Wir erreichen gerade im Falle im Kern rechtsextremer und im weitesten Sinne rassistischer Positionen eine kritische Masse, die einen immer wieder in die Situation bringt zu überlegen: Wie verhalte ich mich jetzt?
Wie verhalte ich mich, wenn jemand den man seit Jahren kennt und schätzt, plötzlich Positionen raushaut, die absolut inakzeptabel, gefährlich sind, und man die Person auch im Gespräch argumentativ nicht mehr erreicht.
Ich würde mich schwer wundern, wenn nicht jeder, wirklich jeder, der aktiv im Fußball engagiert ist, mittlerweile in solche Situationen kommt, und zwar runter bis in die Jugendarbeit.
Ich finde das eine echte Zerreisprobe. Das hat nichts mehr zu tun mit den Links-Rechts dikussionen der 80er, das geht weit darüber hinaus, weil es hasserfüllt, agressiv ist.
In Chemnitz scheint dieser Graben des Hasses mittlerweile die ganze Organisation zu betreffen.
Ich werde mir weiter nicht das Recht nehmen lassen, Menschen , die politisch abdriften, ersteinmal weiter als Personen zu mögen, genau so wenig wie ich mir nehmen lassen werde, ihnen zu sagen, für wie falsch ich ihre neuen Positionen halte.
Meine Angst ist, dass das irgendwann nicht mehr möglich sein wird, weil die Unterschiede in den einzelnen Meinungen zu gravierend werden, und sich die Meinungen in Gruppen wechselseitig aufschaukeln. Dann zerreißt es ganze Gemeinschaften, wie in Chemnitz. Und es ist ja nicht so, als ob wir in Duisburg diese Grenze nicht kennen würden, uns nur bisher immer wieder irgendwie zusammen raufen konnten.
Der erste Politiker der getötet wurde war kein Linker, Grüner oder Sozialdemokrat, sondern ein klassisch Wert-Konservativer CDU-Mann.
Ich bin überzeugt, dass wenn wir so weiter machen wie aktuell, es in Kürze Hetzjagden nicht auf Migranten, sondern letztlich beliebig "Andersseiende" geben wird. Auch das deutet sich bereits an. Wer immer AFD und nahestehende Organisationen unterstütz, muss sich überlegen, ob das wirklich sein Ziel ist. Ob er wirklich Selbstjustiz und unmittelbare Gewalt will - denn die AFD tut aktuell nichts, um diesen gedanklichen Strömungen entgegen zu wirken. Mit Aktionen wie dem Lehrermeldeportal heizt sie die Spaltung weiter an.
Wer immer NICHT diesem Spektrum angehört, muss sich aber auch fragen, ob er sich ernsthaft genug mit seinen Mitmenschen beschäftigt, was der ganz persönlich eigene Anteil ist, dass aus netten Menschen Hasser werden.
Sorry, das ist eigentlich kein 3. Liga Post, aber genau da, im Sport, in der Freizeit, im "Entertainment", in Vereinen, poppt das Thema ja mittlerweile auf, und das sollte uns schwer zu denken geben. Ich musste kürzlich feststellen, dass sich jemand, den ich vor Jahren trainiert habe, sich im Internet in Gruppen bewegt, in denen ernsthaft über Bürgerkrieg fabuliert wird. Total netter Kerl. Absolut gruselig. Was ich ihm gesagt habe - nicht dass er es verstanden hätte... .
Macht mir Angst - ebenso wie es mich wütend macht.