Allgemeiner Brasilien-WM-Thread

@Schimanski

Die Diskussion um Typen führte für mich von vorneherein völlig in die falsche Richtung. Zum einen ist jeder, der auf einem Niveau Fussball spielt, was für die Nationalmannschaft ausreicht, schon mal irgendwie ein Typ. Zum anderen halte ich deine Überlegung, das Weglassen von Typen habe eine Art Teambuilding erst ermöglicht, was den Brasilianern fehlt, für nicht richtig nachzuvollziehen. Wir haben ja Typen in der Mannschaft in dem Sinne, dass einige Spieler eine hohe Eigenständigkeit und individuelle Klasse ausmacht.

Und die bei uns für den Erfolg gesorgt haben, sind solche: ein Müller, ein Hummels, auch ein Kroos. Leute mit sehr besonderen Eigenschaften, und die haben auch früher einen Effenberg, einen Matthäus, oder einen Basler ausgezeichnet. Das Teambuilding besteht daraus, verschiedene dieser besonderen Eigenschaften unbezwinglich sinnvoll zu kombinieren. Ich halte es da seit jeher mit dem ollen Breitner: was diese Leute zusammenschweisst, ist die Aussicht auf den Erfolg, und dies bringt sie dazu, sich in den Dienst der gemeinsamen Sache zu stellen, nicht die Beschwörung von hehrem Gemeinschaftsgefühl, oder die abstrakte Befriedigung, irgendwie gemeinsam eine Art von Kunstwerk herzustellen. Von daher sehe ich kein besonderes Löwsches Verdienst dahingehend, dass er eine Mannschaft "formte", so wie man etwa eine Skulptur aus Ton herstellt.

Die Geschlossenheit deutscher Spielsysteme ist demzufolge für mich mehr ein Skill, was die Spieler in ihrer Ausbildung erlernen. Wo woanders Spieler eher zu starken Individuen ausgebildet werden, für die der Mannschaftsbezug der Sportart nicht das Erstrangige ist, hat Deutschland, Holland, England oder Frankreich hier eine andere Tradition, denn es wird an sich sehr viel Wert auf das Zusammenspielen gelegt. Hätte das was damit zu tun, dass man erst in der Äera Löw dazu gekommen ist, die Typen gezielt zu eliminieren, dann hätten wir logisch gesehen weder 74 noch 90 den Titel holen dürfen, denn die damaligen Mannschaften haben ja nur so von Typen gestrotzt.

Und Löw hat offenkundig selbst auf Typen gesetzt, sogar unter Inkaufnahme reduzierter Fitness, nämlich insbesonders Klose und Khedira. Und auch van Gaal, desssen Mannnschaft für mich ihren Geschlossenheitsnachweis noch wesentlich überzeugender ablieferte als die Deutschen, setzt am Schluss auf Typen, sogar welche, die als etwas labil gelten müssen.

Für mich ist der ganze Teil, in welchem im Bezug auf die Nationalmannschaft immer der gute Gemeinschaftsgeist beschworen wird, mehr oder weniger ein Aspekt der daran zunehmend gekoppelten Werbetreibenden. Bei der Europameisterschaft hat man das gemerkt, als es hinterher das Ausscheren etwa von Toni Kroos aus dem gedachten Konsens der Elf Freunde gab, und man plötzlich merkte, dass der gar kein lieber mannschaftsdienlicher Junge ist, sondern eine strategisch positionierte Ich-AG. Und das ist auch gut so!

Was die Oberflächlichkeit einer Diskussion um Löw vor der WM angeht: die Beurteilungskriterien, die einem vorliegen konnten, waren die Leistungen der Nationalmannschaft, und die liessen nun mal eine eklatante Schwäche im Bezug auf die Defensive, ein zum Teil naives Hineinlaufen in Bauerntricks unserer Gegner, etc. immer wieder deutlich werden.

Ich habe sicher angenommen, dass Löw, so wie es mit anderen Bundestrainern in der Vergangenheit auch war, mittlerweile zu lange dabei ist, um sich selbst noch objektiv von aussen ansehen, und damit korrigieren zu können. In dieser Hinsicht hat er mich, und vielleicht auch andere, total überrascht. Dass es aber 2012 schon diesen Löw gegeben hat, der zielstrebig auf den Löw von 2014 verweist, halte ich für spekulativ. Dass diese Mannschaft sein Werk ist, ist völlig unbestreitbar, und wenn wir weit kommen im Turnier, ist dies sein Verdienst. Und zwar hundert Prozent. Aber dann ist es auch ein Löw, der gereift ist und, das vor allem, sorgfältig über den Gartenzaun geschaut hat, etwa bei den Holländern dieses dynamische, variable Fünfernetz für die Defensive, das in der Hitze ökonomisches hohes Pressing möglich macht, auch mit Spielern, die vielleicht weniger hoch spezialisiert sind. Für mich ist es allerdings kein Manko, sondern ein ausdrückliches Qualitätsmerkmal, dass einen Weltklasse-Trainer ausmacht, dass er viel und gern über die anderen Gartenzäune schaut. Löw hat immer was Neues gebracht, und immer auch aktuelle Entwicklungen antizipiert, ganz wie du es beschreibst. Und eine Art prinzipiell zugewandter Neugier zeichnet ihn sicherlich in aussergewöhnlichem Masse aus. Allerdings hat er keineswegs immer goldrichtig damit gelegen, wie eine Mannschaft im Turnierverlauf weiterzuentwickeln, und damit zu fokussieren war.

