Tuchel hat doch eine viel schlechtere Bilanz als Nagelsmann. Die können froh sein, in der Champions League die einfachste Vorrundengruppe zu haben. Hoffentlich ist im Achtelfinale Schluss, dann geht das Geheule bei denen von vorne los. Weiß auch nicht ob man für Dortmund oder die Bauern halten soll, vielleicht Uentschieden und Vizekusen gewinnt.
Es gibt zwei Kardinalprobleme mit Tuchel, seit er bei Bayern ist, die sich gestern gleich beide als fatal erwiesen haben.
Punkt 1: Die maßlose Selbstüberschätzung, die Tuchel wieder zu jener Leichtfertigkeit veranlasst hat, die Schweinsteiger nach dem Spiel so gnadenlos aufspiesste. In der Situation, nur zwei Minuten vor Abpfiff, angesichts völlig erledigter Gegner und mit Harry Kane auf der Bank, ist es Wahnsinn pur, Laimer in die Offensive zu beordern, um mehr Druck auf die Entscheidung innerhalb der regulären Spielzeit zu erzeugen. Erst hierdurch war der abgekämpfte Saarbrücker derartig blank und konnte der andere abgekämpfte Saarbrücker diesen Killer-Pass spielen.
Dieses Problem teilt Tuchel ziemlich weitgehend mit Nagelsmann. Und er tappt in all die selbstgestellten Fallen, in die der auch tappte. Aber er ist wesentlich älter, hat mit PSG eine Finalteilnahme und mit Chelsea einen CL-Sieg herausgeholt.
Punkt 2: Er hat null Frustrationstoleranz, stellte die Spieler auch gestern wieder im Grunde bloß - sogar, nachdem Schweinsteiger ihn als Alleinschuldigen der Niederlage eingestuft und er es zugegeben hatte. Der "zweite Anzug" spielt eben so, wie er sich fühlt, nämlich wie ein zweiter Anzug. Offensiv scheint ohne den neuen Daddy von Sane und Musiala, Harry Kane, jede Zentrierung sofort abhanden zu kommen, im der Defensive sind alle verkrampft und unleidlich. Und im Mittelfeld kann eine Truppe wie Saarbrücken sich erfolgreich auf die Balljagd gegen Spieler machen, die ihnen in wirklich jeder Beziehung heillos unterlegen sind.
All das macht es für mich äusserst wahrscheinlich, dass Tuchel bis heute in München zu null Prozent angekommen ist. Spieler spüren sowas. Ich denke, Tuchel war auf Kahn und Salihamidzic eingestellt - und sieht sich jetzt mit dem maximalen Dominator, dem Überbayern Uli Hoeness zusammengeschnallt. Er hat sich nach dem absurden Aus in Chelsea überstürzt auf eine Sache eingelassen, die allein dem Namen und der gebotenen Perspektive nach hochseriös wirkte, und die sich in kürzester Frist zum maximalen Chaos hin entwickelte.
Und das hat sein Aki-Watzke-Trauma massiv reaktualisiert. Letztlich ist er seit Mainz, und trotz erfolgreichem und ambitioniertem Fussball, überall als reines Opfer höherer Umstände rausgeflogen. Tuchel wollte diesmal unbedingt auf Nummer sicher gehen. Aber traf auf ein Bayern, das mehr vom FC-Hollywood-Symdrom befallen ist, denn je.