... und wir antworten euch
Sehr geehrte Damen und Herren,
eine ganz, ganz beeindruckende Kiste, und zwar in allen Belangen. Wer wissen will, wie 7000 durchgeknallte Fußballfans einen Dienstagabend in den puren Irrsinn verwandeln, der möge sich doch das nächste Mal mit den Jungs auf die große Tour begeben. Und wer wissen will, wie eine Mannschaft, die in der Krise steckt, den Pokal nutzt, um sich Selbstvertrauen zurückzuholen, der kann sich als Lehrbeispiel das Video des heutigen Spieles ansehen. Denn eines ist klar: Das war heute in jeglicher Hinsicht eine ganz famose Nummer.....
Kommen wir kurz zu diesem Team: Von den ersten zehn Minuten und dem verunglückten Fallrückzieher am Mann mal abgesehen, spielt Tiago eine verdammt ordentliche Partie. Er zieht die Kette raus, er klebt am Mann und er nutzt den Körper des Gegners, um das Bein dazwischenzubekommen. Ob er ein Guter ist, wird sich zeigen, aber besser als Fahrenhorst ist der Kerl allemal. Schlicke schießt zwar sowohl Gegner als auch Mitspieler an, kommt aber irgendwie halbwegs unbeschadet aus den Nummern raus und wickelt ein solides Spiel ab, die Kopfballvorlage auf Ben-Hatira hatte sogar etwas mit Nachdenken zu tun, eine Fähigkeit, die man der holzhackenden Primaballerina ja jetzt nicht unbedingt zutraut. Während Korzynietz weiterhin an Kinderlähmung krankt und mal gerne ganz schlecht zum Ball steht, spielt Veigneau eine richtig gute Partie, sowohl was sein Defensivverhalten als auch was seinen Offensivdrang angeht. Selbst Adam Bodzek macht nicht allzuviel kaputt und gewinnt die Zweikämpfe, die er gewinnen muss, um die Gladbacher nicht ins Rollen zu bringen. Und dann kommen wir mal zu den Jungs, die das heutige Spiel gewonnen haben, denn die haben sich heute ein Sonderlob verdient.
Der heutige Kapitän des Spiels hieß Christian Tiffert. Er war in jedem Zweikampf (das waren sie alle), er verteilte die Bälle, er wusste, wann er das Ding verschleppen und wann er es schnell machen muß. Er hatte eine eindeutige Körpersprache, er machte das Feld breit und setzte die Leute in Szene. Das war richtig stark, Kollege. Und hätte Ben-Hatira nicht in Ansätzen alte Schwächen offenbart, dann wäre er der Mann des Spiels geworden, nur leider gab es da die drei, vier Dribblings zuviel, die ihn vor diesem Titel bewahrten. In den ersten 60 Minuten wäre man beinahe durchgedreht, wenn man sich ansehen durfte, wie Ben-Hatira sich den Ball von links auf rechts, von rechts auf links legte, um dann doch zu erkennen, daß, jetzt aber doch nicht und so weiter und so fort. Danach durfte man sich noch zwei vergebene Großchancen antun, herrje, man sah es schon wieder kommen. Erst ab der 80.Minute erkannte Ben-Hatira das man so einen Ball auch direkt mal aufs Tor hämmern kann, und er leitete damit die letzten zehn Minuten ein, die den ganz normalen Fußballwahnsinn darstellen sollten. 7000 Leute, ein einziges Lied.....
Kurz abgelenkt, weiter im Text: Er hat ein gutes Spiel gemacht, und er hatte mit Cajuby, Ede und Larsen drei Leute um sich herum, die sich aber mal so alles aufgerissen haben, um dieses Spiel zu gewinnen. Was mir an diesem Mittelfeld imponiert hat, war der Mut, den die Jungs nach den zwei Schlappen an den Tag legten. Sie sind in so unglaublich viele Duelle gegangen, sie haben den Ball geschickt und passgenau laufen lassen, sie haben die Seiten permanent gewechselt, die Positionen vertauscht und somit die Gladbacher vor ein Problem nach dem anderen gestellt. Wer sich gerade nur den ARD-Bericht angeschaut hat, der möge alles vergessen, was dort dargestellt wird. Der MSV hat dieses Spiel hochgradig verdient gewonnen und dies aus einem einzigen Grund: Sie waren schlichtweg das bessere Team. Punkt. Und daran hatte dieses Mittelfeld einen ganz erheblichen Anteil.
Dort unten stand eine Einheit auf dem Platz, und dahinter standen 7000 Leute, denen irgendwan klar war, dass a) der Borussenpark heute leider, leider uns gehört, und b) dass dieses Team es sich heute redlich verdient hat, von uns nach vorne gepeitscht zu werden. Und diese 7000 Leute taten, wie ihnen befohlen und sangen sich die Kehle aus dem Leib.
Wir sollten einen Blick auf Andersen werfen. Nicht, weil er das Tor in der 90.Minute nach Sahnekombination mit Grlic und Larsen per Aussenriss aufs Tor bringt. Nicht wenige Spieler schießen die Hütte ihres Lebens und tauchen dann wieder ab. Imponierend war, dass er nahtlos in dieses Spiel gekommen ist, derweil Adler nur noch übermotiviert zu Werke ging, permanent über die Seiten rotierte, einen Ball nach dem anderen forderte und von jetzt auf gleich im Fluß dieses Spiels war und Impulse setzte. Das war beeindruckend und es lässt auf mehr hoffen.
Summa summarum: Es war die richtige Antwort auf die entstehende Unruhe. Es war mutig, es war spielstark, es war Kampf und Leidenschaft, gar keine Frage. Die Aufstellung signalisierte, dass der MSV hier und heute nicht ängstlich agieren würde, ganz im Gegenteil, und das verdient meinen Respekt. Aber das alte Phrasenschwein muss rausgeholt werden: Am Freitag gibt es ein ganz anderes Spiel. Kein Underdog, keine Krise, keine Ausreden mehr. Kein befreites Aufspielen, weil man eh nichts zu verlieren hat, kein Gegner, der offen ist, weil Favorit. Die Oberhausener werden uns auf eine ganz andere Art und Weise Paroli bieten. Das bessere Team haben wir, darüber gibt es seit heute auch keine weiteren Fragen. Dennoch: Sie haben ihr spielerisches Vermögen anscheinend nicht verloren, und was es heißt, zu kämpfen, das wissen sie auch. Mehr müsst ihr gar nicht tun....
Ich sitze hier gerade auf meinem Balkon, in der linken eine handelsübliche Kräuterzigarette und in meinem Kopf hallt nur ein einziges Lied. Das Ende geht ungefähr so, ich weiß nicht, ob ihr es kennt:....heheheho.....1902.....
Ich danke allen Mitgereisten. Fantechnisch noch irgendwelche Fragen?
Beste Grüße aus Neudorf
Micha