Ob er jetzt den Pokal holen wird oder van Gaal oder Scolari, ist noch keineswegs ausgemacht. Die Diskussion wird es geben, wenn die Deutschen rausfliegen, aber dann doch, egal was heute ansteht, zu recht. Denn Löw ist nur so gut, so weit wir kommen. Ich finde, auch nach unserem tollen Auftakt, dass die Art, wie van Gaal damit umgeht, dass dieser Job reinweg erfolgsabhängig ist, und ein Bundestrainer darum nicht eine Art von Beamtenstatus erreichen sollte, irgendwie nach wie vor ehrlicher.

Und ich finde, dass Löw erst recht dann aufhören sollte, wenn wir den Titel holen, siehe gestern abend Spanien.
 
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Da ist die Zeit der roten Furie wohl zunächst erstmal vorbei. Ich finde es schade. Besonders werde ich einen meiner Lieblingsspieler Iniesta vermissen.
Aber drei Turniere in Folge stehen für sich und sind ja auch erstmal genug.
Mal sehen, ob Chile diese Art des Fussballspielens durchhalten kann .. aber wenn die die Holländer schlagen, haben sie bei mir wieder was gut ;)
 
Spanien hat sich wieder da hingesellt wo die früher hingehörten. Immer als einer der Favoriten gestartet sind die Jahre lang ziemlich früh ausgeschieden. Sehen wir die letzten Jahre einfach als ausrutscher an.
 
Ich glaube nicht, dass die Spanier jetzt dauerhaft in der Versenkung verschwinden, man hat wohl bloß zu lange am bisher Erfolgreichen festgehalten (ich hätte aber auch nicht geglaubt, dass Spanien so krachend ausscheidet). Trotzdem fiele es mir leicht, diese WM abzuhaken, nach drei Titeln in Folge muss man sich wohl nicht schämen.

Aber mal ein anderer Punkt... Löw nimmt lange verletzte Spieler, die angeblich auf den Punkt fit sind, mit nach Brasilien; In den Niederlanden hofft man, dass Martins Indi nach einer Gehirnerschütterung vielleicht bei dieser WM nochmal spielen kann; und über Ronaldo liest man ständig, wie er sein Knie kühlt und das Training abbricht. Jetzt zieht man mal das Medienspektakel ab (gerade bei letzterem Spieler), trotzdem finde ich bei dieser WM auffällig, wie mit der Gesundheit der Spieler umgegangen wird. Das habe ich in den vergangenen Jahren so weniger wahrgenommen.
 
Also für mich kommt der Sieg Chiles absolut nicht überraschend. Sie sind genauso wie Mexiko eigentlich immer mit guten Spielern gesegnet gewesen. Und die meisten Spielen auch bei guten Clubs. Nur haben sie jetzt auch einen starken Trainer. Und das sollte sich auch jeder gesagt sein lassen, den bei der Vergabe des Titels wird Chile mitreden. Wenn ich mir Anschaue wie die Niederländer verteidigen oder Brasilien teilweise lustlos rumgickt, da gehen die Chilenen aber lachen.
 
Chile gegen Brasilien oder Holland gegen Brasilien im Achtelfinale wird wohl der Kracher werden. Wenn es gut läuft dann der Sieger gegen Italien im Viertelfinale und wir dann gegen einen der 2 schwere partien hinter sich hat nach einem Sieg gegen die elfenbeinküste oder Frankreich im Halbfinale das wäre doch was. Das Finale dann gegen Holland oder Chile. So könnte es in meinen Träumen laufen. Träum!!!!
Am liebsten gegen Holland mit einem souveränen 2:1 wobei Siegtor wie 1974 durch Müller erzielt wird.
 
