wichtig nehmen, weil eigentlich kaum jemand die Kandidaten vollumfänglich beurteilen kann. Ich bilde mir ein, dass ich Lieberknecht und Gruev ganz gut kenne, aber sie könnten in ihrem neuen Verein vielleicht trotzdem anders spielen lassen, weil sie sich weiterentwickelt haben oder generell eine flexible Vorstellung ihres Jobs haben. Wenn ein Manager von Henkel nach Beiersdorf wechselt, wird er sich ja dort auch anders verhalten, was nicht heissen muss, dass er mit seinen Prinzipien bricht.
Welchen der Wunschtrainer würde unser Protaltrainer
@Schimanski denn bevorzugen ? Was denkst Du welcher Trainer mit seiner Spielidee momentan am besten zu uns und unserer momentanen Situation passt ? !
Genau deswegen möchte ich mir hier "eigentlich" auch ungerne auf einen Namen festlegen. Ich kenne die Kandidaten einfach viel zu wenig. Und man merkt an Atalan wie schwer es ist ein Trainer aus der Ferne zu beurteilen ist. Nehm ich Lotte als Maßstab oder Bochum?
Trotzdem finde ich zwei Verben für unsere Trainersuche sehr passend: stabilisieren und entwicklen.
Und das geht am besten mit einem Trainer, der flexibel ist und - vereinfacht gesagt - in alle vier Spielphasen Expertise besitzt. Wir hatten mit Lieberknecht und Lettieri jetzt zwei Trainer, die gegensätzlicher nicht sein können. Der eine fokussierte sich extrem auf den Ball, der andere auf das Spiel gegen den Ball. Wir brauchen einen, der beides kann. Einen, der diese Saison rein ergebnisorientiert zu Ende bringt und dann nächste Saison was neues entwickeln möchte.
Jetzt bleibt natürlich noch die Frage, wie man stabilisiert und entwickelt. Grundsätzlich denke ich, dass der Lettieri-Ansatz gut funktionieren sollte, um die Klasse zu halten. Also Fokus auf eine gute Defensive und dann möglichst unkompliziert (also mit Kontern und Standards) auf Torerfolg spekulieren. Einfach aus dem Grund weil man nicht mehr viel Zeit hat, etwas neues aufzubauen. Aber man sollte in den nächsten Wochen trotzdem immer auch Lösungen mit Ball haben oder auch mal den Ball nutzen, um den Gegner manipulieren zu können oder ihm Dominanz streitig zu machen (mentale Aspekte). Ich denke, da hat sich Lettieri - neben seinen Problemen die Defensive zu stabilisieren - im übertriebenen Pragmatismus verloren und den Einfluß des Ballbesitzes als taktisches Mittel unterschätzt.
Entwickeln über die Saison hinaus beudeutet für einen Verein wie den MSV, der sich mindestens in der 2.Liga sieht, für mich immer
mit Ball besser zu werden. Deswegen bin ich skeptisch bei Namen, die ich eher mit reaktiven Ansätzen verbinde. Natürlich kann man auch eine Underdog-Taktik entwicklen und eine Art Wikinger-Truppe formen, die mit begrenzten finanziellen Mitteln das eigene Tor verbarrikadiert, wie irre über den Platz presst und dann eiskalt zuschlägt. Aber so eine Taktik eignet sich selten um aufzusteigen und eine Liga zu dominieren.
Also muss unser neuer Trainer nach Klassenerhalt in gewisser Weise umswitchen und dann auch mit Ball besser werden. Wirklich begeistert hat mich in dieser Hinsicht Urs Fischer, der sich dort jede Saison neu erfindet. In Liga 2 war noch viel mit Umschalten, nach dem Aufstieg waren es hinten stabil, lange Bälle auf Andersson und Standards und diese Saison fangen sie auf einmal mit dem Fussballspielen an (überraschenderweise auch ohne Kruse).
Zurück zum MSV...Liebknecht ist an diesem Kader mit seinem Ballbesitzansatz gescheitert und Lettieri mit seinem Kampf- und Umschaltansatz. Ist der Kader untrainierbar?
Ich glaube, dass der Kader vorne eigentlich ganz gut kicken kann, aber für einen wirklich dominanten Stil einfach die Ballbesitzqualitäten im Sechserraum fehlen. Das ist auch der Raum, wo Ballgewinne für den Gegner am wertvollsten sind und wo am liebsten gepresst wird. Dort kann man sich keine Schwächen erlauben, wenn man konstant dominant auftreten möchte. Jansen orientiert sich zwar geschickt und dreht sich im Sechserraum dynamisch auf, hat aber eine zu große Streuung im Passspiel. Kamavuaka mag es nicht mit Rücken zum Gegner angespielt zu werden und ist für flaches Aufbauspiel unter Druck deswegen nahezu untaugleich. Ghindovean spielt zu riskant. Frey kann ich noch nicht beurteilen und Krempicki finde ich strategisch und vom Timing für die Sechs unpassend.
Umgekehrt haben wir zwar ein paar potentiell gute Konterspieler, aber nicht genug bissige Balleroberer, um einen konsequenten Umschaltstil zu spielen. Zudem fehlt uns im Moment der Neuner und zum Ballfestmachen von langen Bällen haben wir auch (noch?) keinen. Die Frage muss also sein, wie kriegen den Ball (flach) in die Zonen, wo wir ganz gut kicken können? Wie kriegen wir Mickels und Stoppel in ihre Positionen aus denen sie Torgefahr erzeugen? Dafür braucht man schon eine gewisse Struktur und sollte die Angriffe entsprechen vorbereiten (anlocken, ballfern positionieren, verlagern, Tiefe attackieren). Deswegen kann die Lösung auch diese Saison kein pure Umschalttaktik sein, sondern muss flexibel ausgelegt werden.
Kurzum: Ich wünsche mir sowohl in Bezug auf diese als auch auf die neue Saison einen Trainer, der sich NICHT auf einen extremen Spielstil spezialisiert hat. Titz fänd ich wegen meiner Vorliebe für ballbesitzgeprägte Ansätze zwar interessant, aber leider nicht so richtig zu diesem Kader passend. Gilt umgekehrt für Koschinat oder Schwartz genauso (immer unter der Annahme, dass sich diese Trainer nicht neu erfinden wollen (siehe meinen Einwand oben)).
Wegen diesen Argumenten war ich von den Kommentaren meiner zwei Twitter-Kontakte zu Grammozis sehr angetan (ohne es selbst beurteilen zu können). Wenn die beiden recht haben, würde er sehr gut passen. Solange er nicht dementiert wird, ist er mein absoluter Favorit.