Florian Schmidt-Sommerfeld am Montag
Das Beste am Sport... Mitten unter Euch.
Ich war gestern in Stuttgart zum Handball kommentieren. Stuttgart - Göppingen. Und danach noch länger in der Porsche Arena, hab mit Mimi Kraus den HBL-Podcast aufgezeichnet. Als ich aus der Halle raus bin, zwei Stunden nach dem Spiel, war die natürlich schon komplett leer. Aber die Handballhalle steht ja - zum Glück! - direkt neben dem Fußballstadion.
VfB - Hannover ist gerade zu Ende gegangen. Paar Tausend Fans strömen vom Stadion Richtung Bahnhof. Ich mittendrin, allein. Das hatt ich noch nie. Wenn ich mal privat im Stadion bin, geh ich mit Kumpels. Nachm Spiel fachsimpelt man rum, kriegt nur am Rand mit, was um einem rum passiert. Wenn ich selbst kommentiere, sind die Fans schon lange weg, bis ich das Stadion verlasse.
Diesmal hab ich Glück. Ich lauf da mit der Masse lang, steh am Bahnhof, steig in die Bahn. Ich hör zu, was so geredet wird, ich schau in viele Gesichter. Die meisten irgendwas zwischen abgekämpft und megaglücklich. Glaube auch die Fans ham den Druck gespürt, den der VfB vor dem Spiel hatte, sicher noch lauter gesungen, geschrien, gejubelt als sonst - und am Ende wahrscheinlich einfach nur überwältigt gewesen, dass ihr Herzensverein das Spiel SO gewonnen hat.
Ein Vater mit seinem Sohn auf den Schultern. Weiß nicht ob der Kleine das Ergebnis schon so begreifen konnte, aber die beiden ham so glücklich ausgesehen. Zwei ältere Männer im VfB Trikot, mit Schal und Allem. Haben wahrscheinlich schon ein paar solcher Spiele im Stadion mitgemacht und die ein oder andere Falte im Gesicht ihrem Verein zu verdanken. Ein Pärchen so in meinem Alter. Vielleicht liebestrunken, vielleicht betrunken, vielleicht siegestrunken. Wahrscheinlich alles zusammen.
Ich konnts an ihren Worten hören, in ihren Gesichtern sehen - aber (jaja ich weiß klingt klischeehaft, war aber so!) auch einfach spüren, wie sehr die alle diesen Sieg gebraucht haben. Vielleicht weils in der Arbeit nicht so läuft, vielleicht is zuhause Stress - oder selbst wenns gut läuft als Kirsche oben drauf. Ich fieber immer noch mit beim Sport wie ein Irrer. Aber ich kenn dieses Gefühl nur noch von früher, dass deine Laune gefühlt zu 100 Prozent davon abhängt, wie dein Verein gespielt hat. Das darf als Kommentator in dem Maße nicht mehr sein. Dann könnt ich meinen Job nicht machen. Ich hab dieses Gefühl für meinen Traumjob "gerne" aufgegeben. Aber ich vermiss es auch total. Danke VfB-Fans, dass ich das gestern durch euch mal wieder erleben durfte...
Ich weiß nicht, wie das mal ist, wenn man schon zehn, zwanzig, dreißig Jahre diesen Job macht. Vielleicht vergisst man (in der eigenen Blase) auf der Strecke mal, für wen man das alles wirklich macht. Oder zumindest versucht, so gut wie möglich zu machen... Für keinen Sender, keinen Verein, keine Kollegen, schon gar nicht für sich selbst. Für die Fans. Mit den Massen, die den Sport lieben, fängt alles an. Und ohne die, würde alles aufhören. DAS is das Beste am Sport. Sollt ich das irgendwann mal vergessen oder frustriert im Job sein oder was auch immer - seit gestern weiß ich, wo ich mir das Beste am Sport wieder ins Herz holen kann. Mitten unter Euch...