Das Spielsystem der Spanier ist einfach "out". Spanien muss lernen, weg vom "TikiTaka" zu kommen. Mittlerweile ist dieses Spielsystem für alle Gegner mit gutem Spielermaterial zu einfach auszurechnen und verteidigen geworden, durch schnelle Tempogegenstöße ist man defensiv zudem sehr anfällig. Ich hab vor der WM schon getippt, dass Chile Spanien raushauen wird.

Das gleiche sieht man ja auch bei den Bayern, ich bin gespannt, wie Pep das System "entwickelt". Wenn sich da grundlegendes nicht ändert, wird der FCB international so schnell trotz Weltklasse- Kaders auch nix mehr reißen und sich wieder seine Klatschen gegen Real& Co. abholen.

Die heutigen Paarungen reißen mich irgendwie nicht sehr vom Hocker. EInzig Uru- England bietet natürlich etwas Brisanz, da die Briten heute schon buchen könnten :D
 
Die Afrikanischen Teams präsentieren sich wie so oft in den letzten Turnieren schwach, bis auf wenige Ausnahmen. Prämienstreiks, Erfolgs- und Disziplinlosigkeiten. Aber Kamerun hat gestern den Vogel abgeschossen. Ein Haufen lustloser Einzelspieler die sich noch gegenseitig auf die Mütze hauen, und sowas bei einer WM wo es für jeden Spieler eine Ehre sein sollte sein Land vertreten zu dürfen, Finke wäre gut beraten nach der WM das Weite zu suchen, wenn er nicht eh entlassen wird.
 
Die Afrikanischen Teams präsentieren sich wie so oft in den letzten Turnieren schwach, bis auf wenige Ausnahmen.

Ich würd die Heim- WM in RSA mal ausklammern, aber ansonsten ist das schon echt erschreckend, wie die Afrikaner spielen. EInzig der Elfenbeinküste trau ich den Sprung ins AF zu.
 
Das Spielsystem der Spanier ist einfach "out". Spanien muss lernen, weg vom "TikiTaka" zu kommen. Mittlerweile ist dieses Spielsystem für alle Gegner mit gutem Spielermaterial zu einfach auszurechnen und verteidigen geworden, durch schnelle Tempogegenstöße ist man defensiv zudem sehr anfällig. Ich hab vor der WM schon getippt, dass Chile Spanien raushauen wird.
Ich glaube eigentlich nicht, dass es am Spielsystem liegt. Sondern an den Spielern, die es perfektionierten. Die sind einfach älter geworden und nicht mehr so schnell und stark wie eben vor ein paar Jahren noch. Barcelona ist ja auch bei weitem nicht mehr das, was es vor ein paar Jahren noch war. Xavi und Iniesta sind älter geworden und Verletzungen haben ihre Spuren hinterlassen, ebenso bei Messi. Aber auch ein Alves,Pedro, Busquets oder andere Spieler aus den zweiten Reihen von Barcelona oder der spanischen Nationalmannschaft haben eben keine Topform mehr. Es sind immernoch gute Spieler keine Frage, aber zur Hochzeiten von Tki-Taka waren eben all diese Spieler in absoluter Höchstform und es gab nur wenige Mannschaften, die sie schlagen konnten, das muss man einfach sagen. Das war einfach eine Form des Fussballs, die wir vermutlich so schnell nicht mehr sehen werden, weil diesem Spielsystem eben nicht mehr so schnell diese Spieler in dieser Form zur Verfügung stehen werden. Bayern ist da ebenfalls ein gutes Beispiel. Sie spielen auch diesen Ballbesitzfussball, der kommt aber nicht ansatzweise an das ran, was Barcelona zu Bestzeiten konnte. Für die Bundesliga reicht das deutlich, aber gegen internationale Spitzenmannschaften eben nicht umbedingt. Das Mannschaften sich zusätzlich dazu besser darauf eingestellt haben kommt dann noch hinzu.

Viele haben ja schon vor der WM geunkt, dass Spanien nicht mehr so stark sein wird wie früher. Das sie allerdings so entäuschen, hätte ich nicht gedacht. Ich glaube das ganze hat eine gewisse Eigendynamik entwickelt. Wer hätte nach der ersten Halbzeit gegen Holland gedacht, dass Spanien 5:1 verliert? Dazu dann der frühe Gegentreffer gegen Chile. Die Spanier haben ja eigentlich schon eine halbe Stunde vor Schluss aufgegeben, das habe ich so auch noch nicht gesehen.
Und ich weiß gar nicht, ob man sich so freuen sollte über das Ausscheiden von Spanien, denn gegen diese Spanier braucht man keine Angst haben. Ich bin gespannt wie jetzt das Spiel zwischen den Niederlande und Chile verlaufen wird. Eigentlich sollte es im Interesse von beiden sein, Brasilien aus dem Weg zu gehen. Die wiederum werden im Achtelfinale auf jeden Fall mal einen ordentlichen Gegner vor die Brust bekommen. Ich muss sagen die WM gefällt mir fussballerisch sehr gut: viele Tore, viele gute Spiele, die Stimmung in den Stadien ist klasse, sofern man das mitbekommt. Und ein klarer Anwärter hat sich auch noch nicht herauskristallisiert.
 
Im Confed Cup letztes Jahr hatte sich Spanien schon nur mit Mühe ins Finale gerettet und war dort chancenlos gegen Brasilien. Daher kommt ihr Ausscheiden nicht sehr überraschend - in einer Gruppe, die zweifellos die stärkste ist. Sogar Australien gefällt mir spielerisch sehr gut und hätte wohl in fast allen anderen Gruppen realistische Chancen auf ein Weiterkommen.

Ich denke, neben dem zunehmende Alter der Spieler und der Berechenbarkeit des nicht mehr neuen Tiki-Taka-Systems liegt der Hauptgrund darin, dass die Spieler einfach satt sind. Sie haben, auf Vereins- und Natinalmannschaftsebene, alles gewonnen, was es gibt, zum Teil mehrfach. Was soll die mit inzwischen über 30 da noch moivieren? Und Del Bosque hätte besser 2012 nach der EM freiwillig seinen Hut genommen. Nach WM- und EM-Sieg hätte er ab dann nur noch verlieren können.

Trotzdem bin ich dankbar für einige Jahre Fussball auf allerhöchstem Niveau. Es hat die Fussballgeschichte bereichert und eine Ära geprägt. Und seien wir mal ehrlich, die meisten derer, denen Tiki-Taka in den letzten Jahren langsam auf den Wecker ging, waren in den ersten Jahren 2008 und 2010 auch noch begeistert von dieser Spielweise.
 
Mittlerweile ist dieses Spielsystem für alle Gegner mit gutem Spielermaterial zu einfach auszurechnen und verteidigen geworden, durch schnelle Tempogegenstöße ist man defensiv zudem sehr anfällig.

Ich finde, das kann man so nicht sagen. Ich glaube Tiki Taka is ursprünglich sogar n ziemlich negativ konnotierter Begriff und wenn man s so macht wie Bayern gegen Real oder jetzt Spanien, dann is auch klar warum :D
Aber kein System braucht 6, 7 Jahre um entschlüsselt zu werden. Ich glaube nicht, dass erst jetzt n paar Trainer auf die Idee gekommen sind, mit schnellem Umschaltspiel dagegen zu halten. Von daher ist nicht das System das Problem, sondern die Umsetzung. Barcelona oder auch Spanien waren ja nicht ausschließlich wegen dem Passspiel, sondern vor allem auch wegen der extremen Defensivstärke so erfolgreich. Die haben den Ball direkt nach Ballverlusten sofort wiedergewinnen können, gegen fast jeden Gegner. Das ist mittlerweile mMn aber mit viel mehr Aufwand verbunden, weil das Passpiel nicht mehr so überragend ist und vorne zu viele Ballverluste produziert werden. Gerade im Rückspiel Bayern vs Real hat man gesehen wie riskant die Spielweise sein kann, wenn vorne die Selbstsicherheit fehlt.
Das Risiko existiert aber doch nicht erst seit kurzem. Umso höher, finde ich, muss man Spanien und Barcelona anrechnen, was die mit Tiki Taka abgefeiert haben. Und dagegen wirkt Bayern mMn wie ne billige Kopie - bisschen Handball am Strafraum abziehen und dann irgendwie durchgümmeln. Wenns so läuft, finde ich Tiki Taka auch langweilig und kacke. Aber wie man das, was Barca und Spanien in ihren Hochzeiten gespielt haben bashen kann, werd ich nie kapieren. Alles vor dem Hintergrund, dass das schnelle Umschaltspiel ja auch schon damals ne Gefahr dargestellt haben muss. Nur war das eigene Spiel einfach zu gut für alle.
Die Spieler sind älter und vll systemmüde geworden, aber ich wüsste nicht, warum das System grundsätzlich jetzt das Problem sein sollte. Das Problem könnte eher sein, dass es Tiki Taka so nicht mehr geben wird, weil die Häufung so geiler und dafür prädestinierter Spieler wie damals bei Barca nicht mehr geben wird. Umso mehr feier ich die, weil die mit der eig ziemlich riskanten aber geilen Spielweise alles in Grund und Boden gespielt haben.
 
Naja, die Systeme hat Löw ja nicht erfunden

Aber die Interpretation und die Auslegung.

Ich kann mich noch gut an ein Interview mit Löw nach der WM 2006 erinnern. Da hat er gesagt, dass die Dominanz in vielen Spielen (z.B. gegen Schweden) daher rührt, dass die AV mit nach vorne Dampf machen und andere Nationen diese Rolle viel absichernder und passiver interpretiert haben. Mittlweile ist es Usus, damals war es modern.

Jetzt stellt er auf einmal vier IV in die Abwehr und leitet damit vielleicht wieder eine neue Entwicklung ein. Macht van Gaal ja ähnlich. Er stellt gegen Spanien drei IV die Kette und spielt gegen den Ball ne Fünferkette.
Defensiv zentrumorientierte Spieler auf den Außen, die das kreative-fluide Spiele der Offensive mit Zweikampfstärke absichern, sind in Zeiten, in denen wenig mit Flanken und mehr über die Halb- und Zwischenräume Gefahr erzeugt wird, vielleicht die richtigen Anpassungen. Zudem hat man bei Standards vier kopfallstarke Spieler in der Mitte, sowohl bei der eigenen Strafraumverteidigung als auch in der Offensive.

Es geht gar nicht darum, was besser oder schlechter ist, sondern, dass man einen Trend selbst setzt und die bewährte und festgefahrenen Spielweisen der Gegner mit den richtigen Anpassungen kontert. Ich habe Löw bei großen Turnieren da immer sehr modern erlebt. 2006 waren es die offensiven AV, 2008 die überfallartigen Konter, die 2010 mit einem starken Pressing kombiniert wurden, und in den letzen vier Jahren wird das Ballbesitzspiel stetig weiter entwickelt. Eigentlich können wir mittlerweile jeder Mannschaft unser Spiel aufzwingen. Selbst die großen Nationen spielen gegen uns abwartend. Das war in den ersten Jahren unter Löw nicht so und am Anfang des Jahrtausends noch viel weniger. Diese Entwicklung wird leider immer wieder übersehen bzw. auf die guten Spieler geschoben (die dafür charkterlich zu glatt sind :verzweifelt: ). Ich sage, hier hat Löw einen Riesenanteil.

Anderes Beispiel: 2006/2008 haben wir ohne Zehner mit zwei klassichen Strafraum-Stürmern gespielt. 2010/2012 gab es einen Zehner und einen Stürmer und jetzt spielen wir mit zwei Zehnern auf den Außen und keinem Strafraumstürmer. Die Anpassungen sind immer wieder Anlaß für Kritik, weil Fussbal-Fans gerne an Bewährtem festhalten. Das ist aber aus der Trainersicht der falsche Weg. Du machst dich ausrechenbar. Du musst dich immer neu erfinden und das kann Löw. Trotz aller Boulevard- und Stammtischkritik geht er seinen Weg. Auch die Nominierung von Mustafi für Reus macht unter dem Aspekt, dass Lahm zentral und zwei IV außen spielen, im Nachhinein Sinn. Seine Einwechslung gegen Portugal bestätigt das (für die neue Hybrid-Rolle der AV finde ich seine Spielanlage übrigens sehr passend - lässiger Typ!).

Bora Milutinović sagte mal: Den Fußball von gestern sollten wir respektieren, den Fußball von heute studieren und den Fußball von morgen antizipieren! Das macht Löw. Jedes Mal aufs Neue.

...dann hätten wir logisch gesehen weder 74 noch 90 den Titel holen dürfen, denn die damaligen Mannschaften haben ja nur so von Typen gestrotzt.

Ich glaube viele Spieler haben erst im Nachhinein durch den Titel diesen Kultstatus erlangt. Wenn wir 90 im Halbfinale im Elfmeterschießen gescheitert wären, würde keiner mehr von Buchwald und Kohler schwärmen.

... die Beurteilungskriterien, die einem vorliegen konnten, waren die Leistungen der Nationalmannschaft, und die liessen nun mal eine eklatante Schwäche im Bezug auf die Defensive, ein zum Teil naives Hineinlaufen in Bauerntricks unserer Gegner, etc. immer wieder deutlich werden.

Aber doch nur in den Testspielen (wo klar sein sollte, dass bei der beschränkten Zeit, in der ein Bundestrainer Zugriff auf die Nationalspieler hat, experimentiert wird). Die Qualifikation war - ausgenommen dem 4:4 gegen Schweden - überaus souverän und bei der EM 2012 haben wir die Todesgruppe mit Dänemark, Portgal und Holland mit drei Siegen souverän gewonnen (obwohl immer nur das - zugegeben verkorkste - Italien-Spiel thematisiert wird). Bei großen Turniern stehen wir defensiv immer stabil.

Ansonsten stimme ich deinem Beitrag zu.
 
christoph, das mitden IV als AV eingesetzt werden ist bei uns doch nur aus der Not geboren. Wir haben momentan keinen fitten LV und RV. Ausserdem haben
wir bis auf Lahm keinen, der auf diese Positionen überzeugt. Wen hätte Löw sonst bringen sollen? Durm? Und dann gegen Portugal. Viel zu riskant. Rechts
Großkreuz? Da hat Boateng doch viel mehr Erfahrung und Geschwindigkeit.
Geschwindigkeit könnte in den beiden nächsten Spielen in der Defensive sehr wichtig sein, da Ghana und auch die Amis eine schnelle Offensive haben. Da
wird es schwieriger mit Höwedes und Mertesacker.
IV als AV ist also mit Sicherheit keine Entwicklung. Da liegst du völlig daneben. Ansonsten finde ich deine Analysen oft sehr interessant, aber nicht immer
richtig. Auch wenn du deinen Trainerschein machst oder schon gemacht hast.
 
Markus(?), das Problem sehe ich darin, dass die AV zuletzt nur fast noch offensiv geschult wurden. Deswegen passen sich nicht mehr zu aktuellen taktischen Entwicklung.
Im Endeffekt ist die Position des AV die komplexeste und undankbarste auf dem Feld. Du musst alles ein bisschen können, stehst bei den großen Momenten selten im Mittelpunkt und bist oft der Arsch wenn über deine Seite ein Tor fällt.
Ein AV muss kreativ, dribbelstark, schnell und zweikampfstark sein. Kreative Talente werden in ihrer Ausbilung irgendwann ins Zentrum gesetzt, dribbelstarke und schnelle Spieler spielen irgendwann offensiv, und zweikampfstarke Spieler werden in der IV eingesetzt. Bei der Förderung der Ausnahmetalente hat das zur Folge, dass die AV durchs Raster fallen. Das sieht man auch daran, dass viele AV oft umgeschult wurden. Das ist aber kein typisches deutsches Problem...
 
Richtig, ich bins :huhu:

Sehe ich trotzdem nicht so. Unser Problem ist momentan, dass wir keien Qualität auf dieser Position haben. In der Bundesliga spielen da fast nur Ausländer
oder nur durchschnittliche deutsche wie z.B. Schmelzer, Jansen und wie sie auch alle heißen. Das sind unsere Schwachstellen.
 
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gepostet aus Haiti..

tja, tut mir sooo leid... :D
 

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jo, 2:1 für kolumbien, aber da hab ich doch mal ne Frage bzgl. des 1:0, das war doch eine Ecke die zum Tor geführt hat. ABER muß der Ball denn nicht zumindest die "Eckballmarkierung" berühren ? Das war auf alle Fälle nicht der Fall. Der Ball lag bei Ausführung der Ecke ausserhalb der Eckballmarkierung. Bitte um Korrektur wenn ich da falsch liege
 
Hauchdünn?

Edit:
Jetzt sollte ein Screenshot folgen, will aber gerade nicht funktionieren.

Der Ball berührt die Linie vielleicht gerade so.
 
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Was ich generell bei der wm total geil finde: das abtasten zu Beginn eines Spiels ist quasi abgeschafft worden. Zumindest die Spiele die ich bisher gesehen habe kannten nur eine Losung: "vom Fleck weg offenes Visier"


mit Tapatalk
 
Die Dauerberieselung aus dem Dschungelcamp nervt, zumindest mich, ja schon lange...das Knie der Nation, Hummels Beinbehaarung, Götzes Hamster hat Husten und Poldis Talent als Selfie-Fotograf, alles ist wichtig, außer kritischer Distanz!

Die Sportkameraden von 11 Freunde haben das mal etwas eleganter ausformuliert. Lesenswert!

http://www.11freunde.de/artikel/kommentar-zum-deutschen-ranschmeiss-journalismus

Ergänzung:

Der SPIEGEL hat das Thema auch entdeckt, allerdings nicht so unterhaltsam wie 11 Freunde:

http://www.spiegel.de/kultur/tv/kat...e-zdf-beitraege-aus-campo-bahia-a-976345.html
 
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Krasses Spiel der Urus und der Engländer.
England ist noch nicht raus, sollte Italien mit 9 Punkten die Gruppe gewinnen und England gegen Costa Rica hoch genug siegen, kann es dennoch zum Weiterkommen reichen.
 
Ich frage mich schon lange was es nutzt den ball vor die linie zu legen, hat man damit mehr chancen auf ein tor? :eek:
 
Für mich ein Haufen interessanter Fragen, welche diese WM aufwirft, die nun doch, aller Widrigkeiten und Umstrittenheiten zum Trotz, ziemlich schillert: ist der Ballbesitz-Fussball im spanischen Stil mit dieser Pleite generell am Ende? Werden die Spanier eine so harte Landung haben wie einst die Franzosen? Kommt die Dreierkette mit den ollen "Halbläufern" auf breiter Front zurück, die zuletzt ein gültiges Spielsystem war, als Uwe Seeler noch für Hamburch und Deutschland mittelstürmte? Und: ist England damit nun endgültig in der Zweitklassigkeit angelangt? Hat die Haarverpflanzung Wayne Rooney nicht irgendwie vor seiner Zeit erledigt, weil die anderen jetzt nicht mehr so richtig Angst vor ihm haben?

Wahnsinn, wie schnell sich die Dynamik eines solchen Turnieres entwickelt, wie plötzlich für die einen die Lichter ausgehen, während für die anderen glorreiche Zeiten beginnen.

Als man via Mattscheibe in die leeren Gesichter von Xabi Alonso und Sergio Ramos blickte, kriegte man dafür ein gutes Gefühl: Championsleague gewonnen? Eintausend Jahre her!

Nochmal kurz zu Brasilien: ihre Art, wieder so zu spielen, wie sie es anscheinend am allerbesten können, ist ja auch aus einer Phase hervorgegangen, in welcher ihnen mit Dunga die "europäische" taktische Disziplin auf den Leib geschrieben werden sollte, und sie nach Massgabe der brasilianischen Öffentlichkeit nicht sonderlich erfolgreich waren. Konkret ist dieser Eindruck aber wohl nur auf das Ausscheiden 2010 gegen die Holländer im Viertelfinale zurückzuführen. Ein Spiel, das sie mit 2:1 verloren. Ein guter Hinweis darauf, dass viel mehr oder minder vom Zufall mitbestimmt wird, was im Nachgang dann wie die Zwangsläufigkeit einer Entwicklung aussieht.

Und wenn sie jetzt noch in die grossartige Form kommen, in welcher sie letztes Jahr für diese hohen Erwartungen, die man jetzt mit ihnen verbindet, selbst gesorgt haben, dann haben wir echt wieder mal den fussballerischen Streit der Philosophien vor der Brust, der vor aller Augen ausgetragen wird: gibt es eine bestimmte Art, wie die Spieler eines Landes nun mal am allerbesten sind, weil es auch so etwas wie eine Haltung, ein Lebensgefühl zum Ausdruck bringt? Oder ist Fussball heutzutage an der Taktiktafel unter Vorherrschaft "wissenschaftlicher" Kriterien ebenso zu "entwerfen" wie es im Sport auch in anderen Hochleistungsbereichen der Fall zu sein scheint?
 
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England tut mir echt leid.
Etliche schwächere Teams sind noch dabei, sie hatten ihre Chancen, obwohl die Spielweise meist antiquiert wirkt.

Variabel ist da nichts, keine Abwehr der Welt wird mit den immer gleichen Laufwegen und Abläufen überrascht.

Der Torwart ist eine Wurst, das hat ja schon Tradition. Die Abwehr kann einen Abschlag nicht verteidigen, dann soll es eben nicht sein.

Ich finde es sehr schade, da ich die eigentlich mag. Sie lieben Fußball und sind immer stark vertreten, aber die Gier ihres Fußballverbandes nach immer mehr Scheichgeld verstopft eben die Premier League für alle eigenen Talente.
Schicksal.

Beachtlich finde ich nach wie vor die enorme Zweikampfhärte, die durch die Bank von allen SchiRis toleriert wird.

Es wird geholzt bis zum Abwinken, Mördergrätschen mit Anlauf und offener Sohle aufs Schienbein, oder mit Anlauf und beiden Beinen von hinten (Alonso, Thiago Silva, uva.) werden maximal mit Gelb geahndet.

Wenn das so weitergeht wird es noch ein Riesengemetzel, und spätestens ab dem Viertelfinale kann kaum noch einer gerade gehen.

Spaniens Aus ist unfassbar. Sie waren trotz allem in beiden Spielen nahe dran, hatten dicke Chancen, aber irgendwann verlässt einen der Fußballgott einfach.

Ich bin nun sehr gespannt, wer gegen Brasilien im Achtelfinale antreten darf.
Der Megafavorit hat bisher enttäuscht, nun drohen Chile und Holland schon früh als Gegner, das wünscht sich niemand.

Für die Stimmung im Lande wäre ein frühes Aus der Gastgeber sicher verheerend, aber sportlich haben sie noch nicht viel gezeigt.

Es ist auch kaum zu ertragen, dass starke Teams früh ausscheiden, während Gurkentruppen wie Griechenland und Japan usw trotz erbärmlichen Niveaus noch drin sind, zumindest theoretisch.
Die Auslosung ist ein Witz, das war vorher schon klar, das Gefälle zwischen den Gruppen war aber noch nie so auffällig.
Griechenland als Gruppenkopf, mehr muss man ja nicht sagen.

Trotz allem: bisher eine sehr geile WM. Viele Tore, offene Spiele und derbe Überraschungen, so muss es sein.
Achja: wenn unsere Jungs mal schön so weiter machen wäre es auch nicht schlimm ;-)
 
Welche guten Teams sind denn bisher ausgeschieden und andere sind noch drin?
Spanien war schlecht. Die hätten auch in keiner anderen Gruppe bis auf die Elfenbeinküstengruppe eine Chance gehabt. Die sind einfach satt gewesen.
England war auch schlecht. Haben es nicht verdient weiter zu kommen. Die spielen seit 30 Jahren den gleichen Fussball. Die einzigen Teams die bisher wirklich überzeugt haben sind Holland, Chile, Kolumbien und wir. Und zumidest die ersten drei sind weiter. Wenn wir morgen gewinnen wir auch. Also was ist daran ungerecht? Griechenland und Japan werden genauso rausfliegen wie Südkorea, honduras und die anderen Underdogs. Die Qualität wird sich auch dieses mal wieder durchsetzen. Egal welche Gruppe. Wenn Du amtierender Welt und Europameister bist, musst du Dich in einer Gruppe mit Holland und Chile durchsetzen.
 
Schwächere Teams als England? Da sehe ich nur wenige. England spielt so belehrungsresistent ihren so völlig veralteten Fussball das es mich jedes Turnier wundert wenn England mal die Gruppenphase übersteht. Der moderne Fussball sieht gottlob anders aus und ein Team nur auf einen Rooney reduziert funktioniert erfreulicherweise auch nicht. Hoch und weit das funktioniert nicht einmal in der Dritten Liga wie Wir doch beim MSV in der letzten Saison vor Augen geführt bekamen. Griechenland ist sicher eine Rumpel Truppe aller übelster Art. Jedoch waren die Griechen zumindest in den letzten Jahren irgendwann auch mal erfolgreich. England hingegen spielte schon seit gefühlten Jahrhunderten keinen erfolgreichen Fussball mehr. Würden aber nicht die Erfolge der kürzeren Fussballgeschichte herangezogen um Gruppenköpfe zu bestimmen, würde Spanien auch nicht dort erscheinen. Sie belegten nämlich auch genau diese 3 vergangenen Turniere an der Spitze. Vorher waren Sie nur dabei aber schnell auch wieder fort. Wie man es nun also einteilt es wird immer viele Gründe für oder Gegen diese oder jene Nation bestehen. Die aber wieder nur auf Ihrer Insel als Geheimfavorit angereisten Engländer dürfen wie immer abreisen mit der Gewissheit das Fussball nicht nur Tradition sondern auch Entwicklung bedeutet!
 
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Auch wenn England schlecht und veraltet spielt,ist der Torwart -wie ich find- nach Jahren mal wieder nen Guten.
 
England tut mir echt leid.
Etliche schwächere Teams sind noch dabei, sie hatten ihre Chancen, obwohl die Spielweise meist antiquiert wirkt.
Noch ist England ja nicht raus. Da ich davon ausgehe, dass Italien Gruppensieger werden will, werden sie heute gegen Costa Rica vermutlich gewinnen. Wenn die Engländer dann die Costa Ricaner selber schlagen, hängt es nur davon ab, ob sich Uruguay und Italien am letzten Spieltag auf ein Unentschieden einigen oder nicht. Und da Uruguay dann auch noch theoretisch erster werden kann, gehe ich davon aus, dass das Spiel von beiden Mannschaften ernst genommen wird.
 
Ich frage mich schon lange was es nutzt den ball vor die linie zu legen, hat man damit mehr chancen auf ein tor? :eek:

Die Eckballgeschichte ist reine Provokation und soll den Gegner aus dem Konzept bringen. Wenn Fans und Spieler nicht jedesmal so steil gehen würden und einen auf 'Großes-Unrecht' machen würden, dann würde der Spieler an der Eckfahne nichts mehr erreichen. Vielleicht hört diese Marotte dann endlich auf.

Für mich ist es mittlerweile sehr grenzwertig, was alles 'zum Spiel' gehört: provozieren, pöpeln, faulen bis der Arzt kommt, ...

Aus meiner Sicht sind solche Spieler nicht besser als die Hools und auf jeden Fall kein Vorbild.
 
Bei Italien gegen Costa Rica gibt es heute ein geschmeidiges 1:1 und das wars dann für England.
Schade eigentlich - Bei Turnieren waren die Endlandspiele im KO-System immer von ganz besonderer Güte und deren ständiges Ausscheiden im Elfmeterschießen immer ein absolutes Highlight.
 
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